Humanität durch Kooperation | Inhaltsverzeichnis | Impressum | Download als PDF
1. Version 25.12.22, stark erweitert: 8.1. / 25.3 / 15.5., Korrekturen: 20.5.2023.
Einleitung und Zusammenfassung
Die These dieses Büchleins in einem Satz: Die Menschheit lernt immer weniger selbstorganisierte Zusammenarbeit und ohne die dabei entstehende kooperative Intelligenz und deren Lern- und Anpassungsfähigkeit wird der Kampf gegen die Klimakatastrophe scheitern und in dem folgenden harten Überlebenskampf werden hunderte Millionen Menschen zugrunde gehen, große Teile der Biosphäre und den Versuch einer humanistischen Kultur. Aber wir können auch anders!!
Auch im 21 Jahrhundert finden immer wieder
Kriege statt, inzwischen mit mehr als 1,7 Mill. Toten statt eines konsequenten
Kampfs gegen die Klimakatastrophe. Der rationale Egoismus, das
Kosten-Nutzen-Denken des Kapitalismus und der politischen Parteien und Autokraten
bieten keine nachhaltige Lösung.
Menschenliebe, Mitgefühl, Solidarität und gegenseitige
Unterstützung in alltäglicher Kooperation haben über Millionen
Jahre die Entwicklung der Menschheit in der Stammesgesellschaft gemacht und
sind bis heute das unsichtbare Rückgrat unserer Existenz. Die oft
unentgeltliche oder unterbezahlte Care-Arbeit vor allem von Frauen und
Müttern bringt die nächste Generation Menschen auf die Welt,
kümmert sich um Kranke und Alte. Solidarische Teams sind auch heute
zumeist denen mit starkem internem Konkurrenzkampf überlegen.
Die von allen Weltreligionen als Norm anerkannte Goldene Regel, die anderen so zu behandeln, wie Mensch selbst behandelt werden möchte, wird in den Evangelien als Ethik des Jesus von Nazareth berichtet und ebenso vom Humanismus universell vertreten. Sie wurde vom Weltparlament der Religionen in der Erklärung zum Weltethos 1993 als allen Religionen gemeinsame Grundlage der Ethik anerkannt. Sie entspricht der Menschenfreundlichkeit oder -liebe, die eine starke Motivation für Kooperation bietet. Die Goldene Regel bietet Grundlage, ein Vorgehen zum allseitigen Nutzen auszuhandeln.
Kooperation auf der Basis von Menschenfreundlichkeit und Goldener Regel möchte ich "humanistische Kooperation" nennen. Sie findet schon jetzt in hunderttausenden von Initiativen überall auf der Erde statt und überall in Nachbarschaften und Betrieben, bei der Freiwilligen Feuerwehr, THW, Pfadfindern, im ehrenamtlichen Sport …. im Commoning - neben egoistischem Handeln und Konkurrenzkampf. Ein Beispiel ist für mich die Fluthilfe bei der Hochwasserkatastrophe 2021, bei der Tausende selbstorganisiert den Betroffenen teilweise über ein Jahr und länger beim Wiederaufbau halfen. Und die Klimakatastrophe bringt nahezu alle Menschen der Erde in eine ähnliche Situation. Auch die vom Klima wenig betroffenen Gebiete werden die Not in anderen Teilen der Erde zu spüren bekommen.
Humanistische Kooperation ermöglicht es unterschiedlichen Menschen gleichberechtigt, aber auf unterschiedliche Art und Weise an der Kooperation teil zu haben und das Beste ihrer Kompetenzen einzubringen und ihre Schwächen ggf. durch die Stärken Anderer kompensiert zu bekommen. So werden mehr Fähigkeiten eingebracht, als wenn alle dasselbe tun und leisten sollen. Zu der Diversität gehört der individuelle Standpunkt, der die natürliche Informationsfilterblase durchstößt, die jeder Mensch, jede Gemeinschaft durch die Bestätigung bisheriger Wahrheiten bildet. Der offene Widerspruch zeigt das eigentümliche Wissen, die individuelle Erfahrung an oder unerwartetes, ungeplantes Nichtwissen aus den Folgen der praktischen Arbeit. Daraus entsteht eine zusätzliche kooperative Intelligenz.
Trotzdem scheint humanistische Kooperation
bisher nicht zu dominieren und das Steuer zu Frieden und Abwenden der
Klimakrise herumreißen zu können.
Mir scheint es fehlt bei vielen das Bewusstsein, das humanistische Kooperation
nicht nur durch praktische Gemeinschaftsarbeit wirkt, sondern unser Denken verändert.
Sie lässt uns einander unser Nichtwissen zeigen und voneinander lernen.
Sie erweitert Kompetenzen und Selbstvertrauen in allen Gemeinschaften. Sogar
die Betriebe führen sie teilweise als agile Kooperation ein. Die
Lebensfreude aus Mitfühlen und Zuneigung in den Gemeinschaften motiviert
langfristig. Aber damit humanistische Kooperation wächst, braucht sie auch
den Aufbau von Vertrauen durch Beziehungspflege und das Eingehen neuer
Beziehungen, Außenstehende immer wieder zum Mitmachen einzuladen. So kann
Informationsfilterblase isolierten Denkens, von Konsum und
Nützlichkeitsdenken, Egoismus, Fanatismus und Hass durchbrochen und
zurückgedrängt werden.
Eine Strategie ist, humanistische Kooperation individuell im Nahbereich persönlicher Beziehungen und Gemeinschaften umzusetzen.
Parallel müssen wir globale Strategien zu einer die ganze Menschheit umfassenden Solidarität entwickeln und weiter eine Ausbeutung und Hunger in den armen Ländern für die reichen Länder betreiben. Wenn das eigene Überleben abhängig ist vom Erfolg eines Autokraten, dann löst eine solidarische Menschheit diese Abhängigkeit. Dazu sollen Gedanken zu einem Globalen Grundeinkommen und zur Weiterentwicklung der Demokratie anstoßen.
Verhandlungen und nicht Krieg schaffen einen Frieden, in dem alle Seiten sich entwickeln können. Wie kann Krieg beendet und verhindert werden durch Verhandlungen mit Autokraten, die durch eine der Autokratie inhärenten strukturellen Demenz stark beschränkt sind und daher die Situation gegenüber den meisten Regierungen stark verschoben wahrnehmen und bewiesen haben, dass sie Internationales Recht und Vereinbarungen jederzeit brechen, wenn es ihnen nützt? Gedanken von einem, der gerne Pazifist wäre….
↑↑ Die aktuelle Situation von Klimakrise und Krieg und was geht es mich an?
↑↑ #Was ist eine humanistischen Kooperation auf der Basis von Menschenliebe und Goldener Regel?
↑↑ Aber rettet sich gegenseitig zu helfen schon die Menschheit vor Krieg und Klimakatastrophe?
↑↑ Beispiele für praktisches Vorgehen humanistischer Kooperation
↑↑ Risiken und Nebenwirkungen humanistischer Kooperation
↑↑ Wieviel Macht haben viele kleine dezentral - selbstorganisierte Gruppen etwas zu erreichen?
↑↑ Was lässt kooperativer Intelligenz wachsen, was unterdrückt, zerstört sie?
↑↑ #Wie entsteht kooperative Intelligenz?
↑↑ Agile Kooperation kann Probleme angehen, für die kein vollständiger Plan erstellt werden kann
↑↑ #Wie wirkt hierarchische Organisation mit Kommunikation vorwiegend in eine Richtung?
↑↑ Was mutete, traute Jesus seinen Jüngern, einfachen Menschen zu, zu heilen und zu helfen?
↑↑ Informationsfilterblasen im politischen und wirtschaftlichen Alltag
↑↑ Untertanendemenz als Folge von Autokratendemenz und Diktatur
↑↑ #Fanatismus als Deaktivierung des Lernens - Wer nicht irren kann, kann nicht lernen
↑↑ Wird Fanatismus und Krieg auch in Demokratien zum Machterhalt einer Regierung eingesetzt?
↑↑ Haben oder lebendig sein? – der Besitztumseffekt trotzt der Lebendigkeit als Geschenk?
↑↑ Das Geschenk des Lebens und die Beziehung zur Schöpfung
↑↑ #Kann eine auf Theorie reduzierte Schulbildung kompetente Demokrat:innen heranbilden?
↑↑ Ist ein Wille Gottes, sind universale Gesetze erkennbar? Was, wenn sie gebrochen werden?
↑↑ Können wir einen Willen Gottes erkennen - in den Mitgeschöpfen?
↑↑ Gibt es universelle Gesetze? Du sollst nicht töten?
↑↑ Wie umgehen mit Fanatikern?
↑↑ Ist unsere Demokratie solidarisch mit allen Menschen?
↑↑ Gute und schlechte Autokraten und die von ihnen abhängige Bevölkerung
↑↑ Wie könnte Demokratie solidarisch alle Bürger integrieren? Wie ist politische Freiheit möglich?
↑↑ Können Waffen oder Verhandlungen mit Autokratien Krieg beenden und verhindern?
↑↑ #Ist Frieden durch Krieg möglich? Fördern Waffenlieferungen nur Krieg und Leid?
Links auf ausgewählte Kapitel, neue Kapitel
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2021/2022 brachte neue Rekorde hinsichtlich
Gletscherschmelze, der CO2 Gehalt der Atmosphäre, die Temperatur der
Weltmeere, der Meeresspiegel steigt schneller als je zuvor... Selbst auf den
letzten Metern vor den Kipp-Punkten des Erdklima ein neuer Krieg
statt Kampf gegen die Klimakatastrophe. Das exemplarische Versagen von US
Regierungen und Erdölkonzernen seit 1979 zeigt Nathaniel Rich im Buch "Losing Earth".
Mehr als 40 Jahre Unfähigkeit mit der klar absehbaren
Klimakrise umzugehen und mehr als 1,7 Mill durch Krieg getötete Menschen
in den letzten 20 Jahren (200.000 in Afghanistan 2001-2021 200.000 Irakkrieg
2003, 100.000 Besetzung des Irak 2003-2011 500.000 Bürgerkrieg in Syrien seit 2011 150.000 in Jemen seit 2015, 500.000 in Tigray seit 2020, 100.000 in der Ukraine seit 2022 …)
zeigen, dass Autokratien, parlamentarische Demokratien und die UNO mit ihrem
Sicherheitsrat grundlegend versagt haben.
Wenn wir jetzt schon Krieg gegeneinander führen, wo die Menschheit noch
grundsätzlich in der Lage ist, genug Nahrungsmittel für 8 Mrd.
Menschen zu produzieren, zumindest wenn die Formen der Landnutzung darauf
ausgerichtet würden[1],
wie viele Kriege und entwurzelte Flüchtlinge werden kommen, wenn große
Teile der landwirtschaftlichen Nutzfläche beiderseits des Äquators
durch die Klimakatastrophe vernichtet wurden?
Die Regierung der Menschheit insgesamt, die Wirkung aller Regierungen aller Länder, gleicht aus meiner Sicht einem Apartheitsregime. Wer das Pech hat am falschen Ort der Erde geboren zu werden, ist weit schlimmer benachteiligt als jemand aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder Religion in Europa oder Nordamerika. Es bedeutet für alle die tapferen Mütter, die die Zukunft der Menschheit auf diese Welt bringen, schlimmstes Leid, wenn ihre liebsten Kleinen nicht genug Essen, Schulbildung, Ausbildung bekommen und ohne Broterwerb bleiben.
Die bisherige Arbeitsteilung von Bevölkerung, Wirtschaftsmanagement und Politik versagt für mich offensichtlich. Wir alle, die 8 Milliarden, müssen uns je nach Fähigkeiten und Möglichkeiten erheben, selbst aktiv werden, "selber ran" und mit anpacken, wenn wir die Klimakrise abschwächen und die Menschheit in Richtung Humanität entwickeln wollen.
Millionen sind schon engagiert in
Ehrenämtern oder in Initiativen unterwegs, siehe www.datenrecherche.de#Initiativen, in der Regel als basisdemokratische Graswurzelbewegung. Aber diese definieren sich oft über ihre Ziele, wie z.B. Fridays
for future, extinction
rebellion und Letzte Generation als Kampf dafür,
Regierungen und Wirtschaft zu Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe zu
bewegen.
Darin sehe ich oft eine zweckorientierte Rationalität im Vordergrund, die
Ziele als Maßstab für den Wert der Arbeit. Der ethische Altruismus,
"ich bin gut", "erfahre Anerkennung, weil ich etwas für
andere tue", ist für viele emotional langfristig nur eine magere
Befriedigung und sie bleiben den Initiativen fern.
Humanismus feiert die direkte Begegnung der
Menschen, emotionalen Austausch, als je individueller Ausdruck von
Menschenliebe, Respekt und Achtsamkeit, Kommunikation lässt die goldene
Regel lebendig werden und Kooperation setzt den Konsent um. Dieser Vorgang ist
universell in allen Familien, Gemeinschaften, Religionen und wird immer schon
gelebt allerdings begrenzt und verdeckt durch Regeln, Tabus, Hierarchie und
Herrschaft und nicht zuletzt durch die strukturelle Gewalt gesellschaftlicher
Verhältnisse wie Armut, Arbeitsknechtschaft, Hunger und Krieg.
Menschenliebe ist kein Gegensatz zur rationalen Zielerreichung, sondern in der
humanitären Kooperation solle sie entgrenzt werden, so dass sich das
Kümmern um den Nächsten ganz automatisch in ein Kümmern um
soziale und natürliche Umwelt, um die Menschheit und die Biosphäre,
fortsetzt.
Je umfassender die Ziele und Zielbereiche wie
Abwendung der Klimakatastrophe, desto stärker ist die Erfahrung von
Ohnmacht angesichts des Umfangs der Probleme. Und desto mehr besteht die
praktische Arbeit der Initiativen in Protest und Regelverletzungen, um das
Handeln Anderer wie Politikern, Managern, Bürgern … zu
verändern. Dass wird von den Betroffenen teilweise als Terror wahrgenommen
und schränkt andererseits den eigenen Aktionsradius auf die Beeinflussung
von Meinungen und Wahlen ein.
Trotz hohem Einsatz konnte die Regierung durch die Insulate
Britain protests nicht zu einem Einsatz für die
Isolierung der Häuser in Großbritannien bewegt werden. Selten
können direkte positive Auswirkungen auf das Klima wie bei einer Blockade
der Braunkohleverfeuerung durch Ende
Gelände erreicht werden und oft sind sie nicht
nachhaltig.
Daher versucht die humanistische Kooperation eine alternative Strategie.
Menschenliebe und
die von allen Weltreligionen anerkannte Goldene Regel, die anderen so zu
behandeln, wie Mensch selbst behandelt werden möchte, werden in den
Evangelien als Ethik des Jesus von Nazareth berichtet und ebenso vom Humanismus
universell vertreten.
Menschenliebe beginnt schon mit Menschenfreundlichkeit und beinhaltet einen Umgang miteinander, immer auch auf den Vorteil der Mitmenschen
bedacht zu sein und dies auch praktisch umzusetzen. Ich bin mir sicher, dass
ich in der elterlichen Landwirtschaft etwas erfahren durfte, das universell dem
Zusammenleben der Menschen seit Beginn der Menschwerdung zugrunde liegt:
Gemeinsame Ziele, Pläne, den anderen mit Auge behalten, mitfühlen,
die Hand reichen, Hand in Hand arbeiten … als ein altes Symbol ist das
Aufhalten von Türen erhalten geblieben, den Weg frei machen für die,
die bepackt sind. Es sind kaum Worte notwendig, aber ein körperliches
Mitfühlen, eine Zärtlichkeit immer wieder die emotionale Balance mit
den Nächsten einzugehen. Es besteht eine jederzeit gegebene Freiheit
meinen Nächsten solidarisch unter die Arme zu greifen, mit einem
Lächeln, einem Gruß anzustecken oder ein Bedürfnis nach Distanz
zu respektieren. Und es besteht für mich die Notwendigkeit, vor den
wichtigen Problemen, denen ich im Umfeld begegne, die Augen nicht zu
verschließen, mich zu fragen: Wenn nicht du, wer dann? Erst wenn ich es
wage anzufangen, kann ich erleben, ob ich etwas ausrichten kann…
Exkurs: Möglicherweise erwarten manche: "Wenn nicht ich, wer dann". Aber ich rede mit mir als "Du". Mir scheint, dass der Begriff "Ich" nur verdeckt, wie wenig ich weiß, wer dieses Bewusstsein namens "Ich" eigentlich ist, dass sich von Sekunde zu Sekunde, mit jedem inneren Gedanken wandelt. So spreche ich mich mit "Du" an, spreche den antwortenden Gedanken an, wie ich einen anderen Menschen anspreche mit dem Wissen um mein Nichtwissen. So erkunde ich mich selbst im Respekt davor, dass meine Existenz mir teilweise unverfügbar ist, dass ich Geschöpf bin, geboren aus einem Mutterkörper der Teil der Mutterkörper des Universums ist, wie die Gas- und Staubnebel die Sterne und Planeten gebären. Wie Sonne, Planeten und Keime des Lebens, die Biosphären gebären mit Zellen, Pilzen, Pflanzen, Tieren, Menschen, die Generation um Generation gebären und sich evolutiv weiterentwickeln… Und von allem und allen trage ich in mir und kenne von mir selbst viel mehr nicht, als ich zu kennen glaube.
Wenn wir uns gegenseitig in unserer Lebendigkeit helfen, dann tragen wir zur Weitergabe des Lebens, zum Strom des Lebens in der Biosphäre bei. Die Wirkungen, die unser Handeln initiiert hat, setzen sich in den Folgen von Ursache und Wirkung unabsehbar endlos fort, auch über unseren persönlichen Tod hinaus. Daher "Pflege das Leben, wo du es triffst."(Hildegard von Bingen). Indem ich mich von anderen Menschen beschenken lasse und meine Fähigkeiten wiederum an Menschen weiterschenke, leben die Impulse meiner Handlungen, Kommunikationen und Gedanken weiter bis in die nächsten Generationen, selbst wenn ich als Person vergessen bin.
Vielleicht ist es dieses Gefühl für
die einmalige Lebendigkeit eines anderen Menschen, die das Gefühl der
tiefe Liebe speist, die Aufmerksamkeit für die Regungen und Bewegungen des
oder der Geliebten, das Mitfühlen, das eigene Bewegungen anschließen
lässt. Ein Wechselspiel, das um so tiefer berührt, je weniger es von
Wünschen und Plänen bestimmt wird, sondern sich unvorhersehbar
entwickeln darf. Wenn ich nur manchmal ein Liebespaar sehe, dessen miteinander
Fühlen so intensiv ist, dass die Bewegungen ganz langsam werden, dann
ergreift mich der Geist der Schöpfung, der mir dort intensiver erscheint, als
irgendwo sonst.
So wichtig der Austausch von Liebesdiensten ist, sind diese doch oft noch an
gegenseitige Erwartungen geknüpft. Tiefe Liebe fördert die Anderen um
der Schönheit ihrer freien Entwicklung willen. Die eigenständigen
Entwicklung des anderen zu lieben, sich ihrer zu erfreuen, entspricht eine
bedingungslose Unterstützung und Solidarität auch wenn Unterschiede
hervortreten und die Wege sich ggf. trennen.
Diese Liebe und Freude am Anderen ist die vielleicht umfassendste Befriedigung in der humanistischen Kooperation, sich in die Lebendigkeit Anderer hinein verschenken zu dürfen.
Der Menschenliebe entspricht die von den allermeisten großen Religionen und Weltanschauungen sogar schriftlich im Weltparlament der Religionen in der Erklärung zum Weltethos 1993 niedergelegte oberste ethische Regel für alle Lebensbereiche, die #Goldene Regel: "Was du willst, das man dir tut, das tue auch den anderen!", gefälliger formuliert: „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst!“. Nun will ich aber behandelt werden, wie es mir gefällt und daher sollte ich versuchen, auch meine Mitmenschen so zu behandeln, wie es denen gefällt und nicht die anderen behandeln, wie es mir gefällt. Dazu muss ich fragen, achtsam sein, was ihnen gefällt und ich werde mein Nichtwissen erleben und in der Folge werden wir voneinander lernen, was den anderen gefällt und deren Freude daran lieben lernen.
Die Goldene Regel, "Alles, was ihr wollt,
dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen!" (Mat 7,12
EU) und das Doppelgebot der Liebe (Mat 22,37-39), liebe Gott Schöpfer und deinen Nächsten wie Dich selbst,
d.h. Liebe für alle Menschen, Nächstenliebe ebenso wie Feindesliebe,
fasst nach meiner Erfahrung Jesu Ethik zusammen. Diese Ethik bedeutet
keineswegs Selbstaufgabe, dass ich einfach den Anderen gebe, was ich selbst
gerne hätte, sondern: Wenn Liebe vor allem ein sich Kümmern um das
geliebte Wesen ist, dann bedeutet es, dass ich mich um meine Nächsten
kümmere, wie um mich selbst. Es heißt auch nicht, dass meine
Wünsche die Maßstäbe dafür sind, was ich anderen gebe,
sondern ich möchte ja behandelt werden, wie ich es mir wünsche
- und die anderen, wie sie es sich wünschen.
Also sind Dialoge, Verhandlungen notwendig, was das Beste für alle
Beteiligten ist. Pläne schmieden, was wie erreicht werden kann und diese
immer wieder an die Wirklichkeit anzupassen, die sich anders entwickelt als
erwartet. Daraus erwächst kooperative Intelligenz wie ich später
detailliere. Sie schafft Erkenntnisgewinne, Entdeckungen, Erfolge und Lebensfreude,
die mich intrinsisch motivieren.
Die Goldene Regel lässt sich nicht nur
einfach subjektiv auf Grund des eigenen Mitgefühls direkt anwenden, die
Anderen so zu behandeln, wie ich selbst behandelt werden möchte, diese
Subjektivität wird ihr vorgeworfen. Sondern sie entfaltet ihre Kraft in
der gleichzeitigen parallelen Anwendung von allen Menschen in der Interaktion.
Dann stelle ich fest, Ich möchte gar nicht so behandelt werden, wie andere
sich vorstellen, dass ich gerne behandelt würde, sondern ich möchte
gefragt werden, was ich von mir aus gerne hätte, wie ich gern behandelt
würde. Auch alle Menschen, die ich kenne oder von denen ich je gehört
habe, es mag also seltene Ausnahmen geben, wollen ebenso GEHÖRT werden,
also selbst äußern, wie sie behandelt werden wollen, so wie ich.
Also wende ich die Regel an, wie ich und andere die Regel gern angewendet
hätten, ich frage, wie ich gefragt werden möchte. Die Goldene Regel
sollte also so angewendet wird, wie die anderen und ich gerne mit ihr umgehen
würden. Damit ist die Goldene Regel eine Meta-Regel über die wechselseitige
Anwendung von Regeln, nämlich das für mich wie für die anderen
gleich berechtigt dieselben Regeln gelten.
Diese Reziprozität ist ebenso wie die Goldene Regel aus dem Neuen
Testament überliefert: "Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet
werden und nach dem Maß, mit dem ihr messt, werdet ihr gemessen werden."(Mat 7:2) In strenger Form führt dies zum kategorische
Imperativ Kant's „Handle nur nach
derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein
allgemeines Gesetz werde.“ Das ist aus meiner Sicht ein guter
Prüfstein für das eigene Verhalten, auch wenn es aus meiner Sicht
außer Acht lässt, das unterschiedliches Verhalten einander
ergänzen kann. Allgemeine starre Gesetze sollten nur einen Rahmen für
Verhalten setzen, um Handlungsfreiheit und das Erforschen neuer Wege zu
unterstützen. Diese Handlungsfreiheit liegt in der
"Verhandlungsfreiheit" der Goldenen Regel, darin, dass ich die
Anderen behandle, wie sie behandelt werden wollen und ich dafür anders
behandelt werde, wie ich behandelt werden möchte.
Die Goldene Regel kann daher nur beschränkt proaktiv aus der individuellen Sicht des eigenen Mitgefühls eingesetzt werden. Sie sollte immer als intersubjektive Regel aus der Sicht der Beziehung UND der Gesellschaft anwendet werden, indem Kommunikation mit den Anderen aufgenommen wird und ausgehandelt wird, was die anderen Subjekte wollen, was das gemeinsame Beste für die Mehrheit ist und insbesondere, wogegen auch die Minderheit keinen Widerspruch einlegt.
Das Beispiel eines Richters, der aus Mitgefühl dem Wunsch des Verbrechers genügen müsste, ihn freizulassen, weil der Richter selbst gerne frei wäre, ist zu kurzgefasst, da es außer Acht lassen würde, wie das Opfer selbst und die Gesellschaft behandelt werden möchte und wie der Täter behandelt werden möchte, wenn er Opfer ist und das Opfer, wenn es Täter wäre. Aus der Sicht des Opfers ist allermeist Wiedergutmachung durch den Täter weit besser als dessen Strafe. Wenn dazu noch eine gegenseitiges Verständnis und eine Akzeptanz hergestellt werden kann, nach welchen Regeln Täter und Opfer künftig miteinander umgehen sowie positive soziale Beziehungen, dann ist weitgehend Restorative Justice erreicht.
Die Anwendung der Goldenen Regel auf alle Beteiligten erfordert die reziproke Anwendung der Goldene Regel auf die Anwendung der Goldenen Regel selbst. Zumeist wünschen Richter wie Täter, Opfer und die Mehrheit einer Gesellschaft, dass Gesetze und Vereinbarungen und auch die dort vorgesehenen Kompensationen von allen gleichermaßen eingehalten oder neu verhandelt werden.
Als einfachste Form einer gerechten Strafe
entsprechend der Goldenen Regel wäre vorstellbar, diese reziprok
anzuwenden, also unter der Annahme, dass der Täter so behandelt werden
will, wie er das Opfer behandelt hat und diesem dann die Gelegenheit zu geben,
den Täter so zu behandeln, wie es selbst behandelt worden ist. "Wie
Du mir, so ich Dir" schafft einen Maßstab ausgleichender
Gerechtigkeit, der vor willkürliche Rache und dem Recht des Stärkeren
schützt.
Die Gerechtigkeit, die von einem solchen "Auge um Auge, Zahn um Zahn"
hergestellt wird, wird allerdings oft unterschätzt, da eine Strafe oft
nicht im Sinne des Opfers lag, sondern die Wiedergutmachung. "Arm um Arm"
hieß dann im Germanischen Thing und bedeutete, dass der Täter, der
dem Opfer einen Arm verstümmelt hat, die Hälfte seiner Arbeitszeit
für die Familie des Opfers arbeiten oder eine entsprechende
Entschädigung zahlen musste.
Mit "Wie Du
mir so ich Dir" bestimmt vergangenes Handeln das gegenwärtige. "Was
ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen" - damit
bestimmt das für die Zukunft Gewollte das Handeln der Gegenwart. Ein
Täter kann sich für die vergangene Tat wünschen, dass er nicht
so behandelt wird, wie er das Opfer behandelt hat, das ihm die Strafe erlassen
wird. Aber will er für die Zukunft willkürlich so behandelt werden
wie das Opfer? Will er künftige Ungerechtigkeit für sich selbst?
Kaum.
Auch das Opfer möchte nicht immer 100% ausgleichende Gerechtigkeit, es
möchte auch seine Schulden vergeben haben, wie es seien Schuldigern
vergibt. "Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld
erlassen werden!"(LK 6:37) das dient der Gestaltung der Beziehungen und Regeln für die
Zukunft.
Wenn nicht nur das soziale Umfeld, sondern auch die Zeit einbezogen wird, dann
wird verständlich, was dies bewirkt: "Leistet dem, der euch etwas
Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn
dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere
hin! (Mat 5:39) Das ist die provokative Frage
an den Schläger: war das angemessen, willst Du das noch einmal tun? Wenn
nicht, brauchst Du Vergebung? Wenn ich es schaffe, den anderen so zu behandeln,
wie er und ich eigentlich behandelt werden möchten, stellt die dies die
Beziehung, den gedeihlichen Frieden, den Raum der Goldenen Regel wieder her.
Daher: nicht zürnen, sondern besser Frieden schließen (Mat
5:22-26) und vergeben (Mat
18:21-22).
Wenn bei Verletzungen von Vereinbarungen nicht gleich die Vereinbarung als solche aufgehoben werden, sondern Wiedergutmachungen, Kompensation verhandelt werden können, dann ist zugleich die Wirksamkeit der Goldenen Regel und die Fähigkeit zur Kooperation wieder hergestellt. Darin zeigt sich, dass die Anwendung der flexiblen Goldenen Regel als Meta-Regel auf sich selbst eine Selbstbezüglichkeit (Selbstreferenzialität) herstellt und ihre Anwendung dadurch selbst stabilisieren. Die Beteiligten bleiben Akteure, sie sind keinen 100%tig festgelegten Gesetz ausgeliefert, das von anderen geschaffen wurde, sondern zwei Menschen können füreinander besondere Regeln schaffen durch Vereinbarung.
Die maximale Handlungs-Freiheit entsteht in der Liebe, in der Menschen einander in ihrer eigentümlichen Entfaltung unterstützen. Ist für mich das Doppelgebot der Liebe die emotionale Entsprechung der rational bewussten Anwendung der goldenen Regel.
Die Goldene Regel ist politisch wirksam, denn die meisten Menschen wollen mehr oder weniger mitbestimmen, wie sie behandelt werden. Das erfordert als Teil einer allgemeinen Gesetzgebung die Demokratie. Es gibt nur eine Minderheit aller mündigen Bürger, die gegen unsere Demokratie sind. Die aktive Wahlbeteiligung an der parlamentarischen Demokratie bei ca. 50-90% bestätigt die Zustimmung zum Verfahren, wenn es auch schade ist, dass keine Stimme für Ablehnung aller Kandidaten oder des Wahlverfahrens abgegeben werden kann.
Die Goldene Regel sollte als Metaregel immer Teil einer allgemeinen Gesetzgebung sein, indem sie die Regeln für die Gestaltung und Aufrichtung von Gesetzen und Rechtsprechung vorgibt und in dem Prozess sollten daher möglichst alle mündigen Bürger:innen durch Demokratie ihre Stimme zu Gehör bringen können.
In den Interessengruppen der Gesellschaft zeigt sich, dass nicht alle Menschen gleich behandelt werden sollen, weil nicht alle gleich sind, weder von Fähigkeiten noch von der ethischen Orientierung, aber alle gleiche Rechte haben. Die Goldene Regel ermöglicht die Freiheit zur Andersartigkeit so auszuhandeln, dass möglichst viele möglichst viele möglichst oft so behandelt werden, wie sie behandelt werden wollen und die Kooperation in der Gesellschaft trotz Verschiedenheit gelingt.[2]
Eine Kooperation im Bewusstsein dieser humanistischen Ethik von Menschenfreundlichkeit oder -liebe und Goldener Regel möchte ich "humanistische Kooperation" nennen.
Ein Vertrauen, dass das, was ich den anderen schenke, nicht gegen mich verwendet wird, ist die Voraussetzung für eine transparente Kommunikation, in der ich den anderen alle Information offen mitteile, die für die Mitstreiter und die Kooperation wichtig sein können, auch das eigene Nicht-Wissen. Erst im offenen Dialog können sich die emotionalen und rationalen geistigen Fähigkeiten der Menschen voll zu entfalten und zusätzliche kooperative Intelligenz entsteht zur eigenen und allseitigen Lebenslust.
Praktische Kooperation, die positive Dinge aufbaut, kann zugleich eine direkte Wirkung UND den medialen Protest gegen bisheriges schädliches Handeln zeigen. Auch wenn die Wirkung nur lokal begrenzt ist, so freuen sich nicht nur die Betroffen, für die etwas getan wurde, sondern auch für die, die mit angepackt haben. Gemeinsame Freude ist doppelte Freude und das scheint mir eine weit bessere intrinsische Motivation als rationale Zielerreichung allein zu sein, auch wenn Erfolg Teil der Freude ist. Für mich ebenso wie für viele, die mir nahe sind, gibt es kaum größere Freude als gemeinsames Gelingen unter Gleichen.
Der Lohn humanistischer Kooperation ist das ganzheitliche Erleben der Nächsten in der Kooperation, dass mir oft so viel Freude bereitet, dass sich die Frage nach dem Tauschwert und ausgleichender Gerechtigkeit gar nicht stellt. Das Tun ist es wert und das Vertrauen, das solche Kooperation immer wieder möglich ist, schafft Geborgenheit. Bei der Fluthilfe bei der Flutkatastrophe 2021, haben Tausende selbstorganisiert den Betroffenen geholfen. Selbst Bergepanzer, die den Kontakt zum Stab der Bundeswehr verloren haben, arbeiteten eigeninitiativ einfach tagelang weiter. Teams ebenso wie einzelne Helfer haben teilweise über ein Jahr und länger regelmäßig unentgeltlich beim Wiederaufbau geholfen. Aber auch viele Einzelpersonen haben einfach Wasser, Nahrung und andere Bedarfe angefahren und verschenkt.
Humanistische Kooperation ist nicht auf rationale Argumente und Kontrolle beschränkt, unterliegt keiner steuernden Zentralinstanz. Sie ist nach meinem Wissen und Erfahrung erprobt bei Quäkern, Freimaurern und seit mehr als 2000 Jahren im frühen Christentum bis zur Konstantinische Wende ab 313 n.Chr. und fortgeführt in vielen kleinen selbstorganisierten christlichen Gruppen, in der Umma der muslimischen Gemeinden, im Buddhismus, in vielen indigenen Völkern, soweit meine begrenzten Kenntnisse reichen…. so die Philosophie des Ubuntu (Xhosa/Zulu): ein Teilen aus Menschenliebe als Teil einer größeren Menschheit - ich bin, weil Du bist. Und sie ist Teil moderner Managementkonzepte in Betrieben wie den flachen Organisationsformen Soziokratie und agiler Kooperation und der Vorgehensweise Design Thinking zum Lösen praktischer Aufgaben und Probleme.
Humanistische Kooperation gibt allen, die Beitragen wollen, die Möglichkeit sich an der Arbeit zu beteiligen. Keine Mitgliedschaft oder sonstige Kriterien sollten Voraussetzung für Teilnahme und Mitarbeit sein als nur der Wille mitzuarbeiten und positiv beizutragen mit entsprechendem Engagement, so wie es die Quäker seit 300 Jahren praktisch leben. Dabei wird versucht zu respektieren, dass jeder Mensch aus einer spezifischen Lerngeschichte heraus gewachsen ist, mit spezifischen Fähigkeiten und unterschiedliche Kompetenzen einbringt und ggf. Schwächen durch die Stärken Anderer kompensiert zu bekommt. So werden mehr Fähigkeiten eingebracht, als wenn alle dasselbe tun und leisten sollen.
Andererseits sind Bedürfnisse und
Geschmack unterschiedlich, für die Eine steht Funktion und für den
Anderen Ästhetik im Vordergrund.
Der Respekt vor jedem spezifisch gewachsenen Kind Gottes, mit einem je eigenen
geistigen Licht ausgestattet, sollte da etwas vor Leistungsvergleichen und dem
"Jahrmarkt der Eitelkeiten" schützen.
Die wertvolle intrinsische Motivation der humanistischen Kooperation verleitet dazu, das, was als selbstverständlich erscheint, kaum zu beachten und bekannt zu geben. Je weniger intrinsische Motivation, desto mehr der Nutzen für das Gemeinwohl im Vordergrund steht, desto mehr soziale Bestätigung wird benötigt und es wird entsprechende mediale Veröffentlichung anstrebt. Dies wirkt auf die intrinsische Motivation eher verfälschend, "korrumpierend", da soziale Anerkennung unbeteiligter Dritter nicht Teil der authentischen Kommunikation in der Gruppe ist.
Aber die Freude an humanistischer Kooperation und den Gemeinschaften, in denen sie gelingt, sollte auch das Bewusstsein für die soziale Umwelt, für die Menschen beinhalten, die nicht daran teilnehmen, die vielleicht nicht einmal wissen, dass so etwas möglich ist und wie es sich anfühlt. Das lässt sich eigentlich nicht in Worten beschreiben, sondern nur erleben. Humanistische Kooperation kann sich als soziale Interaktion nur ausbreiten, wenn davon berichtet wird und zur Teilnahme an der Kooperation oder ähnlichen Initiativen eingeladen wird. Erst im hohen Alter zu entdecken, das Jahrzehnte einer möglichen Teilnahme uneinholbar verpasst wurden, weil die Möglichkeit nicht einmal erahnt wurde, ist schmerzhaft.
Wenn wir uns um den Mitmenschen kümmern
und uns von denen, die uns nahe sind helfen lassen, dann helfen wir der ganzen
menschlichen Welt - wenn dieser Umgang, dieses Verhalten wachsen kann,
möglichst viele Menschen erreichen kann und nicht auf bestehende
Gemeinschaften und Familie beschränkt ist.
Jede gelungene Kooperation bietet die Möglichkeit, eine Beziehung zu
pflegen, Vertrauen und Bereitschaft, das das wieder passieren kann und das
Erleben macht überhaupt erst verständlich, was einander helfen aus
Freude aneinander, was humanistische Kooperation ist.
Und dieses Tun ist subversiv, es verändert vorhandene soziale Strukturen und Machtverhältnisse durch eine Evolution von unten in einer neuen sozialen Struktur, die offen ist für alle Menschen, die beitragen wollen.
Ich stelle mir eine Evolution, keine Revolution vor, weil keine radikalen Maßnahmen die Wurzeln bisherigen Lebens herausreißen, sondern der Transfer zwischen den Menschen wird verändert, wo dies das Leben fördert. Wenn praktische Ergebnisse und Erfahrungen vorrangig den Wert des Tuns bestimmen statt Meinungen ohne Argumente oder Argumente ohne Belege, dann schafft das eine kulturelle, ethische Veränderung, deren Erfahrungen und Wirkungen auch in andere soziale Zusammenhänge wie Politik, Wirtschaft und Familien hineinreichen.
Ich glaube ja: Wenn ich den anderen nicht nur kleine Nettigkeiten erweisen will, sondern eine langfristige lebens- und liebenswerte Existenz unterstütze, dann komme ich ganz schnell wieder auf das Ziel, die Klimakrise zu entschärfen - und Frieden ist nicht mehr nur Waffenruhe, sondern eben humanistisch als gegenseitige Beförderung von Leben und Entwicklung Anderer zu verstehen: anderer Menschen, der Menschheit, der Umwelt.
· Gegenseitige Hilfe wirkt nicht nur bei den Empfängern, sondern auch bei den Helfern: Ihre Kräfte, ihr Selbstvertrauen, ihre Selbstwirksamkeitserwartung wachsen.
· Wähler, die aktiv Projekte umsetzen, beeinflussen die Politiker mehr als Proteste, denn diese wissen, Werte und Projekte, für Dich ich gearbeitet habe, mit denen identifiziere ich mich mehr als nur mit theoretischen Überlegungen und medialen Äußerungen.
· Kompetente Wähler lassen sich für Parlamente aufstellen oder prüfen diese mit Qualitätskontrolle und Bürgerräten und -initiativen.
· Gemeinschaftsarbeiten sind nicht nur direkt wirksam, sondern zugleich Monumente der Geisteshaltung, die sie eigeninitiativ hervorgebracht hat und der Fähigkeit der Bürger zur Selbstorganisation.
· Die unterschiedlichen Wege auf gemeinsame Werte und Ziele hin haben aus meiner Sicht das Potential eine relevante Wirkung auf Klimakrise und Frieden zu entwickeln. Die Erfahrungen sind vielfältiger und ermöglichen erfolgreiche Maßnahmen schnell zu unterstützen.
· Selbst wenn sich eine Klimakrise mit massiven Auswirkungen auf die Existenzgrundlage für Milliarden Menschen nicht mehr oder nur teilweise abwenden lässt, haben wir die Chance durch agile Kooperation das Leid für viele so gering wie möglich zu halten und uns Lebensfreude, Frieden und möglichst viel der humanistischen Werte Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit zu erhalten.
Mit je mehr vielfältigen und kreativen
Aktionen der Einsatz für Mitmenschen und Umwelt deutlich und
ökonomisch wirksam wird, desto größer wird der mediale und
politische Einfluss - tue Gutes und rede darüber. Nicht nur Amishe sind in der Lage an einem Wochenende eine Scheune zu
bauen, auch in Ratingen gibt es einen
"Siedlerverein 1947", dessen Häuser die Mitglieder nach dem 2.
Weltkrieg in Gemeinschaftsarbeit errichteten.
Eine solche Evolution von Unten durch Kooperation würde die bisherigen
Institutionen nicht ersetzen, sondern ergänzen und Impulse zur
Weiterentwicklung geben.
Mögliche Projekte einer Evolution von Unten durch humanistische Kooperation:
· Gemeinsam Kochen, Feste feiern…
· Ungenutztes verschenken, Flohmarkt, Upcycling, Reparieren …, gern gemeinsam.
· Zeitlich begrenzte Gemeinschaftsprojekte: Gemeinsam Steingärten in grüne Gärten wandeln, gemeinsame Gärten, Biotope, Regenwasserzisternen anlegen, … Plug-in-Photovoltaikmodule (Balkonsolaranlagen) montieren….
· Commoning, selbstorganisierte gemeinsame Nutzung mit behutsamer Gegenseitigkeit (nicht alles "Verrechnen", aber auch nicht ausnutzen) auch mit umfassender Gemeinschaftsarbeit: Umzüge durchführen, Wohnung, Häuser renovieren und isolieren, … Wissen teilen (Wikipedia), an Open Source / Freie Software arbeiten…
· Gemeinsam Wohnen, Carsharing, Coworking…, Arbeiten in Genossenschaften und anderen alternativen Lebensformen
· Engagierte in Ehrenämtern, die mit denen sie helfen Begegnung auf einer Ebene anstreben und sich umgekehrt in ihrer Arbeit und als Person unterstützt lassen
· Bürgerräte, Beiräte für Parlamente und Institutionen einfordern und bilden…,
· Institutionen und Politikern in der Wikipedia.org, in Wikibooks und anderen System aufbereitetes Wissen anzubieten…, z.B. in einer Wiki-Datenbank gesellschaftspolitisch relevanter Fakten
· Einen Pressedienst, eine Datenbank politischer Fakten und ihre Evaluation und Validierung
· Eine Datenbank von Waren, von denen nicht nur die Inhaltsstoffe bekanntgegeben werden, sondern auch der ökologische Fußabdruck, die Lieferkette und die Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Produktiven
· Internationale Hilfe von Bürgern für Bürger vor Ort oder durch Direktspenden
· Gegenseitige Hilfe von Nachbarschaftskreisen, Initiativen, Vereinen…, auch international über Landesgrenzen hinweg in Kampagnen für bessere Versorgung, gegen Hunger, für Aufforstung …
· Unterstützung für Bevölkerungsgruppen, denen bisher eine Staatengründung verwehrt wurde wie den Kurden und anderen Unrepresented Nations and Peoples durch Kooperation und Handel
· Die Einführung eines GBI Global Basic Income, eines globalen Grundeinkommen und dessen Kontrolle durch eine weiterentwickelte solidarische Demokratie
Vieles wird auch jetzt schon in kleineren Kreisen umgesetzt, aber es wäre eine neue Qualität in der Solidarität und dem generellen Verschenken der eigenen Lebendigkeit an andere Lebewesen, um der Freude willen und des Weiterlebens auch über den individuellen Tod hinaus. Wir können nur Solidarität im Existenzkampf gegen die Klimakatastrophe erwarten, wenn wir solidarisch einander im alltäglichen Existenzkampf beistehen.
Kooperation bedeutet sich zu vereinbaren, auf Regeln, Ziele, Aufgaben zu einigen und Verantwortung zu übernehmen. Das schränkt einerseits die individuelle Freiheit ein, macht aber andererseits Aufgaben und Tätigkeiten möglich, die ich nicht allein schaffen kann. Damit werden Ziele erreichbar, zu denen sonst nicht die Freiheit bestanden hätte, dafür zu arbeiten und sie zu erreichen. Nur mit 21 anderen habe ich die Freiheit ein Fußballspiel zu spielen, allein kann ich nur ein bisschen gegen die Wand kicken.
Nachbarschaftliche Gemeinschaftsarbeit ist als Nachbarschaftshilfe auch in Deutschland gesetzlich geschützt. Gemeinnützige Gesellschaften wie gemeinnützige Vereine und gGmbH's, gemeinnützige Genossenschaften schützen vor finanziellen Risiken.
Ich will die Veränderung von Vorgehen und Wirkungen einmal detaillieren.
Um nach der Goldenen Regel gemeinsam Pläne zu erarbeiten, die allen Nutzen oder zumindest keinem ohne Ausgleich schaden, gibt es Formen der Basisdemokratie, in der alle Beteiligten gleiches Recht der Teilhabe und Mitbestimmung haben, ohne dass eine Mehrheit über eine Minderheit bestimmt. Wenn eine kleine oder große Gemeinschaft einen Plan hat, gegen den niemand, der teilnimmt, mehr einen gravierenden Einwand hat, wie im Konsent der Soziokratie oder der Geschäftsversammlung einer Quäkergruppe, dann ist die Kooperation koordiniert und die Arbeit, die Umsetzung kann beginnen.
Gleichbehandlung aller ist nicht unbedingt
gerecht. Gleiche Rechte für unterschiedliche Menschen bedeute
Gleichberechtigung. Wenn man unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen
Fähigkeiten und Bedürfnissen gleich behandelt, bedeutet das nicht,
dass dies gerecht ist. Wenn ich den Geschirrspüler und Waschmaschine
betreibe, wie lässt sich das damit vergleichen, dass meine Frau kocht?
Muss sie nicht viel mehr Know-how einsetzen? Wie lässt sich eine
hochwertige Tätigkeit mit viel Kompetenz und Spaß dabei vergleichen,
mit einer harten Arbeit, die aber vielleicht auch als Workout Spaß macht,
nur viel länger dauert?
Die Unterschiedlichkeit führt zu asymmetrischem Austausch, der aber
gelingt, wenn die Beteiligten zufrieden sind, zu mindestens keiner schlechter
gestellt ist und jeder weiß, dass bei Unzufriedenheit auch gegebenenfalls
die Vereinbarung neu ausgehandelt werden kann.
Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst ermöglicht nicht nur den Anderen etwas zu gönnen, sondern auch sich selbst zu lieben. Das beinhaltet sich selbst zu spüren, Sensibilität für die eigenen Gefühle, für das eigene Wohlergehen zu üben. Viele Menschen scheinen Konsum nicht deshalb anzustreben, weil sich der Konsum gut anfühlt, sondern weil sie damit rational besser dastehen als ihr Nachbar. Es wird letztlich immer unbefriedigend bleiben, wenn ein 2,5t PKW notwendig erscheint, nur weil der Nachbar zur Rechten einen mit 2,2t hat, denn der Nachbar zur Linken könnte auf 2,8t gehen …. Dafür in der Stadt unter Zeitdruck teilweise verzweifelt zu versuchen, das Monster mittels eines Parkplatzes wieder loszuwerden, fühlt sich sicher nicht gut an. Mir scheint, zu üben, das Leben zu genießen mit dem was Mensch hat, ist sehr befriedigend und ressourcenschonend.
Von den großen Propheten Jesus, Mohammed und Buddha wird überliefert, wie sie ethische Entscheidungen diskutierten und ihre Anhänger anleiteten, solche selbst zu fällen. Die Übung des Verzeihens ist wesentliche Voraussetzung dafür, immer wieder neu den Dialog aufzunehmen, der Voraussetzung für Entscheidungsfindung und Bildung von Konsens und Konsent ist. Konsent heißt, dass gegen einen Plan kein Widerspruch, keine Bedenken vorliegen. Er ist einfacher zu erreichen als Konsens, der die Zustimmung aller Beteiligten benötigt.
Die dezentrale gleichberechtigte Organisation der griechischen Demokratien, des Frühchristentums wie es Paulus in seinen Briefen berichtet und der Umma, der solidarischen muslimischen Gemeinde, sind frühe Beispiele gleichberechtigter Selbstorganisation, von denen es mit Sicherheit viele mehr gibt, die mir unbekannt sind. Diese Kraft der Kooperation haben die Menschen in den letzten 2000 Jahren immer wieder in ganz verschiedenen Gemeinschaften und Kooperativen aufgenommen.
Basis für humanistische Kooperation ist die Freiheit, dass alle Menschen, die möchten, mit gleichen Rechten an dem Prozess teilnehmen können und einander in ihrer Verschiedenheit geschwisterlich fördern. Und jeder Mensch, der noch die Freiheit hat, mit seinen Nachbarn zu reden und zu gemeinschaftlich handeln, kann die Kraft der Kooperation entfalten.
Eine der größten Machtfaktoren
sind die Kaufentscheidungen der Konsumenten. Das sind Trilliarden
kleiner "demokratischer" Abstimmungen des Volkes darüber, was
wie wo von wem produziert wird,
Daher kämpfen Lobbyisten mit aller Macht darum, dass uns Konsumenten so
wenig Faktenwissen bereitgestellt wird wie möglich und ggf. die Fakten
hinter Fakenews versteckt werden. Fett macht Fett - ist doch klar!?? Wir haben
nur mehr als 50 Jahre gebraucht, bis ein relevanter Teil der Bevölkerung
weiß: es ist vor allem der Zucker, den die Leber bei Überangebot in
Körperfett wandelt. Wie lange hat es gedauert, bis der Zuckergehalt auf
den Nahrungsmitteln stand? Wie lange werden wir brauchen, bis wir auf jedem
Produkt ein Klimalabel für den klimatischen
Fußabdruck der Lebenszykluskostenrechnung eines Produktes lesen können? Die Gesamtkosten der Produktion
über eine ganze Lieferkette fließen problemlos in die
Endverbraucherpreise ein, ein Energielabel für die Nutzung ist errechenbar
und die Entsorgung wird geregelt - aber wir können das CO2-Äquivalent
für Produktion, typische durchschnittliche Nutzung und Entsorgung nicht
berechnen? Das ist für mich nicht glaubhaft! - Sondern ich vermute
Lobbyismus, denn wenn ein CO2 Label berechenbar ist, dann auch die
erforderlichen die CO2-Zertifikate, die zur Kompensation erworben und
eingepreist werden müssten. Erst mit klaren Informationen über den ökologischen Fußabdruck können
die Bürger und die politisch Verantwortlichen und Behörden verantwortliche
Kaufentscheidungen fällen. Dabei müssten keine Härten entstehen,
sondern die CO2 Bepreisung kann stufenweise eingeführt werden und bei
existentiell notwendigen Produkten wie bei der Mehrwertsteuer auf 50% gesenkt
oder über die Einkommensteuer rückerstattet werden oder ggf. als negative
Einkommensteuer ausgezahlt werden.
Wenn eine Milliarde Menschen in Millionen
kleiner Gemeinschaften mehr Lebensmittel in Selbsterntegärten oder eigenen
Gärten anbauen, miteinander kochen, teilweise in Wohngemeinschaften leben,
ihre Geräte teilen, dann ist das eine Wirtschaftsmacht. In der sozialen
Marktwirtschaft lässt sich der Konkurrenzkampf durch humanistische
Kooperation ersetzen ohne Gefahr für das Funktionieren der
Gesamtwirtschaft. Die Macht des dezentralen Kapitalismus verringert sich,
sobald ihm der Umsatz der Konsumenten entzogen wird.
Zugleich werden die ethischen Werte im Handeln sichtbar, wie die hunderten
Millionen Bäume, die Tony Rinaudo mit Hilfe der Farmer Managed Natural Regeneration in der
Sahelzone aufwachsen ließ auf Sattelitenbildern entdeckt wurden.
Auch wenn die Wege auf gemeinsame Werte und Ziele hin unterschiedlich sind,
summiert doch ihre Wirkung auf Klimakrise und Frieden und die gemeinsamen Werte
werden medial sichtbar und vor allem, wenn zum Mitmachen eingeladen wird, auch
meinungsführend.
Einerseits sind die Erfahrungen von vielen dezentralen
selbstorganisierter Gruppen vielfältiger, sie entwickeln mehr unterschiedlich
erfolgreiche Maßnahmen, die von anderen Gruppen ggf. schnell
unterstützt oder übernommen werden können.
Anderseits müssen diese Gruppen dazu vernetzt sein. Die Soziokratie liefert dazu einen Ansatz: aus jeder vernetzten Initiative sollte ein
Mitglied gleichzeitig bei einer der anderen vernetzten Initiativen mitarbeiten
und falls die beiden Gruppen unterschiedliche Standpunkte haben, beide
vertreten können. Dies dient nicht nur Verständnis und Abstimmung
zwischen den Gruppen. Jede Gruppe hat den Effekt der sich selbst
bestätigenden Informationsblase durch gegenseitige Zustimmung, Einigkeit
und of folgender Ablehnung abweichender Meinung. Mitarbeiter aus anderen
Gruppen bieten die Standpunkte anderer Informationsblasen und damit
gleichzeitig eine wichtige Bereicherung der kooperativen Intelligenz durch das
Aufzeigen von Widerspruch und Nichtwissen.
Das "Durchstechen" von Informationsblasen ließe sich noch
verstärken, dass viele Initiativen gemeinsam eine Datenbank
gesellschaftspolitisch relevanter Fakten erstellen, in der gerne auch
divergierende Standpunkte, Erklärungsmodelle und Argumente Platz haben und
das gegenseitige Verständnis erleichtern. Basis könnte eine
Erweiterung der Wikipedia sein, der wie dort die Wikidata Datenbank angeschlossen ist.
Das Erleben von Gemeinschaft, in der die Freiheit genutzt wird, Verbindlichkeit einzugehen und Verantwortung zu übernehmen und möglich zu machen, was allein unmöglich, das lässt sich allerdings unmöglich in Worte fassen, sondern nur im Mit-Tun wird die Erfahrung authentisch weitergeben, daher ist so wichtig, das dazu eingeladen wird. Je mehr Erfahrung von Freude und Miteinander in humanitärer Kooperation möglich ist, desto mehr Befriedigung und Ausdauern darin. Daher ist Nicht-Tun so tödlich: ich kann nicht, weil ich's nie getan habe, ich hab's nie getan, weil ich's nicht kann. Ich kenne keine Prophezeiung, die sich schneller selbst erfüllt als "Ich kann nicht…".
Wenn ich mich traue, einen Plan zu wagen, von
dem ich nicht sicher sagen kann, ob er gelingt, aber erfahre, dass ich den Plan
immer wieder dem Ungeplanten anpassen kann, dann erfahre ich dabei, wie Wissen
und Erfahrung von denen, die mir nahe sind, mir die Freiheit von mehr
Möglichkeiten gibt und mein Weltbild, mein Bewusstsein wandelt.
Das hier sind nur schöne Worte, denn das Geschehen lässt sich nur
ganzheitlich erfassen - erleben, nur durch Mitmachen wo auch immer. Wer aber
mitgemacht hat, wird die Erfahrung humanistischer Kooperation nie wieder
verlieren, sie wird existentieller Bestandteil des eigenen Erfahrungsschatzes,
den wir immer wieder nutzen können. Wer einmal die Freiheit gewagt hat,
wird die Freiheit zur Möglichkeit es wieder zu tun ein Leben lang nicht
verlieren. Und "das Ende des Lernens, nimmt niemals einen Anfang" wie
ein lieber Freund mir sagte.
Humanistische Kooperation ist für mich persönlich mit Jesu Botschaft verbunden, aber sie vollzieht sich davon ganz unabhängig in allen Ländern und Religionen seit Beginn der Menschheit bis heute in Familien und Initiativen und viel zu geringgeschätzt als Care-Arbeit. Sie verbindet uns alle, die Liebe und die goldene Regel leben. Die lebensförderliche Macht dieser Gemeinschaft möchte ich verbreiten und sichtbarer werden lassen mit diesem Text, dieser Internetseite, und das Bewusstsein schärfen, wie lebenswichtig humanistische Kooperation ist und wie existentiell die Erfahrung, wie universell die Freiheit dazu, wie wirksam es in der Menschheit und für das Überleben der 8 Milliarden Menschen auf der Erde, für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung ist.
Ich glaube, dass das die Mehrung humanistischer Kooperation und Selbstorganisation eine Wirkungsmacht ist, die Kriege und Klimakrisen wesentlich beeinflussen können und einen lebendigen Frieden, eine Humanität schafft, in dem alle Menschen mit ihren Bedürfnissen gedeihen können und die Umwelt, Biosphäre, Schöpfung bewahrt und fördert.
- Einarbeitung von Rückmeldung zu diesem Text in diesen Text
- Aufbau eines Buches von Erfahrungsberichten in Wikibooks
- Unterstützung von Kooperationen zwischen Initiativen
Unser Überleben hängt davon ab, dass wir uns an unsere biologische und soziale Umwelt so anpassen können, dass nachhaltiger Austausch unsere Überlebenschancen und die Qualität des Lebens verbessern. Aktuell wird deutlich, dass unser vieles Wissen, unsere Intelligenz, unsere Gesellschaftsordnungen darin versagen, existentiell wichtige Probleme wie Krieg und Klimakrise zu lösen. Mir scheint, weil wir das, was wir bisher besitzen, bewahren und daran festhalten wollen, können wir auf Veränderungen der Umwelt nicht mehr mit Verhaltensänderungen reagieren und diese dann weiter verbessern. Unsere Hauptstadt Berlin verliert die Fähigkeit effektiv Flughäfen zu bauen oder Wahlen durchzuführen. Nur mit mehrfachen Versuchen klappt es gerade so. Deutschland schafft es nicht mehr die Eisenbahn und die Straßenbrücken in dem Maße instand zu halten, in dem sie baufällig werden. Lobbyisten und Umweltschützer verhindern in großem Maße den Ausbau erneuerbarer Energien….
Warum erscheint unser Verhalten im Kreislauf von Voraussicht, Planen, Durchführen, Prüfen, Verbessern immer öfter nicht mehr zielführend, sondern teilweise geradezu irrational? - Trotz immer mehr technischen und finanziellen Möglichkeiten!
Warum bekommt unsere Gesellschaft, unsere Demokratie trotz jahrzehntelanger Voraussicht wesentliche Probleme nicht mehr praktisch gelöst und was können wir alle tun? Warum meine ich das humanistische Kooperation wesentliches bewirken kann?
Das sind die Fragen, auf die ich in den folgenden Kapiteln mögliche Antworten aufzeigen möchte. Wissen allein verbessert ja nicht unsere Überlebenschancen, es muss auch zu Handlungen führen, die Verbesserung bewirken. "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." von Erich Kästner ist kein netter Spruch, sondern ein steinhartes Naturgesetz wie die Schwerkraft.
Aus meiner Sicht liegt eine Alternative darin,
sich nicht auf bestimmten Nutzen, bestimmte Ziele festzulegen und damit zu
beschränken, sondern, dem Humanismus entsprechend, die Menschen und die
Förderung ihrer Entwicklung als höchsten ethischen Wert zu setzen,
der durch verschiedene Ziele und Zwecke unterstützt werden kann.
Das ist kein Gegensatz zu den Zielen der Graswurzelbewegungen, die ja
zuallermeist Gutes für Menschen und Natur beabsichtigen. Die
Unterstützung von Menschen als oberstes Ziel zu setzen, verändert den
Vorgang des Engagements. Es sind weniger die vereinbarten Ziele, die im
Vordergrund stehen, sondern die Menschen, die mir nahe sind, nicht mehr die
Manipulation der Machthaber durch Protest, sondern eigene kreative auch
provokative Produktion für und mit anderen. Aber es gibt keine zentrale
Bewertung, sondern die verschiedenen Ausrichtungen der Initiativen der
Bürger ergänzen einander, sind in einem evolutionären
Wettbewerb, wer mehr zur Zukunft von Menschheit und Planet beiträgt.
Wenn wir den Fokus von einem Protest gegen das, was vermieden werden soll, auf das lenken, was wir unseren Mitmenschen Gutes und Schönes tun können, dann stärken wir sie und uns selbst im Kampf für gemeinsame Werte von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Wir leben Geschwisterlichkeit unter Gleichen mit der Freiheit andere in der Entwicklung ihrer individuellen Fähigkeiten und Weltsichten zu unterstützen.
In einer humanistischen Kooperation bin ich nicht mehr vorwiegend mit einer rationalen Zielerreichung involviert, sondern mit meiner Emotionalität und Intuition im Austausch mit den Menschen um mich und in wachsenden Beziehungen. Die offene Kommunikation bringt mir nicht nur Freunde, sondern auch die Aufdeckung meines Nichtwissens am Wissen derer, denen ich gut vertrauen kann, weil wir darin Erfahrung haben, miteinander Probleme praktisch zu lösen.
Kooperation ist das beste Mittel, das eigene Nichtwissen am Wissen der anderen aufzudecken und zugleich von diesen zu lernen. Dazu benötigt die Kooperation allerdings den Respekt vor den individuell unterschiedlichen Fähigkeiten der Beteiligten, sie muss Begegnung auf Augenhöhe sein. Ich brauche das Vertrauen, mich mit meinem offenen Widerspruch oder einem möglichen Lernprozess bzw. meiner Unwissenheit nicht zu blamieren. Mir hilft die Anerkennung, das Zutrauen der Beteiligten, das ich lernen kann - in meinem Tempo. Nur ein Dummkopf geht davon aus, dass er immer mehr weiß als andere. Nichtwissen ist oft wertvoller als Wissen, denn es zu erforschen ist der Keim neuen Wissens.
Exkurs über unsere
Erkenntnisbedingungen: Unser bisheriges Wissen
erlaubt das uns bekannte, für das wir schon Begriffe haben, in der
Wahrnehmung schnell und einfach zu identifizieren und eine Voraussicht für
die Zukunft zu entwickeln. Wir übertragen bekannte "Wahrheiten"
und ihre Ketten von Ursachen und Wirkungen auf die aktuelle Situation,
erstellen dafür deduktiv logische Ableitungen und verlängern die Kausalitätsketten in
die Zukunft, um abzuschätzen, was geschehen könnte und vorausschauend
zu handeln.
Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass es anders kommt als
geplant und erwartet. Die Wirklichkeit widerspricht meiner Erwartung. Das kann
ich ignorieren, solange die Abweichungen klein sind, und dabei bestätige
ich mein bisheriges Weltbild als zureichend. Aber es bildet sich eine
Informations-Filterblase, in der die mir bekannten Annahmen bestätigt
werden und dabei das Unbekannte verdeckt wird. Die kleine Abweichung vom
Erwarteten zu ignorieren wird fatal, wenn das Ungeplante durch Wachstumsprozesse
verursacht wird. Der kleine Riss, die kleine Flamme, das kleine Rinnsal am
Fuße des Dammes … können furchtbare Folgen haben.
Also muss ich mein Nicht-Wissen erwarten, dass Unerwartete suchen, vor allem
Indikatoren für Wachstumsprozesse: Wenn der Mähdrescher
ungewöhnlich heiß riecht, dann ist die Ursache oft ein Lager, das
heiß läuft und umso mehr Hitze desto weicher das Metall, desto mehr
Reibung desto mehr Hitze …. Brandgefährlich in einem trockenen
Getreidefeld.
Erst ein Widerspruch zu meinen bisherigen Annahmen
verhilft mir aus meiner Filterblase des Erwarteten auszubrechen… sonst
verbleibe ich in der Illusion, dass sich mein bisheriges theoretisches Wissen ja
doch immer bestätigt hat - und überschätze es, wie die
US-Soziologen Dunning und Kruger im Dunning-Kruger-Effekt beschreiben. Die Überschätzung des eigenen theoretischen
Halbwissens ohne praktische Erfahrung geht so weit, dass viele ihrer Probanden
meinten, etwas über Wissensbereiche zu wissen, die nur der Phantasie der
Forscher entsprangen und nicht existierten. Fatal ist, dass diese
Selbstüberschätzung des eigenen unerprobten Wissens mit einer
Abwertung des praktisch erprobten Wissens von Fachleuten einhergeht. Die werden
daher im öffentlichen Diskurs oft unterschätzt.
Widerspruch erscheint leicht, aber wenn er Keime des Lernens säen will, dann sollte zugleich der individuelle Standpunkt des Gegenübers respektiert werden UND auch, dass die eigene Sichtweise nur eine individuelle ist - auch wenn die Erfahrung unseres ganzen Lebens dahintersteckt. Das heißt ich nehme wahr, empfinde und es ist in den Händen des Anderen damit zu arbeiten oder es zu verwerfen. Nur für eines sollte ich sorgen, dass die Unterschiedlichkeit und der Widerspruch nicht von unserem Harmoniebedürfnis verdeckt wird und schwer zu finden sind.
Im Lösen praktischer Probleme widerspricht die Wirklichkeit bisherigen Plänen und Erwartungen und provoziert daher auch die Menschen in der Kooperation einander zu widersprechen, Nichtwissen aufzuzeigen und voneinander zu lernen. Indem die Widersprüche aus der Praxis und aus dem offenen Meinungsaustausch unsere individuellen Informationsfilterblasen durchstechen, erfahren wir nicht nur jeweils Nichtwissen, sondern können das mit dem Vorwissen der anderen gemeinsam schneller erforschen, als ein jeder allein.
Erst wenn ich mir bewusst bin, dass ich von nichts wahre (also endgültige) Erkenntnis habe, wie Sokrates lehrte, wenn ich also weiß, dass ich viel mehr nicht weiß als ich weiß, suche ich nach Widersprüchen zu meinen bisherigen Wahrheiten, um Nichtwissen zu finden. Die Unsicherheit etwas vielleicht existentiell Wichtiges nicht zu wissen, keine Voraussicht zu haben, muss ich erst einmal aushalten, um nicht vorschnelle Antworten aus dem Bekannten abzuleiten. So fällt es oft schwer einzugestehen, dass wichtige Informationen fehlen oder dass die logischen Ableitungen aus bisherigem Wissen über bekannte Ursachenketten und Wechselwirkungen mir gerade nicht erklären können, warum ein System anders als geplant nicht funktioniert.
Erst eine offene, unbeantwortete Frage provoziert unsere ganze Intelligenz, um fehlende Information oder ein wiederkehrendes Muster für ein neues Erklärungsmodell zu finden. Das kann ich nur gut aushalten, wenn ich Zutrauen und Übung darin habe, allein oder gemeinschaftlich in der Untersuchung von Nichtwissen neues Wissen zu erschließen. Induktives Schließen sucht in der Abfolge von Erscheinungen wiederkehrende Muster, klassifiziert diese in Begriffen, stellt Modelle von Kausalitäten und Wechselwirkungen auf, und sucht deren Indikatoren in dem Geschehen wiederzufinden. Es ist nur sicher, dass eine Wirkung nicht vor der Ursache liegt, aber ob Ursache A die Wirkung B verursacht oder ob A nur eine frühere und B eine spätere Auswirkung einer gemeinsamen Ursache X ist, ist ebenso unsicher wie möglicherweise fehlende Informationen über Y und Z in der Ursachenkette, die sich vielleicht gerade mal ändern oder nicht. Die Erklärungsmodelle werden oft von Wahrnehmungen und Messungen schneller falsifiziert, als sie aufgestellt wurden.
Um eine Störung z.B. bei meiner Arbeit in einem Rechenzentrum zu beheben, ist keine vollständige absolute Wahrheit notwendig, sondern nur ein Erklärungsmodell, mit dem ein System so weit beeinflusst werden kann, dass es wieder funktioniert. Mit Kooperation auf Augenhöhe, mit gegenseitigem Respekt für unterschiedliche Denkmodelle, für Stärken und Schwächen der Mitstreiter, können fehlende Informationen, Nichtwissen, Irrtümer, Bedienungsfehler in der Arbeitsgruppe offengelegt werden. Gemeinschaftlich können bekannte Kausalitäten weit schneller und kreativer zu immer neuen Erklärungsmodellen zusammengesetzt werden, bis treffende Prognosen ein Modell bestätigen und wieder eine geplante Beeinflussung des Systems möglich ist.
Das ist für
mich eine zusätzliche Intelligenz, die aus offener Kommunikation in praktischer
Kooperation entsteht.
In meinem ganzen Berufsleben mit wohl tausenden
von Störungen ist mir kein Fall untergekommen ist, wo wir die Systeme
nicht wieder auf diese Weise zum Funktionieren gebracht hätten.
Mit dem Hinterfragen des eigenen Wissens und dem Befragen der Mitmenschen nach deren praktischer Erfahrung und durch praktische Kooperation wird der Umgang mit dem eigenen Nichtwissen erlernt und dem Dunning-Kruger-Effekt der Überschätzung des eigenen bisherigen Wissens entgegengearbeitet. Umgekehrt können die ungeplanten Erfahrungen als Lernmaterial weitergeben, zur Prävention genutzt werden oder zur offenen Weiterentwicklung von anderen Projekten.
Die Induktion ist weit weniger zuverlässig als die deduktive Ableitung von erprobten Erklärungsmodellen mit bekanntem Geltungsbereich, aber sie erweitert unser Weltbild und unsere Handlungsoptionen und Lebensmöglichkeiten.
Menschenfreundlichkeit, Toleranz und Wahrhaftigkeit in der humanistischen Kooperation ermöglichen eigentümliches Wissen, individuellen Standpunkt und Erfahrungen aus den Folgen praktischer Arbeit offenzulegen bis hin zum offenen Widerspruch. Das ist für die Anderen unerwartetes, ungeplantes Nichtwissen, das die natürliche Informationsfilterblase durchstößt, die jeder Mensch, jede Gemeinschaft durch die Bestätigung bisheriger Wahrheiten bildet, auch durch die "Einigkeit" eines Gruppenkonsens. Der individuelle Standpunkt erzwingt Lernarbeit der Gemeinschaft. Aber wenn die Lernarbeit nicht abgewehrt, sondern eingeübt wird, entsteht eine zusätzliche kooperative Intelligenz. Der Lernprozess ist besonders schnell, wenn alle ihr bestes Wissen geben, einander aktiv zuhören und offen dafür sind, was in dem gemeinschaftlichen Lernprozess daraus entsteht.
Die ganze Vernunft eines Menschen entfaltet sich nach meiner Erfahrung nur in der Zusammenarbeit von der unterschiedlichen Erkenntnissystem der Ratio, der Emotion und der Intuition bei der Lösung praktischer Probleme und das umso mehr, wenn die Ratio, Emotion und Intuition verschiedener Menschen in einer überschaubaren Gruppe die kooperative Intelligenz befeuern.
Als Leben, das leben will inmitten von Leben das leben will, als Teil der Menschheit und der Biosphäre weiß ich, dass Kommunikation, Austausch und Symbiose weit mehr Überlebenswahrscheinlichkeit bringen als Konkurrenzkampf. Sobald ich zeige, dass mich das (Über-)leben der Nächsten interessiert, entsteht ein Vertrauen, das offene Kommunikation und gegenseitige praktischen Unterstützung befördert. Ich sehe mich in meiner sozialen und biologischen Umwelt mit einer für mich unendlichen Intelligenz im Austausch, die mein Leben fördert, solange ich damit kooperiere. Kooperation steigert nicht nur meine Kompetenz, sondern auch meine Demut und Anerkennung der Fähigkeiten und Kompetenzen anderer durch die Umkehrung des Dunning-Kruger-Effekt's.
Für die Stärkung des Vertrauens ist Beziehungspflege wichtig und gemeinsame schöne Erfahrungen zu schaffen. So schön Ad-Hoc Mitarbeit ist, für das Vertrauen in das Gelingen von Kooperation und Lernen ist eine gewisse Kontinuität in Gemeinschaften hilfreich und zugleich deren Ausweitung, indem die eingeladen werden, die noch nicht mitmachen.
Indem eigene praktische Erfahrung in sozialpolitischem Engagement zugleich die Fähigkeit zur Beurteilung ebensolcher Arbeit anderer steigert, sind weit mehr Bürger:innen in der Lage in Bürgerräten und Bürgerinitiativen die Arbeit von Parlamenten, Regierungen und Behörden und die Auswirkungen von deren Projekte zu beurteilen und durch Qualitätskontrolle deren Effizienz zu steigern.
3 Mill Jahre hat die Evolution unserer menschlichen Vernunft in der Kooperation in einem überschaubaren Geflecht sozialer Beziehungen stattgefunden und in der Anwendung auf konkrete praktische Probleme, um die Existenz und Leben zu sichern. Dazu gehören Ratio, Emotion, Intuition ALLER Beteiligten und praktisches kooperatives Problemlösen so sicher wie Atmen und Trinken. Aus der Wechselwirkung der Kooperation entsteht eine zusätzliche Intelligenz.
Aufgrund der Komplexität bei der
Entwicklung von umfassender Software wurde es notwendig von vornherein mit
einzuplanen, dass nicht alles vorher gewusst und geplant werden kann. Daher wurde
die besten Vorgehensweisen zur Lösung komplexer Probleme in der agilen Softwareentwicklung zusammengefasst.
Agile Kooperation hilft in den Teams und Projekten ein Maximum kooperativer
Intelligenz zu entfalten. Die 4 Leitsätze sind:
- Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Software {Lösung von Problemen} ist wichtiger als
umfassende Dokumentationen
- Zusammenarbeit mit dem Kunden {mit allen Betroffenen} ist wichtiger als
Vertragsverhandlungen
- Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans
{d.h.: der Plan muss immer wieder angepasst werden}
Eine Auswahl weiterer Prinzipien:
- Einfachheit -- die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren -- ist
essenziell.
- Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch
selbstorganisierte Teams.
- In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es effektiver
werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an.
- Aus dem Design Thinking: wurde der immer
wiederkehrende, iterative Kreislauf übernommen: Erst Beobachten und
Verstehen durch Fragen zusammenfassen in die Definition von Standpunkten. Dann
brainstormen, um Ideen für Lösungen zu finden. Dann entsprechende
Prototypen erstellen und testen, um zu lernen, entsprechend dem Demingkreis: Planen, Tun, Prüfen, Verbessern…
Eine agile, offene Entwicklung von Lösungen liegt darin, keinen vollständigen Plan umzusetzen, dessen Einhaltung den Erfolg bestimmt, sondern die Werte werden von Plan und Zielen getrennt, um immer wieder offen Ungeplantes zu bewerten und in den Plan zu integrieren, auch durch Anpassung der Ziele. Dazu ist es notwendig alle Gruppen von Beteiligten für Rückmeldungen einzubeziehen, d.h. der je aktualisierte Plan wird kommuniziert und alle Beteiligten haben die Möglichkeit theoretische Argumente oder praktische Erfahrungen als Rückmeldungen zu geben. In kleinen Schritten werden dann Prototypen und Teilpläne realisiert, um aus den praktischen Erfahrungen unerwartete Probleme und zugleich bessere Möglichkeiten aufzunehmen und die Pläne und Ziele entsprechend den Werten immer wieder anzupassen.
Agile Kooperation wurde auch gern auf
neuartige und komplexe Aufgaben außerhalb der IT angewendet: Das Apollo-Programm 1961-1972 war mit Sicherheit das bisher größte agile
Projekt, aber auch die Beseitigung von Altlasten seit den 1990ger Jahren in Deutschland erforderte die agile Erprobung
und Anwendung neuer Verfahren.
Mit dieser Methode schaffte der Mensch den Mond zu betreten und das
größte Projekt freier Software, Linux, wurde erstellt und bringt die
meisten Server der Welt ans Laufen. Agile Kooperation, ihre Erfolge und das
Vergnügen daran gemeinsam neue Wege zu entdecken ist für mich eine
intrinsische Motivation, die weit über rationale
Nützlichkeitserwägungen und erreichte Ziele hinausgeht.
Wenn flexible Vorgehensweisen wie agile Kooperation und Design-Thinking bereitstehen, dann verwundert es, warum sich Behörden oder Firmen oft über Jahre schwertun, ihren Service oder ihre Produkte zu verbessern, obwohl die schlechte Qualität massive Kosten und abwandernde Kunden zur Folge hat.
In einer hierarchischen Organisation wird von Experten,
oft externen Beratern, ein Plan erstellt, um einen Arbeitsprozess zu
verbessern. Das Management genehmigt den Plan, an dem es mehr oder weniger
mitgearbeitet hat. Oft haben weder die Experten noch das Management mit den
Mitarbeitern gesprochen, wo der "Schuh drückt", sondern das
Fußvolk wird erst spät in Kenntnis gesetzt. Wenn sich dann in der
Umsetzung zeigt, dass die Wirkung eher eine Verschlechterung ist, dann hat
entweder der Plan Fehler oder die Umsetzung, es wird also nach Schuldigen
gesucht. Entweder bei den Experten, dem Management, das den Plan genehmigt hat
oder den Mitarbeitern, die den Plan umzusetzen haben. Durch die Arbeitsteilung
gelingt es in der Regel die einzelnen Verantwortungsanteile so klein zu halten,
dass am Ende niemand wirklich verantwortlich ist.
Ein Beispiel ist die Arbeitsteilung bei der Love-Parade in Duisburg 2010 mit 21 Toten. Das
Strafverfahren wurde nach 10 Jahren ohne eine Verurteilung eingestellt.
Die Konsequenz daraus ist, dass Verbesserungsbestrebungen in arbeitsteiligen
hierarchischen Organisationen entweder durch ein externes Projektmanagement von
Anfang bis Ende durchgezogen werden müssen, inklusive Erfolgskontrolle -
oder wenn kein Budget für diese enormen Kosten zur Verfügung steht,
macht eine hierarchische Organisation besser grundsätzlich weiter so wie
bisher und beschränkt sich auf "Mikroverbesserungen", etwas höher,
schneller, weiter, billiger, aber möglichst keine grundlegenden
Änderungen.
Was ist der Fehler im System, dass Verbesserungsprojekte oder gar kontinuierliche Verbesserung in hierarchischen Systemen so schwer überleben können?
Hierarchische Systeme tun sich sehr schwer mit
dem, von dem wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen. Wenn wir eine
Wanderung in zwei Wochen planen, dann wissen wir, dass wir nicht wissen, wie
das Wetter sein wird, ob es regnet oder nicht und haben allenfalls grobe
jahreszeitliche Abschätzungen. D.h. wir sorgen dafür, dass wir sowohl
für Regen als auch für Sonne passende Kleidung bereit haben werden
oder aufgrund der Wettervorhersage vorher passend kaufen. Was wir aber nicht
wissen, dass wir es nicht wissen, ist ggf. eine überraschende Krankheit
oder Unfall bei einem der Teilnehmer, Meteoriteneinschlag oder Erdrutsch in dem
Gebiet, in dem wir wandern wollen, zugewanderte Wölfe… Alles, was
ich hier aufführe, sind Vorstellungen, die ich schon habe und die daher
die Möglichkeit von etwas, das ich nicht weiß, dass ich es nicht
weiß, eigentlich gar nicht abbilden können. Nach dem Autor Nassim
Nicholas Taleb wird gerne von einem schwarzen Schwan
gesprochen. Die alten Römer haben sich über jemanden, der etwas
völlig Unwahrscheinliches behauptet, gern gesagt, das ist so
wahrscheinlich wie ein schwarzer Schwan, also etwas, was noch nie jemand in
beobachtet hat - in Europa, der aber währenddessen in Australien
quicklebendig herumlief. Das Problem war, dass keine Kommunikation zwischen den
Aborigines und den Römern bestand.
Kommunikation ist das beste Gegenmittel gegen schwarze Schwäne innerhalb
eines Betriebes. In hierarchischen Organisationen verläuft diese
allerdings ebenso wie die Projektplanungen einseitig (unidirektional) von oben
nach unten wie ein Wasserfall (Wasserfallmodell für Projekte). So wissen die Mitarbeiter nichts von den
Plänen des Managements und können nichts zu den absehbaren Folgen und
Nebenwirkungen sagen. Diese Probleme, von denen das Management nicht einmal
wusste, dass es sie nicht gewusst hat, werden erst kommuniziert, wenn sie
unübersehbar werden, ähnlich wie in einer Autokratie. Bis dahin
honoriert das Management nur die positiven Berichte des weitgehenden Erreichens
der Planziele für die Leistungsindikatoren. Was unter den Mitarbeiter noch
als Rot eingestuft wird, wird über das mittlere Management dann Gelb
zusammengefasst bis es Grün eingefärbt das obere Management erreicht.
Mit dem Lösen von Problemen lässt sich die Karriere erst
befördern, wenn diese aus der Sicht des Managements unübersehbar sind.
Durch Voraussicht aufgezeigte Probleme hindern nur das Grünfärben der
Berichte und verursachen Aufwand und Kosten.
Solche Vorgänge wurden mir durch Freunde aus dem gehobenen Management unterschiedlicher Branchen bestätigt und durch Firmen, die sich an veränderte Umgebungsbedingungen nicht anpassen können, pleitegehen oder riskante Umstrukturierungen und Verkleinerungen in Kauf nehmen müssen, um wieder wirtschaftlich überlebensfähig zu werden.
Das Leistungsprinzip unserer Wirtschaft beruht aus meiner Sicht nicht darauf, was Manager für ihre Firma oder die Gesellschaft an Nutzen erzeugen, sondern inwieweit sie es leisten, Macht zu aggregieren und zu erhalten durch die Kontrolle von Budget und Kommunikation und Gefolgschaften …. Der Nutzen für die Firma entsteht nur "nebenbei", wenn und weil das Wachstum der Firma auch die Macht des Managements erweitert und so in dessen Interesse liegt. Aber ebenso ist horrende Bezahlung und Besitz von Firmenanteilen eine Machterweiterung des Managements und so wundert es nicht, dass auch Banker und andere Manager, die gerade ihre Firma zu Grunde gerichtet haben, noch das Recht auf hohe "Leistungszulagen" haben, wie z.B. die Finanzkrise 2008 zeigte. Das Management erhält seine Macht teilweise selbst über die Kontrolle des Budget, der Entscheidungen und vor allem der Kommunikation im Betrieb und zu Kunden und Anteilseignern und weist so autokratische Strukturen auf. Was als Leistungsindikator gemessen und gezählt wird, entscheidet das Management und gibt damit teilweise den Rahmen für seine eigene Bewertung vor.
Mir war lange Zeit nicht verständlich,
warum trotz der Selbstzerstörungstendenz von hierarchischen
Organisationen, die agile Organisation von Betrieben wie bei der ING-DiBa so selten ist. Aber mit dem Schreiben hier wurde mir klar, dass die
Manager ja dieselbe autoritäre Schulbildung durchlaufen haben, wie wir
alle, in der die Leistungsindikatoren "von oben" vorgegeben werden
und nur einseitig auf die Schüler:innen angewendet werden. Direkt nach den
Abiturprüfungen habe ich den Direktor unseres Gymnasiums gefragt, ob es
nicht nützlich wäre, auch einmal die Lehrer durch die Schüler zu
bewerten, damit diese sich bessern können. Er erwiderte, dass ja die
Lehrer mit den teilweise schlechten Bewertungen bis zum Ende ihres
Arbeitslebens weiterleben und -arbeiten müssten. Leider fiel es mir erst
ein paar Tage nach dem Gespräch ein, das dies ja auch für die
Schüler:innen gilt.
So sehen sich viele Manager als Lehrer ihrer Mitarbeiter, denen sie ihr
überlegenes Wissen autoritär von oben nach unten vermitteln
müssen und vergessen, dass dieses Konzept gerade nicht auf praktischen
Erfolge ausgerichtet ist, wie im Kapitel über unsere auf Theorie reduzierte autoritäre Schulbildung dargestellt. Wenn Manager und externe Berater keine kontinuierliche
offene Kommunikation mit den Mitarbeitern und zwischen den Abteilungen
herstellen, dann werden "schwarze Schwäne", Überraschungen,
gezüchtet mit der Folge, das unerwartete Nebeneffekte die positive Wirkung
von Verbesserungsbestrebungen und -projekten aufheben. Es sei nicht
verschwiegen, dass es auch autoritäre Chef's gibt, die eine offene
Kommunikation schätzen, pflegen und nutzen und daher auch
längerfristig erfolgreich sind.
Zurück zur Wanderung, Kommunikation mit jemandem in der Nähe der Wanderroute hilft ebenso wie kontinuierliche Kommunikation mit den Teilnehmern wie es Ihnen geht. Gegebenenfalls müssen die Pläne aufgrund von neuen Informationen angepasst werden. Ebenso gut müssen ungeplante Ereignisse auf der Wanderung gegebenenfalls in deren Planung eingearbeitet werden. Genau das ist der Kern von agiler Kooperation: kontinuierlich einen Plan an sich ändernde Situationen und Ergebnisse anzupassen.
Dazu hilft, dass die unterschiedliche Lerngeschichte eines jeden Teilnehmers unterschiedliche Modelle der Wirklichkeit auf die konkrete Situation anwendet. Einer sieht die Risiken, die andere sieht die Chancen, mit dem Wissen des einen werden jene Möglichkeiten erkennbar, mit dem Wissen der anderen alternative Handlungsoptionen. In diesem Austausch mit der praktischen Situation und der in ihr zu lösenden Aufgaben und Probleme entsteht eine zusätzliche Intelligenz, die den Einzelnen nicht zugänglich wäre.
Die meisten Herausforderungen, die uns
Menschen überfordern, waren nicht unvorhersehbar, sondern wurden
angekündigt oder sind von der Menschheit sogar selbst gemacht: immer
wieder Krieg auch aufgrund einer nicht wirksamen ausgestatteten UNO, einem
Sicherheitsrat, in dem oft ein Veto den Schutz der Opfer blockiert wie in
Syrien.
Die recht treffende Voraussage der
Temperaturerwärmung des von Menschen erzeugten CO2 durch den schwedischen
Nobelpreisträger Svante Arrhenius 1896 war ein Meilenstein in der Forschungsgeschichte des Klimawandels. Schon Anfang
bis Mitte des 20. Jh. wurden wesentliche Techniken zur Vermeidung von CO2 verfügbar,
wie Stromerzeugung durch Wind- und Wasserkraft, Blockheizkraftwerke (Wyndham
New Yorker Hotel 1930), Wärmepumpen, Elektrolokomotiven, -autos mit nachhaltigen Bleiakkumulatoren, Oberleitungsbusse…. Dies benötigt
entsprechende Stromnetzwerke und -anschlüsse. Für die 2 Weltkriege
war leicht transportierbare fossile Energie natürlich besser geeignet. Seit der Präsident der USA Jimmy Carter die Studie
Global 2000 in Auftrag gab und diese 1980 englisch und
deutsch als Paperback veröffentlicht wurde, löste dies
öffentliche Vorträge durch namhafte Wissenschaftler und Politiker aus
und entsprechende Zeitungsartikel. Es war für alle Menschen sichtbar, was
kommt, die sich nur ein wenig für die Zukunft der Menschheit
interessierten.
Eine Pandemie wie die von Corona wurde seit Jahrzehnten erwartet aber nur
wenige Staaten wie Korea, Japan und Taiwan hatten vorgesorgt …
Der Kampf gegen den Welthunger zeigt das wir etwas verbessern
können, wenn kein Corona und kein Krieg wie 2022 dazwischen kommt: Der
Anteil der Menschen weltweit, die in absoluter Armut von weniger als 2,15$ pro Tag leben,
wurde von 1990 38 % auf 2019 8,4% Prozent verringert
…
Mir scheint, vor allem Menschen bringen Menschen in Not und können die Not
beseitigen. Demgegenüber haben natürliche, schlecht vorhersehbare
Ereignisse wie Vulkanausbruch, Erdbeben und Tsunami eher geringe Auswirkungen
und Asteroideneinschläge mit größeren Auswirkungen liegen lange
zurück….
Ein großer Teil des schlecht
Vorhersehbaren entsteht durch Ignorieren des eigenen Nichtwissens. Unwissenheit
erzeugt ein Gefühl von Unsicherheit, da sie mit Kontrollverlust
einhergeht. Unwissenheit durch Lernen und Unsicherheit durch praktische
Erfahrung zu verringern ist einerseits viel Aufwand und andererseits ein
offener, nur teilweise kontrollierbarer Vorgang. Ich werde auf jeden Fall
lernen, wenn ich mich dafür entscheide und mir Zeit zum Lernen
einräume, aber ich werde nicht genau wissen was und wie viel.
Lernen ist quasi angeboren, die erste und wichtigste Übung, mit der wir
Laufen und Sprechen lernten - aber indem das unkontrollierte, eigeninitiative,
offene Lernen unter Kontrolle von Eltern und Schule gebracht wurden, werden oft
große Teile zerstört. Statt die Selbstwirksamkeitserwartungen
wachsen zu lassen, erfahren gerade Schüler:innen eine an pauschalen
Maßstäben gemessene Abwertung, wenn sie nicht der durchschnittlichen
Entwicklung entsprechen - und ggf. Förderung durch Anerkennung
individueller Anstrengungen besonders nötig hätten. Ohne das
Selbstvertrauen mit dem Misslingen von Plänen umgehen zu können, ohne
intrinsische Motivation von Neugier und Entdeckerfreude, ist die
Auseinandersetzung mit Nichtwissen vorwiegend mit unangenehmen Erwartungen
verbunden und wird gern durch Wegschauen vermieden.
Der pauschale Vergleich der
Reproduktionsfähigkeiten von vorwiegend theoretischem Wissen in der Schule
ist eine Diskriminierung und zerstört das Vertrauen, mit jedem Nichtwissen
auch zugleich mögliches Wissen gezeigt zu bekommen und eine
pädagogische Unterstützung in der Lerngemeinschaft der sozialen
Umgebung. Aus der Erfahrung meiner Kinder können nur die engagierten
Lehrer die strukturelle Gewalt der Institution Schule mehr oder weniger
kompensieren. Es liegt an den Lehrenden, ob sie nur Unterstützer bei der
Reproduktion von totem Buchwissen sind oder ob das Wissen hinterfragt und
angewendet wird.
Es bleibt die Gewöhnung der Kinder an abstrakte
Leistungsmaßstäbe, da sinnhafte Projekte für die Gemeinschaft
nur einen kleinen Teil des Unterrichts ausmachen.
Viele Manager behaupten: "If
you can't measure it, you can't manage it". Nur was wir
messen können, können wir managen, steuern und verbessern. Das
erscheint plausibel, ist aber eine Reduktion der Welt auf das rational bekannte
und erkennbare. Es funktioniert nicht mit dem Nichtwissen, also Wahrnehmungen,
für die erst noch Begriffe gefunden werden müssen. Wahrnehmbar ist
nur das, für das schon Begriffe vorhanden sind, die uns Wahrnehmungen aus
den Sinneseindrücken vermitteln. Nur das, wofür wir Begriffe haben,
was wir kennen, können wir erkennen, vergleichen, um es zu erwarten und
planend gestalten und anhand von Maßstäben und Performance-Indikatoren zu messen. So bestätigen sich die Begriffe, die wir haben in
ihrer Anwendung, unsere Erwartungen bewahrheiten sich zum Teil selbst und
verdecken zugleich das Unerwartete. Vorurteile zu haben ist Teil unserer Natur,
unseres Erkenntnissystems, indem es den Erkenntnisaufwand verringert - aber mit
fatalen Folgen.
Die Wirklichkeit, der Bereich, in denen sich Ursache und Wirkungen fortsetzen,
ist immer größer und mit ihren Wechselwirkungen komplexer als die
Welt, für die wir Begriffe haben. Sie wird nur indirekt an dem sichtbar,
was als unerwartet, ungeplant erkennbar wird oder nicht mit Begriffen
identifiziert werden kann.
Wir können nun entweder versuchen das Ungeplante zu ignorieren und zu
reduzieren oder zu entdecken und zu nutzen. Entdecken heißt untersuchen,
ausprobieren und immer wieder das nicht durch bisherige Begriffe
identifizierbare zu suchen, um es zu untersuchen. Kooperative Untersuchungen
beleuchten das Unbekannte von den unterschiedlichen Blickwinkeln aus
individuellen Lerngeschichten und Erfahrungen. Daher waren oft
Kooperationspartner auf neuen technischen Gebieten so erfolgreich: Otto und
Gustav Lilienthal, Hewlett and Packard, James Watt und William Murdoch… Wir
erfahren diese Kraft, wenn wir einmal ein kongeniales Gespräch erleben,
wie die Gedanken aneinander anschließen durch paralleles miteinander
Mitdenken. Umso wirksamer, wenn Kongenialität immer wieder Arbeit und
Projekte befeuert.
Für die Nutzung des Ungeplanten sind heute Start-Ups berühmt. Es
setzt voraus, dass die Selbstwirksamkeitserwartung besteht, zu lernen und aus
Erfahrungen und "Fehlern" mit gegenseitiger Unterstützung zu
lernen.
Wie das Unbekannte reduziert wird, zeigt Wegschauen und Ignoranz. Wenn das nicht hilft, kann eigenständige, schlecht vorhersehbare Lebendigkeit auch durch Abtöten reduziert werden, durch Verbote oder Menschenverachtung, Kolonialismus, Sklaverei, Diktatur, Kriege…. Ausrottung von Menschen, Wildtieren, Urwald, … Umweltzerstörung…. Was nicht kontrolliert nutzbar gemacht werden kann, wird eliminiert.
Die Beschränkung auf das Kontrollierbare birgt zugleich das Risiko, die Mitmenschen als unkontrollierbar und daher als Gefahr anzusehen. Umgekehrt bedeutet dies, erst Beziehungen einzugehen, wenn Partner kontrollierbar sind. In der Ehe und Partnerschaft haben vor allem Frauen darunter zu leiden. Aber überall ist die Kontrolle von Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Wähler:innen … Mitmenschen allgemein zum eigenen Nutzen angestrebt. Kontrolle anhand fester Pläne kostet nicht nur Aufwand, sie kann, wo Kontrolle unrealistisch ist, so verunsichern, dass der Plan ganz aufgegeben wird, statt agil zu arbeiten. Plankontrolle blockiert die "Nutzung" externer Intelligenz, die sich nicht fremdbestimmen lässt und macht alle Beteiligten unglücklich: die Kontrollierten, die um ihre Freiheit kämpfen müssen, die Kontrolleure, weil sie verhasst sind. Die kooperative Intelligenz ist auf das Minimum reduziert, das sich kontrollieren lässt - das ist für mich nicht nur soziale Selbstverdummung, sondern auch Anleitung zum Unglücklichsein. Am Ende ist kann durch die undurchführbaren Pläne nur die eigene Ohnmacht sichergestellt werden. Und ist KEINE Regression in die Hilflosigkeit der Kindheit, denn da wurde mutig gelernt!
Das Leben auf das kontrollierbare Bekannte zu reduzieren, scheint mir eine Hauptursache dafür das wir bei der Lösung von Problemen wie Krieg, Ungerechtigkeit, Hunger, Klimakrise nur kleine oder keine Fortschritte machen. Es ist so widersinnig, denn das eigene Leben selbst ist nur zum Teil kontrollierbar und wir geben jede Kontrolle mit dem unvermeidbaren persönlichen Tod auf. Aber unsere Lebendigkeit setzt sich in ihren Wirkungsketten, in dem Leben der Menschheit, dem Leben der Biosphäre fort, ohne dass ein Ende absehbar wäre. Also fokussiere ich mich auf das, was nach allem Wissen Bestand hat: die Teilhabe an der Lebendigkeit meiner Umwelt und deren Unterstützung.
In humanistische Kooperation decken wir unser Nichtwissen auf und entwickeln Zutrauen darin, so dass wir ungelöste Fragen aushalten können, bis eine Antwort aus unseren Dialogen erwächst und aus den praktischen Erfahrungen auf der agilen Suche nach neuen Wegen. Mit dem Zutrauen in diese Prozesse wird eine offene Frage nicht einfach als unbeantwortbar ad Acta gelegt, sondern wir halten mit dem Wissen um unser Nichtwissen weiter die Augen nach einer möglichen Antwort offen.
Jesus unterrichtete einfache Fischer davon,
dass nicht nur er selbst, sondern alle Menschen Kinder Gottes sind, des
alleinigen Schöpfergottes der Erde, und daher Gott direkt als Vater unser
(und Mutter, da kein Vater ohne Mutter) ansprechen können, Gott bitten
können, und im Gebet angeleitet werden können zu heilen und Gutes zu
tun. Nachdem das Christentum Staatskirche der römischen Diktatur geworden
war, drehte sie die Lehre ins Gegenteil um: kein Mensch ist ohne christliche
Lehre der Kirche in der Lage Gott nahe zu kommen, Maria, Mutter Gottes einmal
ausgenommen. Jesus wird als" einzig" eingeborener Sohn Gottes
isoliert, während (fast) alle Menschen seit Augustin mit der Erbsünde beladen auf die Welt kommen.
Der Meister Jesus sandte die Apostel aus, wie gelernt zu heilen und Gutes zu
tun. Er sagte zu, was auch immer zwei der Jünger auf Erden einmütig
erbitten, werden sie vom himmlischen Vater erhalten (Mat 18:19) aber dies ist
nicht auf die in Jesu Nachfolge beschränkt sondern auch jemand von
Außerhalb kann in Jesu Namen Dämonen austreiben und Jesus fordert
ihn nicht zu hindern (Mar 9:38-39). So glaube ich, dass die Kräfte von
Glauben und Zutrauen allen Menschen als Kinder der Schöpfung zur
Verfügung stehen, die sich darin üben.
Glaube kann manchmal Berge versetzen (1.Kor 13) - aber nur wenn es auch physisch gelingt, Ziele zu erreichen, zu denen der Weg unabsehbar war. Erst aus der praktischen Erfahrung wächst ein Selbstvertrauen und eine Glaubenspraxis des Vertrauens in die Schöpfung, in die Kooperation mit der Intelligenz unserer Umwelt in Menschen, Tieren, Pflanzen, in allem Leben. Wenn die Berge, die hohen Ziele nur in Phantasie und Autosuggestion "versetzt" werden, dann entsteht gleichzeitig ein Misstrauen in die eigenen Fähigkeiten (SelbstUNwirksamkeitserwartung) und in Gott und Schöpfung.
Glaube ist tatsächlich für mich eine
der wichtigsten Ressourcen im entdeckerischen Leben. Nur wenn ich auf die mir
von mir nicht kontrollierten Kräfte vertrauen kann, auf Wissen, Ideen und
Unterstützung der Nächsten, auf die Kreativität der Kooperation,
auf die Schöpfungskräfte allgemein vertraue, kann ich es wagen
neugierig das Ungeplante zu ertasten, es zu begreifen, beschreiben, in die
Planung einzubeziehen … und auch einen 6. Versuch zur Planung und
Umsetzung eines komplexen Verbesserungsvorschlags zu unternehmen mit einem
Gefühl seltsamer Kraft Nachts bis 2:30 an einer Lösung arbeiten und
ohne Frust und Erfolg ins Bett steigen und zuversichtlich am nächsten
Morgen die Lösung durch Probieren zu finden …. Oder diesen Text
über Monate zu entwickeln….
So kenne ich kein Problem, dass ich nicht ein wenig zum Besseren wenden
könnte, wenn ich nur die Beschränktheit meines Wissens im Blick behalte
und mein Nichtwissen eingestehe und ggf. nur das Problem solidarisch ernst
nehme, auf Fachleute verweise und helfe diese zu finden. Meine Unsicherheit und
meine Sorgen, wenn ich neues ausprobiere, ist Teil meiner Ausstattung zum
entdeckerischen Leben. Mir kommt es so vor: Wer keine Angst hat, braucht keinen
Mut, sondern ist übermütig. Und manchmal geht es schief und nur der
Versuch kleiner Schritte mit Prüfung der Ergebnisse hält den Schaden
in Grenzen, den Preis für's Lernen.
Es bedeutet einen Teil der Kontrolle über
mein Leben aufzugeben, um mehr Einfluss auf das Leben zu gewinnen, indem ich
lerne, den Fähigkeiten meiner Mitmenschen mehr und mehr zu vertrauen und
mit meinen Fähigkeiten und deren Grenzen umzugehen. Wenn die Wünsche
der anderen so wichtig sind, wie die meinen, wenn deren Wissen mir jederzeit
mein Nichtwissen aufzeigen und mich lernen lassen kann, dann weiß ich
nicht unbedingt, wohin ich morgen genau gelangen werde. Das wissen wir auch
generell nicht, weil wir ständig durch Unerwartetes, Ungeplantes unser
Nichtwissen erfahren, aber es wird uns bewusst, weil es Teil unserer
Zukunftsvorstellungen wird.
Meine Pläne bleiben wichtig, aber nicht sie zu erfüllen, sondern um
aus der Anpassung der Pläne neue Handlungsmöglichkeiten auf das je
Bestmögliche hin zu schaffen. Wo es hinführt, weiß ich nicht
genau, sondern nur welchen Werten es in welche Richtung folgt. Ich weiß
nicht, ob wir die Klimakrise human bewältigen, aber ich will wenigstens
auf der richtigen Seite, für das Leben gekämpft haben.
Von der Gruppe der Frauen und Männer um Jesus wird berichtet, wie schwer es viel, Kontrolle aufzugeben und ohne die Gewissheiten der Sesshaftigkeit nachzufolgen - aber auch wie dies "Wunder" ermöglichte: dass alle ihre Speisen miteinander teilen, das tausende dadurch satt werden, wird mehrfach als Wunder berichtet. Nicht mehr das Erreichen des Bekannten, des Vertrauen ist das Ziel, sondern Utopien, die über das bisher für möglich erachtete hinausgehen.
Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan. (Mat 07,07). Das funktioniert, wenn ich ein klares Bild habe, was wertvoll ist, für welche Menschen, bei wem um Hilfe anklopfen: Was ist meine Bitte, worum, für wen? Eine positive Utopie der Zukunft wirkt umso stärker, je genauer die Vorstellung und je konkreter mögliche Wege dorthin und vor allem, wenn ich sie nicht allein entwickle: "Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten." (Mat 18,19)
Gerade wenn ich die Geschichten von Jesus von vor 2000 Jahren ganz prosaisch realistisch und materialistisch verstehe, erkenne ich die Machbarkeiten darin. Es ist aus meiner Sicht eine furchtbare Verdrehung, dass die Frohe Botschaft Jesu darin bestehen soll, dass die Menschheit schon seit 2000 Jahren durch den Weg Jesu an das Kreuz gerettet wurde und die Autosuggestion ausreicht, dass für wahr zu halten. Aber Frieden auf der Basis von Autosuggestion lässt sich weit leichter erfolgreich "verkaufen" als ein Frieden aus einer praktischen Nachfolge Jesu, was immer neue Pläne, Utopien und die Verarbeitung ungeplanter Ergebnisse benötigt. Das nötigt fortlaufende geistige und kooperative Anstrengung mit dem Ungeplanten, mit Unsicherheit umzugehen, egal ob die Ergebnisse überraschend gut oder schlecht sind.
Ich verstehe die gute Nachricht des Jesus von
Nazareth darin, die Menschheit KANN sich retten, wenn die Menschen die
Schöpfung und ihre Nächsten wie sich selbst lieben und einander so
behandeln, wie sie selbst behandelt werden wollen. Ich glaube, wir können
das, wenn nicht Jesus der einzige eingeborene Sohn, sondern wir alle Kinder
Gottes sind und darauf vertrauen: "Vater unser…".
Aber damit ließ und lässt sich weder eine Diktatur errichten noch
andere Länder und Völker unterwerfen und versklaven. Es macht ein
Leben nach wortgetreu wiederholten alten Rezepten aus Büchern oder
Anweisungen von oben unmöglich.
Freiheit macht auch Angst, gerade weil wir wenig Übung in entdeckerischem Leben haben, denn unsere christlich-abendländische Kultur entstammt der römischen Militärdiktatur, die sich entwickelte, nachdem Julius Caesar die Republik aushebelte und die in der Konstantinischen Wende das Christentum zur Staatreligion umfunktionierte. Und mit diesen sozialen Erfahrungshintergrund wandelten sich viele abendländische Revolutionen in neue Diktaturen mit neuen Ideologien aber den alten Methoden von Hierarchie und Unterdrückung.
Ganze Gesellschaftsbereiche können sich sozusagen "berufsbedingt" in einer Informations-Filterblase befinden, da die sachbezogene Kommunikation vorwiegend mit den begrenzten Gruppen der beruflichen Kooperation stattfindet. So können ganze Bevölkerungsgruppe von den Politikern vernachlässigt werden, wie alleinerziehende "bildungsferne" Mütter, die nicht in der Lage sind, selbst die komplexen Anträge zu stellen und sich emotional gegen die unterlegene Situation "auf dem Amt" wehren und diese zu vermeiden trachten - und aus demselben Grund teilweise nicht die Hilfe von caritativen Organisationen suchen.[3]
In den Sozialen Medien sorgt das gegenseitige
Bestätigen von Texten, die Einzelne ohne Kooperation mit anderen
geschrieben haben, inzwischen für das Entstehen immer neuer Filterblasen,
d.h. Informationsblasen in denen Menschen meist ohne praktische Erfahrung
ähnliche Meinungen gegenseitig bestätigen, ohne sie zu hinterfragen.
Auch in den Demokratien treten immer wieder Informationsblasen auf, wenn nicht
alle Gruppen, die von einer Maßnahme betroffen sind, zu deren Evaluation
involviert werden. Teilweise werden solche Filterblasen erst durch praktische
Hindernisse durchstochen, wie beim Projekt des Flughafen Berlin Brandenburg dessen Probebetrieb erst am 8. Mai 2012, ein Monat
vor der geplanten Eröffnung am 3. Juni 2012 abgebrochen wurde da weitere
Baumaßnahmen erforderlich waren, die 8 Jahre benötigten.
Obwohl sich die Klimakrise zur Katastrophe beschleunigt, war den Grünen
auf ihrem Parteitag am 16.10.2022 die Abschaltung der 3
letzten noch laufenden Atomkraftwerke Isar, Neckarwestheim und Emsland zum 15. April 2023 mit einer Gesamtnettoleistung von 35
Terrawattstunden jährlich mehr wert als die Stilllegung eines
Braunkohlekraftwerks wie Neurath, für das der Ort Lützerath noch abgebaggert wurde und das für knapp 32 Terrawattstunden
jährlich mehr als 20 Mill Tonnen CO2 produziert - das sind ca. 3% der 675 Mill t CO2, die Deutschland 2021 insgesamt
produziert hat. Tempo 120 bringt 1%, ca. 6,7 Mill Tonnen CO2-Verminderung
jährlich[4].
Erst mit der Fähigkeit, gesellschaftliche und soziale Schranken durch Kommunikation zu überwinden, können wir die Filterblasen, in denen wir leben durchstoßen und offen lernende Dialoge und humanistische Kooperation in Gang setzen. Jede Gemeinschaft, jede Gruppe erzeugt einen Gruppendruck gegenseitiger Bestätigung und das bedingt immer eine Informationsblase innerhalb der Gruppe. Erst durch die Mitgliedschaft in verschiedenen Gruppen, kann ich zu den jeweilig anderen Gruppen in Distanz treten und eine Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Die Erweiterung des Weltbildes durch die gleichzeitige Mitgliedschaft in konkurrierenden Gruppenwird leider oft als "schräg" angesehen, weil die Diskussion alternativer Wahrheiten aufwändig ist und schlecht kontrollierbares Nichtwissen aufzeigt, also Kontrollverlust bedingt.
Gewaltbereite Gruppen sind aus ihren Gesellschaften wegen ihrer Verbrechen ausgegrenzt, auch Autokraten, die sich selbst mit Personenkult bejubeln lassen. Jeder Autokrat, der seine politische Macht dazu nutzt, dass er nicht mehr von der Mehrheit der Bürger abgewählt oder vom Rechtssystem wegen Gesetzesbruch abgesetzt werden kann, weiß, dass eigenständig denkende Menschen seiner Umgebung die Notwendigkeit sehen können, die Herrschaft durch Tyrannenmord beenden, um weiteren hohen Schaden an der Gesellschaft abzuwenden. Also sind Autokraten gezwungen, Ja-Sager um sich zu sammeln und ihre Herrschaft verliert daher mit der Zeit an sozialer Intelligenz und Regierungskompetenz.
Ich nenne diesen Vorgang "Autokratendemenz", weil der stärkste Risikofaktor für die Ausprägung von Altersdemenz keineswegs die neurobiologischen Vorgänge sind, sondern das Fehlen praktischer Betätigung im einem sozialen Umfeld. Die #Nonnenstudie[5] zeigt, das Leben in einem Kloster verhindert nicht die Verkalkung, die Eiweißablagerungen, aber die praktische Kooperation erhält eine Neurogenese und Neuroplastizität, die deren Auswirkungen kompensiert. Du tust auf jeden Fall, was Du kannst und alle respektieren Deine beschränkten Fähigkeiten und integrieren sie so in die Kooperation, das diese trotzdem für alle! Befriedigende Ergebnisse zeigt. Da waren die Kartoffelschalen meiner alten Tante Emma eben ein bisschen dicker…, aber wie meine Mutter sage: Sie kann weiter schälen und wir und die Tiere werden satt!
Demenz ist zugleich ein sich selbst
verstärkender Vorgang, je mehr praktisches Handeln vermieden wird,
gescheiterte Versuche als Misserfolge gedeutet werden, desto weniger
Selbstwirksamkeitserwartung, desto weniger Versuche, desto weniger praktische
Kooperation und Aktivität, desto mehr Demenz, entsprechend dem
Umkehrschluss aus dem Ergebnis der Nonnenstudie.
Ebenso ist die Informationsfilterblase selbstverstärkend. Je mehr
unwidersprochene, unhinterfragt für wahr gehaltene Information, desto mehr
wird Nicht-Wissen abgelehnt, abweichende Information für unbrauchbar
gehalten, desto stärker der Dunning-Kruger-Effekt, bisheriges nicht
praktisch überprüftes Wissen zu überschätzen. Dies
lässt sich mit weiteren kognitiven Verzerrungen kombinieren und mit
Folgen des Fanatismus
als Deaktivieren des Lernens.
Der Autokrat, der sich im Laufe der Jahre mehr und mehr mit loyalen Mitarbeitern umgibt, die ihm nur sagen, was er gewünscht, ist von den Folgen der Autokratie ebenso abgeschirmt, wie die Untertanen von den Möglichkeiten praktischer Verbesserung.
Daher umso seltsamere, kontraproduktive Entscheidungen je älter eine Autokratie.[6] Natürlich ist die Autokratendemenz auch von der individuellen psychischen Konstitution des Autokraten geprägt, der Neigung zu Paranoia, Drogenkonsum, Krankheiten, sozialem Umfeld … und nicht zuletzt durch die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Nutzung kooperativer Intelligenz - in einem von ihnen kontrollierten Maße. Marc Aurel beschreibt in seiner Autobiographie, dass er einen Kreis von Vertrauten hatte, die ihm ungeschminkt die Meinung sagen durfte. Als diese allesamt verstorben waren, begab er sich in einen inneren Dialog mit ihnen, um eine kritische Meinung zu erfahren.
In kommunistischen Diktaturen wird die Wirkung der Autokratendemenz teilweise durch die Macht des Politbüros kompensiert: zum einen ist dort durch die verteilte Macht noch Diskussion notwendig, die teilweise grobe Fehler vermeidet. Wenn dies auch keine komplette Vergreisung des Politbüros vermeiden kann, so der gegenseitige mafiose Schutz Voraussetzung, sich zum anderen im Alter zur Ruhe setzen zu können und Jüngere nachrücken zu lassen ohne Angst vor der Verfolgung von Straftaten nach dem Verlust der Macht. Das erspart die Kämpfe um den Machterhalt alter Autokraten oder die Inthronisation ihrer Zöglinge (Mobutu Sese Seko, Robert Mugabe …).
Ein für mich ähnlicher Vorgang ist
die Beschränkung praktischer kooperativer Erfahrung in einer Gesellschaft
durch Tabu's, selektive soziale Gesellschaften, Unterdrückung,
hierarchischer Organisation von Befehl/Anweisung und Gehorsam ohne
hinterfragenden Dialog und arbeitsteilige Produktion. Ohne die Kompetenz aus
persönlicher praktischer Erfahrung ist die Erwartung selbst wirksam etwas
beeinflussen zu können, die Selbstwirksamkeitserwartung, entsprechend gering. Vielen fehlt daher die praktische Erfahrung in
für sie wichtigen Lebensbereichen selbst Ziele und Pläne zu
entwickeln, es bleibt dann nur der Versuch, Veränderung zu verhindern.
Dafür reicht eine Meinung, die durch eine Informationsfilterblase
geschützt wird, deren Mangel an Argumenten und Kausalitäten folgenlos
erscheint. Da nur das Bestehende bewahrt wird und ansonsten keine Prognosen und
darauf basierende Handlungspläne erstellt und umgesetzt werden, werden
auch keine Abweichungen in der praktischen Umsetzung sichtbar. Das führt
zum Dunning-Kruger-Effekt, dass das eigene wenige
nicht angewendete theoretische Wissen wird überschätzt und das Wissen
erfahrener Fachleute unterschätzt. So bildet sich eine
Informationsfilterblase auf der Seite der politischen Akteure einerseits, seien
es Demokraten oder Autokraten, und andererseits auf Seiten der von den Entscheidungen
Betroffenen, die ihre Erfahrungen nur ganz sporadisch den Verursachern
mitteilen können. Auf beiden Seiten scheinen mir die Meinungen immer
weniger Argumente zu enthalten, weil die politischen Akteure sich wenig
für die Folgen ihrer Programme, die betroffenen Besitzstandswahrer sich
kaum für Prognosen und Handlungsalternativen interessieren.
Demonstrationen, Proteste, Petitionen sind die wenigen Mittel der Bürger sich
eigeninitiativ außerhalb der Parteien an der Politik zu beteiligen und sich
überhaupt bemerkbar zu machen. Fehlt diese Fähigkeit zur
Selbstorganisation wenigstens von Protest, dann gerät auch in Deutschland
z.B. die Armut und Leid bildungsferner Mütter und ihrer Kinder
jahrzehntelang aus dem Blickfeld der allermeisten Politiker.
Diese Informationsfilterblasen bilden sich
auch in den Hierarchien von Betrieben, trotzdem Chef:in und Mitarbeiter oft nur
eine Tür voneinander getrennt sind. Wesentlich ist die unterschiedliche
Beschreibung der Situation durch unterschiedliche Begrifflichkeit. Das
Management sieht nur gut zählbare Dinge wie Kosten, Mitarbeiter, definierte
zählbare Ereignisse, Messungen und ihre abstrakte Auswertungen in
Statistiken. "If
you can't measure it, you can't manage it". These: Nur was wir messen
können, können wir managen. Die Mitarbeiter aber sehen
die komplexen Kausalitätsketten von Abhängigkeiten, die zu Problemen
führen. Vielen Mitarbeitern sind die Statistiken ebenso unbekannt wie dem
Management die komplexen Kausalitäten. Es fehlt die Übersetzung in
die Sprache des anderen, z.B. wie oft welche Abhängigkeiten und
Kausalitäten zu welchen Folgen führen. Die Wirklichkeit ist immer
vielfältiger als ihre in Sprache oder anderen Medien erfolgte
Beschreibung. Die Ausführenden werden oft als konservativ empfunden,
widerständig gegen die doch offensichtlichen Verbesserungsmöglichkeiten,
die das Management sieht. Aber Wirklichkeit selbst ist konservativ. Von den
vielen Gedankenexperimenten, die möglich erscheinen etwas zu verbessern,
sind nur wenige geeignet, mittels der physisch und informationstechnisch
gegebenen Möglichkeiten tatsächlich eine Verbesserung zu bewirken.
Und diese Verbesserung muss Schritt für Schritt eingeführt werden,
ohne dass das operative Geschäft längerfristig eingeschränkt wird
und der Umsatz einbricht.
Daher ist zumeist nur die gegenseitige Teilnahme und Begleitung an der Arbeit
in Management und Auftragsausführung die Möglichkeit, die
beschränkende Informationsfilterblase zu durchbrechen. Agile Teams
integrieren dazu die Funktion des Managements und der Auftragsausführung
auf einer Ebene ohne Hierarchie.
Die schiere Informationsmenge in den beiden Bereichen Management und Ausführung ist ebenfalls ein Problem, das nur durch einfache, aber plausible strukturierte und klassifizierte Dokumentation und Vermeidung von Redundanz gelöst werden kann. Leider hat oft jede Abteilung ihre eigene Struktur in der Datenablage, so dass die Informationen für Mitarbeiter anderer Abteilungen schwer zu finden sind. Auch von Regierung und Parlamenten werden gerne eigene Internetseiten geschaffen, statt das zentrale gemeinsame Dokumentenmanagement (govdata.de) für Bund, Länder und Gemeinden von denselben genutzt wird. Sinnvoll ist eine Verlinkung der Dokumente, so dass in der einen Richtung die Übersichtsdarstellungen leicht erreicht werden können und in der anderen Richtung die Detailuntersuchungen.
Die Arbeitsteilung der bürgerlichen Gesellschaft an sich zerstört die Beziehung von Produktion und Konsumption, den Informationsaustausch von Herstellern und Nutzern, wie schon Hegel und der frühe Karl Marx die entfremdete Arbeit beschrieben. Die Produzenten verschiedener Komponenten und die Konsumenten leben in einer je eigenen Informationsfilterblase. Daher werden oft Produkte "am Markt" vorbei entwickelt, da sie wenig Gegenliebe bei den Konsumenten finden. Oder die Produzenten verführen die Konsumenten mit Werbung zu immer unpassenderen Produkten, z.B. Auto's, die zu groß sind für die Parkplätze.
Aber auch die Wissenschaften sind vor Informationsblasen nicht gefeit, aufgrund von Nähe-Verzerrung und Wissenschafts-Bias und Déformation professionnelle, die Methoden des eigenen Berufs auf alle Bereiche des Lebens zu übertragen und anzuwenden. Gerade die Zukunftsprognosen von Spezialisten auf ihrem Fachgebiet liegen oft massiv falsch, weil sie das Problem vorwiegend aus seiner inneren Struktur sehen, aber dafür die Abhängigkeiten vom großen Ganzen der Umwelt geringschätzen. Daher sind die Prognosen von Generalisten oft langfristig treffender. Svante Arrhenius, Nobelpreisträger für Chemie 1903, arbeitete außerdem in der Immunforschung, Kosmologie und Geophysik und veröffentlichte April 1896 einen Artikel von 39 Seiten mit der Prognose einer globale Erwärmung aufgrund der anthropogenen Kohlendioxid-Emission.
Der Autokratendemenz entspricht die
Untertanendemenz, in der sich die Untertanen mehr und mehr daran gewöhnen,
nichts ändern zu können, sich gegenseitig darin bestärken und
daher über politische Betätigung gar nicht erst nachdenken. Beides
wird durch die Filterblase der je eigenen Gruppe befördert.
Weiterhin wird oft die soziale kooperative Intelligenz im Machtbereich durch
Gleichschaltung der Medien und Verbot, Verfolgung und Bestrafung Andersdenkender
zerstört mit der Propaganda, dass die Meinung des Autokraten, seine
Entscheidungen und Befehle das einzig Wahre sind. Das Diktum, das eine Autokratie zur Diktatur macht, ist eine durch die Macht bewehrte,
künstlich erzeugte Informationsfilterblase. Damit wird genau die
Berufsgruppe "außer Gefecht" setzt, deren Funktion es ist,
Informationen aus allen Bereichen der Gesellschaft zu generieren und allen
Menschen bereitzustellen. Weiterhin wird das Diktum verwendet, um die junge
Bevölkerung zu Untertanen zu schulen, es zu deren einzigem Weltbild
aufzubauen.
Die kooperative Intelligenz der Bevölkerung kann nur durch ihre Anwendung wachsen. Wird diese weitgehend unterdrückt, dann fehlt die Möglichkeit positiver Erfahrung damit zum Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartung, kooperativ Probleme Lösungen zu können. So wächst sich umgekehrt die Untertanendemenz zur Sklaverei aus: ich darf nicht, ich kann nicht, es gibt keine Möglichkeit, keine Aussicht auf Besserung.
Wenn die Autokratendemenz die kooperative Intelligenz in Regierung und Bevölkerung durch absolut(istisch)e Wahrheit des Diktums ersetzt, dann entwickelt sich in der Diktatur ein Fanatismus, in dem immer mehr absolute Wahrheiten das Lernen verhindern und die Fehlentscheidungen, der Schaden für die Bevölkerung, immer weiter zunehmen. Diese praktischen Auswirkungen sind für Autokraten wie Untertanen "eigentlich" unübersehbar und können nur durch verstärkten Fanatismus in den gleichgeschalteten Medien kompensiert werden, vor allem durch: Schuld sind immer die "Anderen". Krieg nicht nur gegen andere Länder, sondern auch gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen wie religiöse oder soziale Minderheiten, Bevölkerungsgruppen anderer ethnischer Herkunft, andere politische Parteien, aber auch gegen Dealer und Drogensüchtige, Terroristen, … ist vor allem im späten Lebenszyklus eines Autokraten / einer Autokratie ein Mittel, einen äußeren Feind zu schaffen, gegen den der Fanatismus der gleichgeschalteten Medien gerichtet werden kann. Gleichzeitig wird die Untertanendemenz mit der Drohung verstärkt, jede Ähnlichkeit mit den Feinden zu vermeiden, die die Autokratie zu ihren Feinden erklärt hat, da sonst Verfolgung und Tod drohen.
Die Kombination der Filterblasen von Autokraten- und Untertanendemenz und Fanatismus schützt davor, die Folgen der Zerstörung der kooperativen Intelligenz zu erkennen. Die Wirkungen des autokratischen Systems von Zwangswirtschaft und Armee werden erst öffentlich sichtbar, wenn durch Zusammenbruch der Wirtschaft, Hungersnöte, Umweltschäden oder die praktischen Folgen verlorener Kriege die Existenz der Bevölkerung nicht mehr gesichert werden kann. Aber selbst dann wird aus dem Fanatismus eine ungeheure Leidensfähigkeit entwickelt, wie das Dritte Reich und Nordkorea zeigen.
Wer nicht irren kann, kann nicht lernen, denn "Nichtwissen ist der Keim allen Wissens".
Was ein Mensch für Modelle der Welt denken kann, hängt wesentlich seinem Selbstbild, dem eigenen Bild oder Modell der eigenen Erkenntnisfähigkeit ab.
Absolut sicheres Wissen hindert sicher am Lernen - so sicher wie sich Menschen überhaupt sein können. Wenn wir das Wissen von einem Bereich der Welt für absolut sicher und vollständig halten, dann wird automatisch jede widersprechende und nicht ableitbare Aussage zu einer Falschaussage, die abgelehnt werden kann, ohne sie weiter zu untersuchen. Erst die Annahme der Möglichkeit von Nichtwissen ermöglicht, dieses zu suchen, zu untersuchen und dazulernen zu können. Erst die Möglichkeit von Nichtwissen und Irrtümern macht es sinnvoll, bisheriges Wissen zu hinterfragen und zu revidieren. Ergebnis: Wo ich nicht irren kann, kann ich nicht dazulernen.
Die Annahme von absolut sicherem Wissen, wo also kein Irrtum möglich ist, enthält eine doppelte Aussage über die eigene Erkenntnisfähigkeit:
1. Es gibt die Möglichkeit von Wissen, das absolut sicher wahr ist. Das kann eine Aussage über sich selbst wie "ich denke, also bin ich" (existiere ich) sein oder eine Aussage über die Welt wie "Es gibt nur einen Gott."
2. Es gibt einen Bereich, in dem alles wesentliche Wissen absolut sicher wahr und vollständig bekannt ist. Also gibt es daher gibt es kein relevantes Nichtwissen und alles wiedersprechende oder sogar alles abweichende Wissen ist sofort als falsch erkennbar.
3. Aus dem bisherigen Wissen lassen sich alle künftigen Entwicklungen ableiten.
4. Alle direkten Widersprüche zum Beispiel aus der sinnlichen Wahrnehmung sind entweder irrelevant, marginal oder nicht glaubwürdig, z.B. Berichte von anderen beobachtet sind absichtlich aus deren Erkenntnisinteresse verfälscht oder aus anderen Gründen wie fehlendes (Vorher)wissen….
Auch wenn mir dieses erkenntnistheoretische Modell absoluten Wissens als Standardmodell des Christentums von der Konstantinischen Wende im 4 Jh. bis zur Säkularisation im 19./20.Jh. ins Auge fällt, so ist es doch ein Mechanismus, der universell immer wieder angewendet wird.
"Ich besitze absolute Wahrheit, die kann
sich nicht irren" das ist ein Besitz, mit dem sich Menschen umso eher
identifizieren, je mehr sie sich damit vor einer Verunsicherung durch eine sich
schnell ändernde, komplexe und mehrdeutigen Welt (VUCA) schützen - statt gemeinschaftlich umso leichter zu lernen.
Absolute Wahrheiten als Schutz vor Unsicherheit werden schnell als
unverzichtbarer Teil der eigenen Persönlichkeit identifiziert. So kann die
"Wahrheit" nicht mehr aus der Distanz oder aus der (Welt)Sicht
anderer Menschen betrachten werden. Ein "Glauben sie nicht alles, was sie
Denken" und Lernen aus Widersprüchen… wird unmöglich.
Lernen vollzieht sich als Spielen mit Möglichkeiten, mit Ideen.
So gehen intellektuelle Fähigkeiten wie Zweifel, "Glaube nicht alles,
was Du denkst", Suche nach Nichtwissen, Lernen, und kooperative
Intelligenz verloren. Damit geht die geistige Fähigkeit der bewussten
Modifikation und Entwicklung des eigenen Wissens verloren. Das absolute Wissen
wird existentiell, ist durch die eigene Existenz gegeben und ohne dieses ist
die eigene Existenz "undenkbar" und in Gefahr. Daher passt der
Begriff des Fanatismus von fanaticus; "göttlich inspiriert",
d.h. das Wissen erscheint als extern generiert, außerhalb der
Verantwortung des Bewusstseins.
Fanatismus aus a) Mensch kann absolut wahres Wissen erkennen b) absolut wahr ist …. c) ich identifiziere mich mit a) und b), kann ganz alltäglich ablaufen, ohne überbordende Emotionalität und Exaltiertheit, denn die stellt sich erst im Dialog ein, wenn absolute Wahrheiten hinterfragt und damit angegriffen werden oder versucht wird, sie durch "Missionieren" zu verbreiten.
Der Verlust der Lernfähigkeit im Bereich des absoluten Wissens stabilisiert eben dieses Wissen - da jedes Nichtwissen als Möglichkeit des Lernens abgelehnt wird, bleibt nur etwas deduktives Ableiten, das die Prämissen nicht in Frage stellt und Wahrnehmungen, die das bisherige Wissen bestätigen. Fanatismus ist also selbstbestätigend aber die Stabilität wird noch durch mediale Fixierung der Ideen und Glaubenswahrheiten gesteigert.
Der Fanatismus konnte sich in der Geschichte
mit der Entwicklung von Schrift, Propaganda, Kodex und Buchdruck, Internet und
moderne Soziale Medien immer besser ausbreiten. Die einfache stabile Fixierung
von "fest stehenden" Wahrheiten und Ideen durch ein Medium, vor allem
durch Schrift, ermöglicht erst ihre genaue und massenhafte
Reproduzierbarkeit und die ständige Überprüfung von
Abweichungen. Historisch wurde die Schrift, als Keilschrift zuerst zur Aufzeichnung von Anweisungen Tempeladministration,
politischen Schriften und Verträgen als Machtinstrument eingesetzt von den
Autoren über die Leser. Die Arbeitsteilung manifestiert zugleich die
Autorität der Schreiber, da bis heute die Autoren eines Buches nicht
einfach befragt werden können oder das Wissen durch Rückfragen hinterfragt
werden kann, einfach schon, weil keine Kontaktadressen hinterlegt sind.
Allenfalls über den Verlag kann Kontakt zu Autoren hergestellt werden.
Aber auch in der bidirektionalen Kommunikation der Sozialen Medien findet wenig
Hinterfragung der eigenen Argumente statt, mit folglich geringer Bereitschaft
sich hinterfragen zu lassen. So bleibt oft nur grundsätzliche Zustimmung
und Ablehnung ohne Rücksicht darauf, das Wissen immer ambivalent ist: Je
mehr Wissen wir haben, desto schneller können wir verstehen, was wir
wahrnehmen und die Zukunft abschätzen. Jedes Infragestellen und
Überprüfen ist erheblicher Mehraufwand, der sich erst lohnt, wenn
eine praktische Lösung davon abhängt. Infragestellungen sind umso
weniger aufwändig, je mehr Menschen mit Argumenten und praktischer
Erfahrung daran beteiligt sind. Mit dem Wissen nimmt auch das Wissen um das
Nichtwissen zu[7]
und die Notwendigkeit sich zu entscheiden, wo sich die weitere Nachforschung
lohnt.
Praktische Kooperation ist in den Sozialen Medien zumeist schlecht möglich - vielleicht ist das ein Grund auch für die fehlende Hinterfragung …. Ein "Like" ist viel leichter gesetzt als eine Frage und ein daraus folgender Dialog. Mit genügender gegenseitiger Bestätigung erscheint eine Meinung dann so sicher wahr zu sein, dass sie nur noch verbreitet werden muss - Irrtum ausgeschlossen. Der Trend zum Fanatismus in den Sozialen Medien oder Büchern ist scheint mir auch durch die Struktur der Kommunikation mit verursacht und durch den Verlust an Dialog und praktischer Kooperation.
Der Fanatismus, der uns in den Kriegen der letzten 10000 Jahren seit der Neolithischen
Revolution der Sesshaftigkeit in der Jungsteinzeit plagt, erklärt sich mir daher aus der Arbeitsteilung, aus machtvollen
Hierarchien, die von oben absolute Wahrheiten festlegen und den Nebenwirkungen
des Gebrauchs von Medien als "kein Wunder". Die soziale Stellung
beruhte und beruht teilweise bis heute auf der unhinterfragten Anerkennung von Überlieferung
und Herrschaftswissen, des von den Herrschenden vorgegebenen Wissens, statt in
der Fähigkeit, selbsttätig und gemeinsam Wissen aus Erfahrung zu
generieren. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe wird oft durch die
Zustimmung zu spezifischen gemeinsamen Wahrheiten bestätigt, worauf
wiederum die emotionale Identifikation mit der Gruppe und ihren Wahrheiten
beruht. Die Bestätigung von extremistischen Wahrheiten ist wesentlicher
Motor von Radikalisierungen in Gruppen der Sozialen Medien. Ein drohender Verlust
der sozialen Rolle und deren Anerkennung bis hin zu Identitätsverlust ist eine Motivation fanatisch die gemeinsamen Wahrheiten der Gruppe zu
verteidigen.
In der mündlichen Überlieferung der Wildbeuter
(Jäger und Sammler) musste sich
überprüfbares Wissen immer wieder in Erfahrungen bestätigen und
so vollzieht sich auch bei Überlieferungen oft eine unbewusste Anpassung
von Wahrheiten an sich verändernde Lebenssituationen.
Fanatismus erscheint mir wie ein langer Strohhalm zum Luftholen, der das
Schwimmen im Wasser ersetzt. Es gibt dann nur noch einen Reflex: am Strohhalm
der absoluten Wahrheit festklammern. Wenn wir uns eingestehen, dass alles, was
wir wissen, alle Wahrheiten, auch alles Nichtwissen von Menschen gemacht ist,
dann können wir Menschen diese Wahrheiten auch prüfen und ändern.
Viele Menschen haben in der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie von Albert Ellis gelernt, die Verantwortung für ihre Gedanken praktisch zu
übernehmen, so auch ich.
Die Mechanismen von Fanatismus und Krieg wurden und werden auch in den Kriegserklärungen von Demokraten genutzt, um Wahlkämpfe zu gewinnen, wie der Krieg gegen den Terror seit dem 20. Sept. 2001 nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 Daraus wurde der Irakkrieg 20.3.-1.5.2003 entwickelt, ein wichtiger Faktor für die Präsidentschaftswahl der USA November 2004 war. Ähnlich der Krieg gegen die Drogen, von Richard Nixon 18.6.1971 erklärt für seine Wiederwahl 7.11.1972. Der Fanatismus dieses "Bügrerkrieges" ist ein wesentlicher Faktor, dass die USA seit Jahrzehnten die höchste Zahl von Gefängnisinsassen der Welt hat, 2018 655 pro 100.000 Einwohner, vergl. Deutschland. 78, aber trotzdem 10 mal mehr Drogentote pro 100.000 Einwohner (2019).
Der "Krieg um des Friedens willen", der Versuch, den Krieg mit dem Krieg zu beseitigen durch Unterwerfung des Gegners, hat immer wieder in den letzten 5000 Jahren Menschheitsgeschichte bis in die heutige Zeit zu jahrzehntelangen Kriegen geführt mit Verwüstung ganzer Kulturen, Traumatisierung ganzer Völker.
Die Atomwaffen sind dabei ein "Gamechanger" geworden, da die Regierungen, die über sie verfügen mit der nahezu vollständigen Vernichtung ganzer Länder drohen können oder des menschlichen Lebens auf der Erde durch einen Atomaren Winter. Kriegsziele, die in die Richtung gehen, ein Land mit Atomwaffen oder dessen Autokraten zu "besiegen", verschweigen, dass die Folgen bis in die Dimension von Milliarden Toten gehen können.
Die Ethik der Goldenen Regel achtet JEDEN auch Verbrecher als Menschen gleichen Rechtes und fordert die Kommunikation. Dem widerspricht die Unterbrechung eines Dialogs mit dem Argument, dies sind Feinde in einem Krieg, Terroristen oder z.B. die "Achse des Bösen". In Afghanistan war aus meiner Sicht die Weigerung mit den Taliban zu verhandeln, ihre Verbrechen vor Gericht zu stellen und stattdessen Kriegsjustiz durchzuführen oder "Kills" mit dem Kollateralschaden des Tötens Unschuldiger, ein wesentlicher Faktor für den Zulauf aus der Bevölkerung bis zur vollständigen Restauration ihrer Autokratie. Wenn die Schädigung des feindlichen Staates nicht nur dessen Armee und Regierung trifft, sondern auch die Zivilbevölkerung, dann zwingt dies in Solidarität mit der autokratischen Regierung.
Nach meiner Erfahrung wird gerade von Menschen, die das Recht des Stärkeren anwenden, dies auch von anderen erwartet. Leider nicht ganz zu Unrecht, weil oft eine Aggression reziprok mit Aggression beantwortet wird, "Wie Du mir, so ich Dir", abgeschwächt: "Wie Mensch in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." D.h. Aggressive, Fanatiker, Verbrecher, sind teilweise in der Lage, ihre Verhaltensweisen auf ihre Opfer, Beteiligte und Zuschauer zu übertragen. So können sie ihr eigenes Handeln rechtfertigen, die anderen sind ja auch nicht besser, und zugleich den Anspruch der Goldene Regel ablehnen - eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Die Fähigkeit zu Leiden, nicht "Zurückzuschlagen" ist die Voraussetzung zu einem Verzeihen und zu einer Kommunikation, die die Goldene Regel wieder aufrichtet und ein gedeihliches Zusammenleben ermöglicht.
Leider ist in den arbeitsteiligen
Gesellschaften gerade der Aufbau dieser Kommunikation zwischen Tätern,
Opfern und anderen Betroffenen schwierig bis unmöglich geworden. Wenn
Soldaten der US-Armee Bildschirme in Deutschland bedienen, um mit einer Drohne
Zivilisten im Irak zu töten, dann ist Kommunikation ebenso unmöglich
wie bei dem Abschluss einer Kalibr Lenkwaffe auf der Krim, die Zivilisten nahe Kiew tötet.
Die Umweltschäden einer Fabrik treten meist noch in deren Nähe auf,
aber der Abfall ihrer Produkte kann überall auf der Erde zu finden sein. Bei
CO2 und anderen Treibhausgasen ist die ganze Welt betroffen.
Bei den Fluorchlorkohlenwasserstoffen war eine koordinierte Kommunikation von Politikern und Wissenschaftlern möglich und die Zerstörung der Ozonschicht konnte durch die Umsetzung des Montreal-Protokoll 1987 erfolgreich vermieden werden, weil die Maßnahmen relativ geringe Auswirkungen auf das Leben der Menschen hatten. Sind die Auswirkungen einer vorausschauenden Politik gravierend wie bei Corona und zudem noch langfristig wie bei der Klimakatastrophe, dann verbleiben auch in den meisten parlamentarischen Demokratien Bürger und Politiker in unterschiedlichen Informationsblasen. Als Ausnahme bei Corona zeigen sich Japan, Taiwan und Südkorea, deren Bürger ihrer sozialen Umgebung hohe Achtsamkeit schenken und die schon Erfahrung mit ähnlichen Epidemien hatten - und daher nur 600-680 Tote pro Million Einwohner statt der 2700 (Stand 25.3.2023) der Europäischen Union.
Das Essen vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse hat den Menschen aus dem Paradies vertrieben (1.Mose 3). Aber so schlecht kann die Kenntnis von Gut und Böse nicht sein: Ohne die Voraussicht, welche Handlungen bessere oder schlechtere Folgen hat, ist es kaum möglich, zwischen Handlungsalternativen zu wählen. Eine Erkenntnis von Gut und Schlecht ist Voraussetzung für die Freiheit der Wahl.
Andererseits war der vermeintliche Besitz einer Erkenntnis dessen, was für alle Menschen und alle Zeit gut und schlecht ist, die Voraussetzung für Massenmorde in Kreuzzügen, Kolonien und in furchtbaren Kriegen.
Natürlich haben Verständnis der Vergangenheit und Genauigkeit der Zukunftsprognosen durch die Naturwissenschaften stark zugenommen. Trotzdem ist unsere Erkenntnis der Umwelt und die Zukunftsprognose unsicher, da die Wechselwirkungen in der Biosphäre und in den menschlichen Gesellschaften so vielfältig sind, dass wie beim Wetter nur kurzfristige Prognosen möglich sind und längerfristige sehr schnell ungenau werden.
Aussagen der Art, "alles ist Physik und
Chemie" sind aus meiner Sicht dadurch falsch, dass sie unvollständig
sind und die Situation des Lebens so gravierend vereinfachen, das damit kaum
noch Prognosen möglich ist. Auch komplexere Erklärungen der
Entwicklung des Lebens wie die Evolutionstheorie wurden über hundert Jahre
durch ideologische Engführung wie dem Darwinismus eingeschränkt.
Dessen Grundannahme das die Natur die Arten wie ein menschlicher Züchter
nur selektiert weiterleben lässt, basiert auf den im wahrsten Sinne des
Wortes bruchstückhaften archäologischen Funden, die ein Aussterben
von Arten weit häufiger annehmen lassen, als in der Wirklichkeit, in der
der Wandel, die Evolution der Arten überwiegt.
Das hat den Blick versperrt, wie wichtig Symbiosen zwischen verschiedenen Arten
für das Überleben von Arten ist. Nur Pilze und Pflanzen gemeinsam
konnten das Festland erobern. In der Symbiose entscheidet aber oft nicht die
körperliche Überlegenheit der Individuen und die individuelle
Effektivität ihres Verhaltens über das Weiterleben, sondern die
Fähigkeit, das Verhalten der Symbiosepartner zu prognostizieren und damit
den Austausch und die Leistungs- und Lebensfähigkeit der
Symbiosegemeinschaft zu stärken. Diese Fähigkeit ist immer mit
Intelligenz verbunden, die in Folge des Darwinismus bei "niederen"
Lebensformen nicht vermutet und daher auch nicht entdeckt wurde. Erst mit dem
Blick auf die Bedeutung von symbiotischem Verhalten wurden in den letzten 20-30
Jahren die Intelligenz auch der Pflanzen wie das Pawlowsche Verhalten der Erbse
und Kommunikation zwischen Bäumen entdeckt und angelerntes kooperatives Verhalten
in der Kultur von Herden und Rudeln erforscht. Bisheriges Wissen kann
vorgeblich intelligenten Wissenschaftlern den Blick auf Intelligenz anderer
Kulturen versperren wie bei Thomas
Robert Malthus, dessen berühmtes Buch "Das Bevölkerungsgesetz" (engl. An essay on the principle of population, as it affects
the future improvement of society…) in der ersten Untersuchung die
Indianer Amerikas betrachtet und eine Hasstriade über diese Kultur
ausschüttet, denn wie ihm bekannt war, passen die Indianerrinnen
tatsächlich ihre Geburtenrate recht gut den verfügbaren
ökologischen Ressourcen an. Malthus wollte doch aber gerade beweisen, dass
für alle Menschen und sogar Tiere das universelle Gesetz gilt, das die
Reproduktion exponentiell aber die Ressourcen nur linear steigen. Statt zu
entdecken wie destruktiv und selbstzerstörerisch die abendländische
Kultur und deren Bevölkerungswachstum ist, verwendet er seine Intelligenz
dazu, Gründe zu suchen, nicht von der Frist Nation Americas zu lernen.
Darwin wiederum las den ersten Teil des Buches auf der Beagle und war
begeistert…
Mir persönlich erscheint der Darwinismus am besten aus einer
Wechselwirkung mit der Gesellschaft seiner Zeit erklärlich: Unter der
überheblichen Annahme des Menschen als Krone der Schöpfung wurde sein
"asoziales" Verhalten der Herrschaft übereinander und der
Ausbeutung der Unterlegenen als Muster für erfolgreiches Verhalten in die
Natur projiziert und mit diesem Erkenntnisinteresse auch tatsächlich
gefunden. Daraus wurde wiederum der Sozialdarwinismus abgeleitet, weil …
Grundgesetz der Natur: "Survival of the fittest" … gilt
vorgeblich auch bei den Menschen. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung
mit schrecklichen Nebenwirkungen im Faschismus. Derselben Struktur folgen
ökonomische Theorien, die den Menschen auf einem vollständig
rationalen und egoistischen ökonomischen Akteur reduzieren und den Markt
allein als gerechten Verteiler für Güter nach dem Leistungsprinzip ansehen. Diese Theorien
dienen aus meiner Sicht vor allem der Abwehr von gesetzlichen Begrenzungen
für die Risiken von Investmentgeschäften und Spekulationsgewinnen und
deren Verteilung an die Banker. Die Bonuszahlungen sind so einseitig und unangemessen, dass sie auch dann noch in hohem
Maße fällig werden, wenn die Manager eine Bank in den Ruin
geführt haben.
Diese die Wirklichkeit reduzierenden ökonomischen Theorien ignorieren, dass die Existenzsicherung der Gesellschaft durch das Aufziehen der nächsten Generation ebenso wie andere Care-Arbeit kaum als Leistung bewertet wird. Der Egoismus bestimmter Gesellschaftsgruppen wird zum Standard für die Gesellschaft erklärt und bewahrheitet sich teilweise selbst, indem Andere zum Mitmachen verführt werden, teilweise mit teuren Werbekampagnen wie "Geiz ist geil." Aber Millionen, die als Mitglieder in Vereinen und in Ehrenämtern unbezahlte Arbeit zum Wohle der Gesellschaft verrichten, zeigen, dass die Goldene Regel und Nächstenliebe sinnhafte Kooperation motivieren, wie wir es auch immer wieder im Alltag erleben.
Besitz wird dann wichtiger als Lebensvorgänge, wenn deren Ergebnisse knapp im Vergleich zum Besitz erscheinen. Obwohl alles lebensnotwendige von unserer Umgebung bereitgestellt wird und wir nur ein verhältnismäßig geringes dazu tun müssen, um es für uns anwenden zu können, zeigen sozialpsychologische Experimente einen Besitztumseffekt (englisch endowment effect): der Verlust eines Gutes wiegt schwerer als dessen Gewinn.[8] Selbst, wenn Probanden im vorherigen Test zwei Dinge gleichwertig empfanden, so mochten sie es dann nicht mehr gegen das andere tauschen, wenn sie im Besitz des einen waren. Möglicherweise ist der Kontrollverlust es bei gleichwertigen Dingen nicht wert, das, was in den eigenen Händen liegt gegen das zu tauschen, was erst noch in die Hände zu bekommen ist. Da nahezu aller Grund der Erde in Besitz von irgendjemand ist, ist Grundbesitz so wertvoll. Keine Allmende bietet mehr den Armen ökonomische Grundlage.
Um Neues zu lernen, muss ich bereit sein, bisheriges Wissen zu hinterfragen und gegebenenfalls auch loszulassen, um das Wagnis mit unbekanntem Ausgang einzugehen, aus meinem Nichtwissen heraus neues Wissen zu entdecken. Wenn mir dabei kaum oder keine Kooperation zur gemeinsamen Betrachtung mit Brainstorming und Wissensaustausch zur Verfügung steht, dann bleibe ich bei dem, was an gemeinsamem Wissensbesitz schon verschriftet vorliegt und unter Kontrolle erscheint, weil unveränderlich. Kurz: weil die kooperative Intelligenz als Quelle neuer Erkenntnis eine knappe Ressource ist, weil ungeübt, bleiben die Menschen bei der in ihrem Besitz befindlicher allgemein anerkannter schriftlicher Wahrheit und sind daher ungeübt in kooperativer Erarbeitung von Wissen. D.h. Sie trauen es sich und anderen nicht zu (mangelnde Selbstwirksamkeitserwartung) und klammern sich am Besitz bisheriger Wahrheiten … Ein brutaler Kreislauf sich selbst erfüllender Erwartung.
Umso stärker wird die Bindung, wenn ich mich mit meinem Besitz identifiziere, mit Auto, Haus, Kleidung … oder aber Wissen - alles Symbole unseres Sozialstatus. Manche scheinen mir geradezu von ihrem Besitz "besessen" sein. Das weniger kontrollierbare Neue muss also potentiell signifikant überlegen sein und die Aussicht auf Erfolg relativ sicher erscheinen, damit ich wage das bisherige loszulassen, um Neues zu erlangen.
Auch Wissen, das ich besitze, hat ähnliche Eigenschaften: wenn ich daran festhalte, mich damit identifiziere, dann bin ich besessen davon und werde es nicht loslassen, um noch fragwürdiges unbekanntes Wissen anzunehmen, dass vielleicht überlegen ist. Umgekehrt: vorhandenes Wissen lässt sich dazu verwenden, um Lernen zu vermeiden. Selbstverständliche Dinge hindern daran, etwas zu untersuchen, selbst wenn unerklärliche, unerwartete Informationen vorliegen.
Letztlich ist nicht wichtig, wie viel Wissen
ein Mensch hat, sondern ob ihn dieses Wissen befördert oder hindert mit
den Veränderungen seiner Umwelt vorausschauend umzugehen. Nicht nur das
Wissen um die Abweichung von der Tradition der sozialen Umgebung kann vom
Handeln abhalten, sondern auch der Zweifel aufgrund dessen, dass mir mein
Wissen zeigt, was ich alles nicht weiß und daher nicht unter Kontrolle
habe. Wenn es Kräfte gibt, die vom Handeln abhalten, dann verlieren die
Menschen ihre Handlungsmächtigkeit (Agency), wie James Bridle sie
bezeichnet oder die Selbstwirksamkeitserwartung, wie ich es mit Albert Bandura
bezeichne. Ob das hierarchische Vorgaben der religiösen Gemeinschaft oder
von einer Autokratie oder vom Management der eigenen Firma sind, oder die
Autorität des eigenen bisherigen Wissens, alles so unter Kontrolle zu
halten, wie es bisher war, oder Ziele die höher sind als das, was ich mir
zutraue, ist weniger wichtig. Ohne das Wagnis des Handelns keine neue
praktische Erfahrung, kein Erwerb der Kompetenz praktische Probleme zu
lösen.
Ohne Zusammenarbeit ist der Lernprozess weit härter, mit höherem Risiko
für Fehlschläge und das Entdecken von Nicht-Wissen und Lernen
langsamer. Da die arbeitsteilige Produktion kommunikativ abgetrennt ist vom
Konsum, von den Folgen der Produktion, bewirkt entfremdete Arbeit und Konsum
den Verlust des Selbstvertrauens, den Prozess von Produktion und Konsumption
verbessern zu können. Verbesserung wäre ja auch unökonomisch:
wenn die Konsumenten weniger eingebaute Obsoleszenz fordern, sinkt der Umsatz.
Verkauft wird ja nicht die Ware und Dienstleistung, sondern deren Werbebild.
Die Ware (das Wahre?) zeigt sich erst im Konsum nach dem Kauf.
Verlustangst gibt es nicht bezogen auf das Wissen selbst, sondern auch auf die sozialen Beziehungen die auf übereinstimmendem Wissen, Werten, Zielen und Projekten beruhen. Ändert sich mein Wissen, meine Ziele und Projekte werde ich eventuell Zustimmung Kooperationspartner und Freunden verlieren oder die Beziehung wird beendet. Es kann ein hoher Preis sein, mit neuer Lebenseinstellung neue Partner und Freude zu gewinnen. Die Kontrolle über das, was ich habe, wiegt schwerer als die Möglichkeit des Neuen, beschränkt aber mein Leben auf das Kontrollierbare.
Erst Zusammenarbeit macht Lernen, aufgeben von altem Wissen zugunsten von neuem, so effektiv, dass für diejenigen, die Erfahrung damit haben, der Erfolg immer die Risiken überwiegt: der Blick Dritter senkt das Risiko von sich selbst erfüllenden Prophezeiungen und Selbstzweifel, jeder Mitarbeitende zeigt Unwissenheit anderer mit auf, bringt weiteres Wissen ein, die sinnlich wahrnehmbare Rückmeldung aus der physischen Wirklichkeit durchbricht den Dunning-Kruger-Effekt der Selbstüberschätzung und ich bin nicht allein, zumindest die sozialen Kontakte zur Gruppe der Zusammenarbeitenden bleiben mir erhalten, falls wir uns in unserer Entwicklung in eine gesellschaftliche Außenseiterposition bewegen.
Aber die Lebenszeit, die in unserer Gesellschaft mit kooperativen Erfahrungen verbracht wird, nimmt ab, zugunsten der Zeit mit Medienkonsum. Da sind wir nicht nur vor unerwarteten physischen Auswirkungen weitgehend geschützt, es bleibt alles "medial", immer abschaltbar, sondern auch unser Wissen bleibt erhalten - ich habe vor Jahrzehnten eine Studie gelesen, das Fernsehen im Vergleich zu Gesprächen selten Meinungsänderungen bewirkt, ganz gleich, ob ein Betrag der Meinung der Betrachter entspricht oder das Gegenteil verkündet. Soziale Medien wirken da weit intensiver: weil die anderen Menschen sind, wenn auch auf das Medium reduziert, können dort schon innerhalb eines Jahres Radikalsierungen ablaufen.
Alles, was ich bin und habe, habe ich
geschenkt bekommen. Die Schöpfungskräfte, die dieses Universum
schufen und seine Entwicklung weitertreiben, von vielen auch Gott genannt, haben
mir mein Leben gegeben, meine Fähigkeit zu wachsen, mich zu entwickeln und
mir dafür eine Umwelt gegeben, die ich sogar zu einem kleinen Teil als
Besitz aus den Händen meiner Eltern empfangen habe. Ich werde alles von
mir geben, weiter schenken müssen: ob vor meinem Tod oder durch
meinen Tod. Dauerhaft werde ich gar nichts besitzen, nicht einmal mein Leben.
Nur meine Lebendigkeit, so wie sie mir geschenkt wurde, so habe ich sie
weitergeschenkt und so wird dieses Geschenk weiterhin durch die Menschheit wandern.
Der Austausch von Lebendigkeit liegt eine lebenszeitlang in meiner Hand aber
nicht in meiner Kontrolle, denn den Austausch bestimmen andere mit.
Der Besitz von Lebendigkeit ist nur sehr begrenzt möglich, so wie ein
Vogel nur Besitz werden kann, indem er eingesperrt wird und dabei den
größten Teil seiner Lebendigkeit verliert. Mensch können daher allenfalls
Reste von Lebendigkeit in ihren Besitz bringen, nachdem diese eingesperrt oder
zu Tode gebracht wurde.
Religionen haben in ausnahmslos allen Kulturen
versucht eine Beziehung zu den Kräften herzustellen, die uns unsere
Existenz, unser Leben und unsere "Lebens-Mittel" bereitstellen. Diese
Schöpfungskräfte wurden zumeist durch Götter symbolisiert, um
deren vergangenes Verhalten zu verstehen und das künftige vorherzusagen und
ggf. qua Bestechung durch Opfer zu beeinflussen.
Die teilweise unlogischen und lückenhaften Erklärungen und nutzlosen
Prognosen haben viele Menschen ebenso von den Göttern abgebracht wie der
Machtmissbrauch vieler Religionen als Mittler zwischen Gott und Göttern.
Dazu gehört die Manipulation der persönlichen Beziehung der
Glaubenden zu Gott mit der Behauptung des Besitzes einer allgemein zeitlos
gültigen Wahrheit. Ein guter barmherziger vollkommener Schöpfer von Allem,
von der ganzen Welt, der einem Volk den Auftrag gibt, andere Völker, die
er ebenso geschaffen hat, zu unterwerfen oder gar auszurotten, ist ein
mehrfacher Widerspruch in sich selbst.
Atheisten lehnen daher den Glauben an einen Gott ab, während Agnostiker glauben, dass über die Götter keine Erkenntnis möglich sei. Beide suchen nach meiner Erfahrung ein individuelles Verständnis der Schöpfungskräfte und oft suchen sie intensiver als Menschen, die sich selbst als gläubig ansehen, aber meinen, alles wesentliche sei schon bekannt und festgelegt.
Trotz der bekannten Ursachen für die Kirchenaustritte ist für mich unverständlich, dass die Möglichkeit einer
kooperativ gelebten Religiosität einfach aufgegeben wird, ohne eine neue
zu suchen. Ich kann die Kirchenaustritte verstehen, um den "Betreuungskirchen", den dogmatischen
evangelischen und römisch-katholischen Volkskirchen zu entgehen und deren
Vermittlung der frohen Botschaft "von oben". Aber dem Austritt folgt nur
selten ein Eintritt in eine der "Beteiligungskirchen" wie den evangelischen
und sonstigen Freikirchen oder Quäkern oder Unitariern oder katholischerseits den Altkatholiken oder …. Eine Entwicklung der persönlichen Beziehung zu den
Schöpfungskräften mit Hilfe kooperativer Intelligenz wird kaum in
Betracht gezogen, wenn die Fesseln religiöser Dogmatik erst einmal
gesprengt sind. Für viele, mit denen ich gesprochen habe, ist dann die
ethische existentielle Orientierung eine rein persönliche individuelle
Suche[9].
Manche suchen intensiv Erfahrungen mit vielen Kulturen und religiösen
Gemeinschaften, aber für die meisten, die ich kenne, führt es nur zu sehr
gelegentlichen Gesprächen über die Sicht auf die eigene Existenz.
Mir scheint, nach dem Austritt aus der Kirche befürchten viele, wieder in
die Irre geführt zu werden. Aus meiner Erfahrung kann der spirituelle Weg
kaum in die Irre gehen, wenn das Gottvertrauen zuerst in den in einem selbst
wirkenden Schöpfungskräften liegt. Dann kann das Teilnehmen an realer
menschenfreundlicher, praktischer und toleranter Gemeinschaft die eigene
Entwicklung nur fördern - und führt doch fast immer in Richtung des Weltethos
mit der Goldenen Regel.
Das Verständnis der eigenen Existenz, die
Bedeutung dessen, was wir für die Ursachen unserer Existenz halten, kann
für die Selbstreflexion kaum unterschätzt werden da sich daraus auch
ergibt, zu welchen Erkenntnissen wir uns überhaupt in der Lage sehen und
welche Handlungsmöglichkeiten wir haben.
Andererseits kann die Fragestellung: "Warum existieren wir, ich, im
Universum?" als nicht zielführend angesehen werden. Denn wenn erst
eine Antwort auf eine so schwer zu beantwortende Frage gefunden werden muss,
bevor weitreichende Entscheidungen getroffen werden, dann kann mich dieses
Nicht-Wissen vom Handeln abhalten. Wer die Fragen "Warum existiere
ich?" erhebt, muss auch damit leben - und handeln können, diese Frage
eventuell nicht oder unzureichend beantworten zu können, so der Autor mit
diesem Büchlein...
Komplizierte Erwägungen lassen sich sehr wohl unabgeschlossen stehen
lassen durch den Gedanken, das dem Sinn des Lebens vielleicht einfach schon
damit entsprochen ist, das Leben zu verbessern und überhaupt zu (über-)leben.
Dann reicht es einfach auszuprobieren, was zu Besserung führt, nach Erich Kästner:
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es."
Wie wir unsere eigene Erkenntnisfähigkeit einschätzen und die Fähigkeit unser Leben und unsere Umwelt zu gestalten, bestimmt, was wir für Handlungsmöglichkeiten erkennen und welche Entscheidungen wir treffen. Es bestimmt nicht nur den Umgang mit der Welt, die wir kennen, von der wir wissen, sondern auch den Umgang mit dem, was wir nicht wissen. Erst wenn wir uns zutrauen aus dem, was wir wissen, dass wir es nicht wissen, mehr dazu zu lernen als unser bisheriges Wissen ausmacht, sind wir bereit es loszulassen. Darin entfaltet die Tendenz unseres Denkens sich selbst zu erfüllen, ihre stärkste Macht: ich kann nicht - nicht lernen, nicht … ist sofort wirksam. Gutes zu tun ist keineswegs trivial: ich muss für mich und im Blick auf andere spüren, wissen, was gut ist, was besser wäre und mich dann zusammenraffen es zu wagen… und nicht vergessen dankbar zu sein - auch für das was anders als erwartet aber brauchbar.
Die dankbare Beziehung zu dem, was mich ins Leben gerufen hat und am Leben erhält ist wesentlich für meine Beziehung zur Umwelt und zu anderen Menschen und für meine persönliche Entwicklung. Kein vernünftiger Mensch würde abstreiten, dass wir uns weder "selbst gemacht" haben, noch von unseren Eltern hergestellt wurden, die sich auch nicht "selbst gemacht" haben, sondern dass wir Teil des Lebens dieser Biosphäre auf der Erde sind. Diese Biosphäre stellt auch heute unser Lebensnotwendiges zur Verfügung und ist daher existenziell. Die Beziehung zu dem, was uns lebendig macht und hält, ist für mich der Kernthema religiöser Rede, mehr nicht.
Ich bin Kind der Kultur von Judentum,
Christentum und auch indirekt des Islam, da er das Christentum stark
beeinflusst hat. Die direkte Beziehung zu einem liebenden Schöpfergott,
die das Judentum entwickelt hat, die vom Juden Jesus von Nazareth, Sohn der Maria,
weiterentwickelt wurde, die von den brüder-geschwisterlichen Gemeinden und
Gemeinschaften des Islam wiederum in das Christentum wirkten, das passt in kein
Buch.
Alle drei Religionen haben aus meiner Sicht wunderbares geleistet, wenn die
Achtung vor der Schöpfung, den Mitgeschöpfen, Austausch nach der
Goldenen Regel und die Liebe im Vordergrund standen. Wenn aber die Buchstaben
darüber an erste Stelle gestellt wurden, dann wurden alle drei furchtbar
mörderisch, vor allem das Christentum, dessen Aufstieg im 4. Jh. zur Staatsreligion
einer Militärdiktatur und Sklavenhaltergesellschaft begann.
Wenn das bisherige Buchwissen den Umgang mit dem Nicht-Wissen versperrt, dann
wird versucht das unübersehbare Lebendige so weit abzutöten, bis es
unter Kontrolle ist. Das ist für mich eine direkte Feindschaft zum
Schöpfergott mit dem Versuch, die Vielfalt der Geschöpfe zu
vernichten, nur weil sie nicht unter Kontrolle sind. Dagegen steht z.B. der
großartige Gedanke im Koran Sure 5, die Verse 46-49, das Gott die Thora, das Evangelium und den Koran und
die Verschiedenheit der drei Religionsgemeinschaften als Wettbewerb um das Gute
gewollt hat: "So wetteifert nach den guten Dingen!", auch wenn dieser
Gedanke nicht immer von religiöser Feindschaft abhalten konnte. Wenn die
Unterwerfung unter bisheriges Wissen aus heiligen Büchern wichtiger ist
als die direkte Beziehung zu Gott und den Schöpfungskräften, die in
der Natur und ihrer Erforschung sichtbar werden, dann tötet bisheriges
Wissen das Lernen und das dadurch künftige Wissen ebenso wie die daraus
folgende Zukunftsplanung und -gestaltung und ihre Lebensmöglichkeiten.
Das Transzendente, dass was unsere
wahrnehmbare Welt überschreitet, beinhaltet auch Numinoses, das,
wofür es keine Worte gibt. Damit meine ich, dass jede Aussage über
das, was uns ins Leben gerufen hat, und am Leben erhält, unser
Nicht-Wissen mit im Blick haben sollte. Wir können die Vielfalt und
Komplexität des Lebens nur zum kleinen Teil in Worte fassen und vieles bleibt
für uns jenseits von Worten und Theorien verborgen und oft gerade durch
sie verdeckt wird.
So hat der "Battle of live", der Kampf um's Überleben des
Darwinismus verborgen, dass der Austausch, die Symbiose die vielleicht
stärkere Kraft der Evolution war: die Pflanzen wären ohne die Pilze
nicht in der Lage gewesen, das Festland zu besiedeln, die gigantische Symbiose
von Blütenpflanzen und Insekten mit daher gezielter Bestäubung ist
von unübersehbarer Schönheit.
Ich gebe zu, dass mich seit dem Beginn des Theologiestudiums bis heute immer wieder zutiefst verwundert wie Menschen, Theologen, Philosophen unter vollem Einsatz ihres Verstandes unhaltbare Aussagen über das machen, was sie Gott nennen. Ich halte daher die These des Agnostizismus, dass man über Gott keine Aussage machen, kann, in vielerlei Hinsicht besser begründbar als das Allermeiste, was von den christlichen Kirchen über die Trinität ausgesagt wird.
Ein göttlicher Mensch "Herr Jesus
Christus, Gottes eingeborenen Sohn {einzigartig geboren, kein
"normales" Kind Gottes}, aus dem Vater geboren vor aller Zeit.",
etwas so unglaublich unplausibles wird von den meisten Menschen wie von den
Kirchen behauptet mit den Berichten der Evangelien verbunden und stellt damit
die Glaubwürdigkeit der Botschaft in Frage, die von Jesus selbst berichtet
wird.
Jesu flexible und doch eindeutige Ethik ist für mich wie für viele
andere Menschen genial - siehe das Kapitel über die Goldene Regel und
das Doppelgebot der Liebe. Aber diese Ethik wurde durch die Konstantinische
Wende zur Staatsreligion einer Militärdiktatur durch römisches
Strafrecht und Untertanengehorsam außer Kraft gesetzt. Schon Clemens I. von
Rom fordert kurz vor 100 n.Chr. im 1. Clemensbrief, 61.Kap "Gehorsam gegen die von Gott
gesetzte weltliche Obrigkeit." "… damit wir die von Dir ihnen
verliehene Herrlichkeit und Ehre anerkennend ihnen gehorchen, ohne irgendwie
Deinem Willen zu widersprechen."
Heutzutage, wo wir frei sind, des Menschen Jesu Botschaft dort nachzufolgen, wo
damit Gutes gewirkt werden kann, sind es immer noch die Erinnerungsbilder an
die alten Dogmen, die den Meisten den Blick auf das versperren, was als Jesus
Botschaft von vor 2000 Jahren berichtet wurde.
Ich lebe in zwei Vereinen und einer Firma, die
mir multikulturelle Vielfalt schenken und konnte bisher keine typischen
Unterschiede zwischen den Menschen aufgrund ihrer Religion erkennen, sondern
große Unterschiede ergeben sich aus ihrer Menschenfreundlichkeit, ihrer
Zuneigung zu den Menschen. Aus meiner Sicht ist es relativ gleich, welche
Religion man angehört, das Weltethos gilt für (fast) alle, auch
für die Humanisten, zu denen sich die meisten Atheisten oder Agnostiker
rechnen, zumindest alle, die ich kenne.
Jesus war für mich ein wunderbarer Handwerker der Humanität, und wer
sich davon zu ähnlicher Menschenfreundlichkeit anregen und anleiten
lässt, hat, glaube ich, mehr vom Evangelium mitgenommen als manche, die
sich in der Dreifaltigkeit verstricken.
Von allen Religionsstiftern, mit denen ich
mich beschäftigt haben, wird eine lebendige Beziehung, ein Austausch mit
Gott berichtet und sie forderten dazu auf, ihnen darin nachzufolgen. Aber viele
Gläubige haben, scheint mir, nicht den Mut, den Weg ihrer Religionsstifter
nachzufolgen und einen Dialog mit ihrem Gott aus der inneren Stimme und den
Folgen ihres Handelns in der Wirklichkeit zu führen.
Glaube heißt für mich, aus den mir geschenkten Kräften, aus der
Beziehung zu Gott, die Lebendigkeit jeder Religion aus den Schriften wieder in
den Alltag, ins Leben zu führen und neues zu wagen. Erst kommt das göttliche
Geschenk des Lebens, dann kann ein Mensch etwas aus einem heiligen Buch
verstehen. Also verstehe ich vom Leben, von der Schöpfung her ein heiliges
Buch, nicht umgekehrt. Wie die Thora im Begin andeutet: die Schöpfung ist
die erste Offenbarung Gottes, die Thora ist erst die zweite, nachgeordnete
Offenbarung.
Die Schule soll für das Leben bilden, aber seltsamerweise hat sie sowohl in Autokratien als auch in Demokratien dieselbe Struktur einer autoritären Vermittlung von vorwiegend theoretischen Inhalten.
Bildung wurde von Kant (1724-1804) "Die praktische oder moralische [Erziehungslehre] ist diejenige, durch die der Mensch soll gebildet werden, damit er wie ein frei handelndes Wesen leben könne. […], das sich selbst erhalten, und in der Gesellschaft ein Glied ausmachen, für sich selbst aber einen innern Wert haben kann." Humbold (1767–1835) sah eine "Verbindung von ich und Welt", eine "durchgängige Wechselwirkung des theoretischen Verstandes und des praktischen Willens". Pestalozzi (1746-1827) verband die praktische Arbeit mit Schulunterricht.
Das Gymnasium wurde im 16. Jh. zur Vorbereitung
auf ein Universitätsstudium hin eingerichtet, bis ins 18. Jh. vor allem,
um Latein und Griechisch für das Theologiestudium zu erlernen. Die
Volksschulen wurden im 17. Jh. zur Elementarbildung eingerichtet, Lesen,
Schreiben, Rechnen. Im 18. Jh. wurde die Realschule, auch Mittelschule und
Bürgerschule genannt, als praxisorientierte Schule angelegt, die auf die
praktischen Berufe vorbereitete, teilweise mit Schulgarten. Die Humbold'sche
Bildungsreform war jedoch gegen die Ausbildung von praktischen
Fähigkeiten, gegen die Realschulen, auf eine humanistische Bildung ausgerichtet.
Ziel war auf die Vermittlung allgemeiner Kenntnisse aufgeklärter
Bürger, Einübung einer selbstständigen Anwendung der Vernunft im
Sinne der Aufklärung, nicht der Erwerb von Kompetenzen zum Lösen
praktischer Probleme. Sein Ideal war das Gymnasium mit seiner Ausrichtung auf
Wissenschaft, Beamte und Angestellte.
Daher erschien es sinnvoll, dass der Schwerpunkt auf der Fähigkeit lag,
theoretische, aus der Sicht des Humanismus wertvolle Texte zu übersetzen,
zu reproduzieren und auf neue Situationen zu übertragen. Dieses ist aber
auch die praktische Vorlage, Anweisungen und Regeln ohne Hinterfragung
umzusetzen, ohne Rücksicht auf Bedenken, Nebenwirkungen und
Überraschungen.
Der Lehrplan ist das für alle
Schüler gleiche Maß der zu lernenden Theoriemenge. D.h. es gibt
einen für alle Schüler gleichen Lehrplan, einen Plan, wie gelehrt
wird, aber keinen individuellen Lernplan, wie jeder Schüler von seinem
bisherigen Wissen aus neues Wissen aufnehmen kann, keinen individualisierten
Unterricht, denn dafür gibt es zu wenig pädagogisches Personal.
Unterschiedliche Menschen gleich zu behandeln, missachtet, das Kinder die
weniger gute Voraussetzungen haben, individuell angepasste Unterstützung
brauchen - ebenso wie die überdurchschnittlich Begabten.
Daher hat der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte(UNHCHR) 2006 eine Untersuchung über das Deutsch Schulsystem veranlasst,
in wieweit schwachen Schülern:innen das Recht auf Bildung zugestanden
wird, da diese bei den PISA-Studien im internationalen Vergleich gravierend
schlechter abschnitten: Special Rapporteur On The Right To Education Vernor Muñoz -
Mission To Germany. Weder die Bundesregierung noch die
Landesregierungen befanden diesen Bericht wert, übersetzt zu werden und
diese Schwäche des deutschen Schulsystems bliebt erhalten.
Die Erfüllung des Lehrplanes scheint mir als planwirtschaftliche Filterblase so gut vom Bedarf der Arbeitswelt nach praktischen Kompetenzen abgetrennt. Von den 83 Mill Bewohnern Deutschlands sind 6,2 (7,5) Mill funktionale Analphabeten, die meist nur einzelne Worte bis kurze Sätze lesen können. Von den 6,2 Mill haben 3,3 (4,4 von 7,5) Mill als Erstsprache Deutsch gelernt und haben in der Regel unser Schulsystem durchlaufen, nur 19,3% (22,3) ohne Abschluss, 40,6% (47,7%) mit einem unteren Abschluss und 18,5% (18,9%) mit mittlerem und 16,9% (12,3%) mit hohem Abschluss.[10] Das steigert ebenso die Chance auf Arbeitslosigkeit, wie bei Abiturienten, die in der Schule nicht lernten, gesund zu Kochen, die Chance auf Diabetes steigt.
Für Realschule und Volks- später Hauptschule wurden die Lehrpläne theoretischer Inhalte gegenüber dem Gymnasium reduziert aber bis heute wird das Lösen praktischer Probleme (Werkunterricht, Kochen, Handarbeit …) selbst auf der Realschule allenfalls als Nebenfächer mit geringer Stundenzahl "nebenher" betrieben, statt die Grundfächer (Be-Rechnen, Be-Schreiben…) in ihrer Anwendung zu vermitteln.
Den klarsten Ausdruck für die Diskrepanz von theoretischem Lernen und praktischer Untätigkeit bieten zum einen die Stundentafeln der Länder und der Kultusministerkonferenz, in denen praktische Fächer nicht vorkommen, z.B. 8J Gymnasium 5-12 Klasse, oder selbst an der Realschule nur 10% ausmachen[11]. Zum anderen wird selbst in den Fächern wo praktische Anwendung möglich wäre, der Schwerpunkt auf theoretische Analyse und "Reden über" liegt, z.B. Gedichte und Geschichte, während die Entwicklung einer Kompetenz sich lyrisch auszudrücken nur marginal gefördert wird. Weiter geht es mit Musikunterricht ohne Erlernen eines Musikinstrumentes und ohne Singen. Es geht mit engagierten Lehrern auch anders: Latein, eine im Jahr 2023 "mausetote" Sprache, sieht so gar nicht nach praktischen Möglichkeiten aus, aber wenn Schüler:innen ein Theaterstück in der Sprache schreiben und aufführen, das dann als Video Wettbewerbe gewinnt, dann … wird sie wieder lebendig und auch der Schulunterricht.
Für mich war der Besuch einer Schultoilette immer der beste Indikator, wie weit die Schulkultur in der Lage ist, eigenständig sinnhaftes Handeln wie die Pflege einer lebensnotwendigen Funktion zu vermitteln. Die Bandbreite reichte von einer Toilettenaufsicht oder sogar -reinigung in den Pausen bis hin zur Degeneration der Kreativität zur Destruktion, so dass mir die Lehrer auch mal - wie sich zeigte zu Recht - vom Besuch abgeraten haben. Da bin ich zutiefst Bauernsohn: jede:r hat seinen eigenen "Scheiß" selbst wegzumachen und eben das zu lernen oder das Lernen geht an der Lebenswirklichkeit vorbei.
Die Verkümmerung der geistigen Fähigkeiten der Kinder in der Schule liegt aus meiner Sicht wesentlich in Vermeidung der praktischen Anwendung von theoretischem Wissen. Die Kompetenz praktische Probleme eigenständig anzupacken und kooperativ zu lösen wird nur in Ausnahmefällen und im seltenen Projektunterricht gezielt gefördert und damit die notwendigen Handlungsentscheidungen Ziel- und Werte-orientiert abzuwägen und zu diskutierten, um Zusammenarbeit gelingen zu lassen. Schule sollte in praktischen Fächern nicht gleich auf eine bestimmte Berufsausbildung festlegen. Die Grundstruktur aller menschlichen Aktivität, wenn sie vom Verstand unterstützt wird, ist universell und vom einen in den anderen Arbeitsbereich übertragbar. Eine grundlegende Beschreibung ist der Demingkreis: Planen, Tun, Prüfen, Verbessern (PDCA, Plan, Do, Check, Act). Dieser Kreislauf, vor allem auch in Kooperation, wird in allen praktischen Fächern geübt, im Werken, Kochen, Textilarbeit, Musik, und den oft nur wenigen naturwissenschaftlichen Experimenten …. In diesen Kreislauf lassen sich hervorragend informationsanalysierendes Lesen, Berichteschreiben, Mathematik und Statistik integrieren - mit sinnstiftender Zielgebung. Theorie ohne Praxis zu lehren erscheint mir wie Laufsport, bei dem ein Bein hochgebunden wurde, damit die Schüler den Trainern nicht entlaufen können.
Meine gerade volljährig gewordenen Kinder schildern mir einerseits ein gravierendes praktisches Unvermögen der Mehrheit der Schüler:innen, die aus ihrer Sicht nicht "ausbildungsfähig" sind. Andererseits haben sie aber gelernt, dass nur die Reproduktion von theoretischem Wissen soziale Anerkennung bietet - das also eine Ausbildung als gescheiterte Karriere bewertet wird und meist weniger Anerkennung bekommt als ein vielleicht sogar abgebrochenes Studium, das in die Arbeitslosigkeit führt.
Die Arbeit für andere wurde auch im
Bereich theoretischen Wissens auf die meist allein erstellten Referate reduziert,
eine Bereitstellung kooperativ ausgearbeiteten Wissens von Schülern
für Schüler wie in der Freinet-Pädagogik ist höchst selten. Z.B. ist die kooperative Erarbeitung und
Verbesserung von Wikipedia-Artikeln auch bis ins Jahr 2023 kein Thema im
nordrheinwestfälischen Lehrplan für Gymnasien, sondern die Verwendung
bleibt seitdem sie 2001 online ging bis heute verboten.
Stillarbeitsräume wie während der Schulzeit kontinuierlich geöffnete
und beaufsichtigte Bibliotheken stehen der eigenständigen Kooperation der
Schüler an den allermeisten Schulen in NRW nicht zur Verfügung. Auch
mir wäre deren die Bedeutung verborgen geblieben, wenn mein Gymnasium
Ernestinum nicht diesen Luxus dank eines pfiffigen Lokalpolitikers gehabt
hätte, der eine "Kreisergänzungsbücherei" einfach
mitten in unser Schulzentrum platzierte und damit Kunden genug garantierte.
Die Hinterfragung von Sinnhaftigkeit des schulischen Tuns, das experimentelles Erkunden von Möglichkeiten, die vom theoretischen Lehrstoff abweichen durch Versuch und Irrtum, wird als "Fehler" herabgewürdigt. So verbleiben die praktischen Kompetenzen zum eigenständigen Problemlösen auf einem niedrigen Niveau und die geringe Selbstwirksamkeitserwartung garantiert, dass vorwiegend Gehorsam gelebt wird und keine "Abwege" gefunden werden.
Die Schüler bekommen in der Regel nicht
gesagt: "Toll das Du den Fehler gewagt hast, ich traue Dir zu, dass Du
Deine Vorgehensweise weiter verbesserst bis zu brauchbaren Ergebnissen kommst,
vielleicht solltest Du es mal so oder so versuchen?"
Sondern wer nicht die einzig wahre Theorie, des Lehrstoffs kopiert, bekommt
schlicht schlechte Noten, wird bei Gegenargumenten zum Beispiel als "nicht
einsichtsfähig" abqualifiziert, so meinem Sohn in der 10. Klasse
wiederfahren.
Konnten die Kinder beim Erwerb der Muttersprache noch der eigenen "eingebauten" Entwicklungsfähigkeit vertrauen, so lernen sie jetzt dieser zu misstrauen und an die dogmatische Wahrheit des Lernstoffes selbst dann zu glauben, wenn diese nicht verstanden wird. Wo Wissensvermittlung nicht das Verstehen von den bisher verstandenen individuellen Erfahrungen aus unterstützt, also mit individualisierten Unterricht selber Weiter-Denken befördert, zwingt sie, die Unterwerfung unter externe Dogmen vorzutäuschen, um soziale Anerkennung und schulisches Fortkommen zu ermöglichen.
Der "Sinn" einer Handlung bezieht sich für mich nicht nur auf den übergeordneten Sinn und Zweck, darauf ob die einzelnen Schritte sinnvoll sind für den Zweck, sondern auch darauf, über die sinnliche, sensorische Wahrnehmung unerwartete Nebenwirkungen und Störungen frühzeitig zu entdecken und zu untersuchen. Jede Maschine hat ihren spezifischen Klang bis hin zu Vibrationen, Veränderungen zeigen meist Störungen an, heißgelaufene Lager riechen, ihre Wärme ist schon aus der Distanz zu spüren.
Mit der Vermeidung der Praxis wird erstens die Schlüsselfunktion der jungen Menschen zerstört, ihrem Tun SELBST einen Sinn zu geben, selbst zu denken, zweitens über Achtsamkeit und sinnliche Wahrnehmung das Unerwartete, Unbekannte und auch Störungen und Gefahren zu entdecken und drittens die ersten beiden Tätigkeiten in Zusammenarbeit zu organisieren. Die Übung dieser drei Tätigkeiten bildet wesentlich die Selbstwirksamkeitserwartung aus, die Grundlage ist, um "eigene Wege zu gehen", selbst Projekte zu initiieren, durchzuführen und zu bewerten, um selbstbestimmt am sozialen Leben teilzunehmen und die Gesellschaft weiterzuentwickeln. Erst aus dieser Praxis erwächst Selbstbestimmtheit, erwächst eine eigenständige, eigentümliche Persönlichkeit, die mit ihrer einmaligen Lerngeschichte ebenso einmalige Erfahrungen in die gesellschaftliche Zusammenarbeit einbringen kann. Je weniger Kompetenz mit ungeplanten "Fehlern", mit Nicht-Wissen umzugehen und sich darüber auszutauschen, desto mehr Kopieren und Konsumverhalten.
Bisher war der Lehrplan das Maß für die Schüler statt das umgekehrt der junge Mensch im Mittelpunkt steht und Maß für das Funktionieren des Lehrplanes ist. Aber das könnte ein Ende haben: Erstmalig hat … "das Bundesverfassungsgericht … am 19. November 2021 … das »Recht auf schulische Bildung« … neu geprägt. Wörtlich heißt es im ersten Leitsatz: »Aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 GG folgt ein Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat, ihre Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit auch in der Gemeinschaft durch schulische Bildung zu unterstützen und zu fördern (Recht auf schulische Bildung).«". So die Zeit am 4.5.2023 in dem Artikel: "Die Position: Beruft euch auf die Richter. Wer mehr Bildungsgerechtigkeit fordert, kann sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts stützen".
Mir scheint, die praktische Struktur von
Schulsystems und Lehrplan aus dem 18. Jh. sieht den Schüler weiterhin
praktisch als Tabula rasa, als unbeschriebenes Blatt, als
leeres Behältnis, das wohl am besten mit einem Nürnberger
Trichter zu füllen ist, statt einem intelligenten
Lebewesen, das sich autopoietisch selbst steuert und erhält,
das von innen heraus wächst, indem es von seinen bisherigen Erfahrungen
aus seine nächste Handlungen zu plant und darin seine Kompetenzen zu
entwickelt. Natürlich beschreiben dies die Lehrpläne anders, aber der
praktische Zwang in der Schule besteht darin, als Einzelkämpfer:in die
Lerninhalte autoritär vorgegeben zu bekommen und unter schematischen
Bewertungsmaßstäben überleben und vorwärts kommen zu
müssen, während die persönliche Leistung auf der Basis des
individuellen Lernzuwachs nur zu einem kleinen Teil in die Bewertung eingeht.
Das ist für mich das Glattschaben einer für tot angesehenen Tafel
(Tabula rasa), um sie extern vom Lehrpersonal beschriften zu können, im
wahrsten Sinne des Wortes "menschenverachtend".
"We don’t need no education" ist
sicher als Übertreibung der Ablehnung des vorherrschenden autoritären
Schulsystems geschuldet, das Lernen erzwingen will.
Wie sagte ein Archäologe angesichts der Forschungsergebnisse das die Qualität der Pyramiden und Tempel des alten Ägypten nicht von Sklaven, sondern durch freie Menschen errichtet wurden: Man kann Menschen zur Arbeit zwingen, aber nicht zu hochwertiger Arbeit. Natürlich brauchen wir Wissensvermittlung zwischen den Generationen, aber doch nicht unter Zwang und beschränkt auf isoliertes theoretisches Wissen?!
Da Forschung von Albert Bandura über Selbstwirksamkeitserwartung schon 50 Jahre alt ist und andere Pädagogen wie Freinet und Alexander Sutherland Neill schon seit gut 100 Jahren die Entwicklung der Kinder im kooperativen Tun betonen, legt dies für mich nahe, das implizit in unseren staatlichen Schulen immer noch der Untertanengeist eingeübt werden soll.
Education als Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten vollzieht sich in den 3 Mill Jahren Menschheitsgeschichte schwerpunktmäßig durch Mitarbeit und Zusammenarbeit sowohl innerhalb einer Generation als auch generationenübergreifend wie wir es noch im Handwerk kennen. Das Lernen in Zusammenarbeit wurde durch individuelle Tätigkeit nur ergänzt. Dabei wird auch Sinn, Nutzen und Befriedigung für die Lernenden ersichtlich, so dass in der Regel freiwillig mitarbeiten, wie es einem sich selbst steuernden autopoietischen Lebewesen entspricht. Dies wird heute in einer zunehmenden Anzahl Demokratischer Schulen aufgenommen und erfolgreich umgesetzt. Deren älteste wurde 1921 in Dresden-Hellerau von A. S. Neill als "Internationale Schule Hellerau" gegründet. Nach Umzügen wegen politischer Unsicherheit wurde daraus Summerhill, das bis heute in Leiston, England, arbeitet.
Mein Glück war, dass ich auf einem
Bauernhof aufwachsen konnte, der alle Familienmitglieder nach ihrem
Vermögen in die tägliche Arbeit integrierte. 40 Jahre später habe
ich erfahren, dass wir im Dort "die Verrückten" genannt wurden,
weil mein Vater sich über die vielen helfenden Hände am Wochenende
bei gutem Wetter freute und wir schufteten, während der Rest des Dorfes
entspannte. Ich liebte am Gymnasium den Werkunterricht bei Frau und Herrn Poser
und der Lehrer musste später meine eigenständigen Experimente im
Physikunterricht am Ende der Doppelstunde zerstören, damit ich
aufhören konnte.
1970 gab es ca. 1,15 Mill landwirtschaftliche Betriebe, 50
Jahre später, 2020 nur noch 262.800, 23%, auf denen Technik
den größten Teil der manuellen Handarbeit ersetzt hat. Die Kultur
der Familienbetriebe bildet immer weniger praktische Kompetenz und Mitdenken
aus….
Ich habe erlebt, wie Nachbarskinder auf unserem Bauernhof regemäßig meist sogar unentgeltlich die Mitarbeit an sinnhaftem Problemlösen genossen haben. Diese intrinsische Motivation der Kinder zur Teilnahme an sinnhafter, kooperativer Arbeit an der Schule zu blockieren, erfüllt für mich allein schon den Tatbestand von struktureller Gewalt. In sinnhafter kooperativer Arbeit steht nicht die "Ausbildung" in bestimmten praktischen Fähigkeiten im Vordergrund, sondern die Übung elementarer Kulturtechniken über Lesen, Schreiben, Rechnen hinaus: Mitfühlen, vorausschauendes Mitverfolgen des Handelns anderer, Hand in Hand Zusammenarbeiten, Anwenden der Goldenen Regel, Handlungsplänen einen Sinn auf das gemeinsame Beste hin geben.
Ohne die intrinsische Motivation aus Selbstbestätigung erfolgreicher Umsetzung von Plänen (PDCA) ist die intrinsische Motivation für viele Schüler zu schwach. Dann bleibt nur die extrinsische Motivation, vorwiegend die klassische Konditionierung durch Strafe und Belohnung anhand von Noten und durch soziale Bestätigung, die allerdings nicht allein durch die Lehrerschaft kontrolliert wird, sondern auch durch die soziale Anerkennung der Mitschüler für Machtspiele in und außerhalb des Unterrichts. Es ist so schade, aber aus meiner Sicht Folge des Systems, wenn statt der Anerkennung für den Beitrag zu gemeinsamer Arbeit sich die soziale Anerkennung aus destruktiven Machtspielen speist, die nicht nur den Unterrichtsablauf, sondern die psychische Gesundheit mancher Schüler:innen zerstören können.
Die gelebte Praxis in der Schule ist vorwiegend autoritäre Kommunikation, d.h. eine Kommunikation bei der eine Minderheit darüber entscheidet, wer wie lange spricht und was gesagt werden darf. Die Minderheit, die die Autorität hat, hat dabei den größten Redeanteil und bestimmt welches Feedback von wem geäußert werden darf. In dieser Form findet nicht nur der überwiegende Teil des Unterrichts statt, in dem die Lehrenden die Autoritäten sind, sondern auf dem Schulhof wird das Modell kopiert in einer Form von Machtkämpfen um die Vorherrschaft in der Klasse. Das beginnt mit Redekämpfen in denen die sozial Schwächeren zum Schweigen gebracht werden und endet mit Mobbing und Selbstmord. In Gruppentherapien erlebe ich immer wieder, wie Mobbing in der Schule ein wesentlicher Faktor für das Entstehen von Verhaltensweisen ist, die zur Depression beitragen.
Die strukturelle Gewalt, gleichberechtigte demokratische Kooperation zu verhindern, führt zu aggressivem Verhalten der Untertanen, Zerstörung von Dingen und Menschenseelen durch Mobbing. Kombiniert mit der zunehmenden Vielfalt an sozialen Medien, die Teilnehmer:innen auf geschriebene Worte, Bilder und Filmchen reduzieren, führt dies zu einer massiven Zunahme des Mobbings an den Schulen von 4% in 3 Jahren[12], so das selbst mit mir befreundeter gestandener Lehrer nach fast 30 Jahren an derselben Schule nur noch mit Hilfe von Psychopharmaka schlafen kann. Nur 37% der Lehrer schaffen es 2011 bis zur Pensionierung im Dienst zu bleiben.
Die Wirkung einer Pädagogik, die viel Wert auf praktischen Unterricht legt, fasst die Studie "Das Projekt: Absolventen von Waldorfschulen - Eine empirische Studie zu Bildung und Lebensgestaltung ehemaliger Waldorfschüler" (Datenerhebung von 2003-2005) von Prof. Dr. Heiner Barz und Prof. Dr. Dirk Randoll im Kapitel "Hauptergebnisse" zusammen: "Das Kriterium sozialer Verantwortlichkeit hat für die allermeisten eine hohe Priorität … Berufszufriedenheit hängt für die Ehemaligen stark von der Möglichkeit ab, die eigenen Neigungen und Interessen zu verwirklichen und sich mit der Arbeit identifizieren zu können. Äußere Anreize wie Prestige, Freizeit oder Einkommen spiele demgegenüber eine deutlich geringere Rolle." "Die Fähigkeit, Belastungen stand zu halten und Krisen bewältigen zu können wird ebenso wie ein positives Verhältnis zu Leistung und Beruf von allen Absolventen als sehr wichtig eingeschätzt." Dominierende Berufe der Schulabgänger: Lehrer: 14,6%, fünf mal mehr (wie der Bundesdurchschnitt), Ingenieur: 9,8%, Geistes-&Naturwiss.: 9,5%, Ärzte oder Apotheker 7,7%, Künstler 7,2%, tendenziell nehmen die Gesundheitsberufe zu. "Dass das Schulfach Eurythmie nur selten eine positive Bewertung erfährt und meist eher unangenehme Erinnerungen hervorruft, überrascht kaum." "Als Schwachstelle des Waldorfschulunterrichts werden immer wieder eine gewisse Weltfremdheit, ineffiziente Wissensvermittlung und die völlige Ausklammerung von Leistungsaspekten benannt. Knapp 60% der Ehemaligen stimmen der Aussage zu, dass „Waldorfschulen zu wenig leistungsorientiert“ sind."
Wenn Kinder Glück haben, dann gestatten
es ihre Eltern, dass sie Fehler machen, und es wurde mir von meinen Kindern in
der Pubertät positiv angemerkt, dass ich ihnen intensiv nahegelegt habe,
sich an den Haushaltsarbeit (mit 4 Hühnern) zu beteiligen.
Wenn Kinder Pech haben, dann nehmen ihre Helikopter-Eltern ihnen möglichst alle Alltagsaufgaben und -probleme ab, statt sie
eigene Lösungen aus Fehlern entwickeln zu lassen. Dann haben die Kinder in
unserer Gesellschaft kaum noch eine Chance durch Mit-Tun praktische Kompetenzen
zu erüben.
↑↑ Die Wirkung von fehlendem Zutrauen selbstständig Probleme lösen zu können
Seltenes eigenständiges Lösen praktischer Probleme führt zu einer geringen Erwartung, selbst etwas allein wirksam beeinflussen zu können oder gemeinsam und dass, obwohl es gerade die Aufgabe der Schule ist, Selbstwirksamkeitserwartung aufzubauen. Zum anderen wird das eigene theoretische Wissen oft überschätzt und das Wissen erfahrener Fachleute unterschätzt. Dieser Dunning-Kruger-Effekt kann erst durch den Versuch praktischer Erfahrung durchbrochen werden.
Niedrige Selbstwirksamkeitserfahrung, also die Erwartung, ein wichtiges Problem selbst NICHT lösen zu können, aber wiederum führt nach Albert Bandura und Gerald Hüther zu negativem Stress, Abbau von neuronalen Verbindungen und zu 3 Verhaltensformen, die in den staatlichen Schulen übermäßig häufig zu beobachten sind: Flucht, aggressiver Angriff und Angststarre (innere Emigration). Schule kann nicht verhindern, dass Kinder weiter eigene Wege gehen, so wie sie Gehen lernten, aber wenn dies im Unterricht sozial abgewertet wird, dann wird Kreativität generell etwas verbotenes und abwegiges und die Hürde wird gering, sie in Destruktivität auszuleben.
Für viele Schüler ist das
Einüben von Lernstoff und theoretischen Arbeitsprozessen, die ihrem
Verständnis (und oft auch dem meinen) nach nicht sinnvoll sind, also
keinen Nutzen für das weitere Leben haben, im Wesentlichen eine Abstumpfungsübung.
Für die meisten Schüler ist die Menge des Lernstoffes oft eine
Informationsüberflutung. Die wird oft noch erschwert durch den Focus auf
Fachsprachen statt auf die kausalen Zusammenhänge, die oft auch umgangssprachlich
präzise beschreibbar wären.
Die Maßgabe für die Schüler ist, das diese Flut nicht zu
steuern, nicht zu begrenzen, sondern als Bewertungsmaßstab für das
eigene Wissen zu akzeptieren ist und daran das eigene mangelhafte Nicht-Wissen
zu erkennen. Daher ist eine sinnorientierte Auswahl der Information für
die Schüler selten möglich. Da bleibt In der Schule oft nur Bulimielernen dessen, was von der Mehrheit und den Lehrenden, den Indikator
"wichtig" bekommen hat. Davon so viel wie möglich aufnehmen und
schnell weg damit, wenn nicht mehr wichtig, um Platz für die nächste
Informationsflutung zu schaffen. So wird gelernt nur auf das zu achten, was in
den Medien und in der sozialen Umwelt am meisten wiederholt wird, was
"in" ist, statt selbst zu selektieren und auf Plausibilität zu
prüfen.
Das Recht auf Meinungsfreiheit umfasst auch,
dass Meinungen frei von Argumenten sein können und dürfen,
"Papier ist geduldig". Welche Argumente mehr und welche Argumente
weniger wichtige Kausalitäten und Risiken für die Durchführung
und Ergebnis eines Handlungsplanes beinhalten, zeigt erst die praktische
Anwendung von Wissen. Theorie ohne Praxis, wie sie in der Schule reproduziert
wird, dient nur der rhetorischen Beeindruckung anderer Menschen. Die
Argumentationsketten müssen nicht "zu Ende gedacht sein",
sondern ihr Detaillierungsgrad und ihr Anfang und Ende können ganz auf die
Zuhörer abgestimmt werden, um einen maximalen rhetorischen Effekt bzw.
Zensuren/Punkte aus der Sicht der Lehrer und Vorgesetzten zu erreichen.
Erst die Umsetzung eines Planes zwingt dazu, bei der aktuellen Situation und
ihren Ressourcen anzufangen und erst bei der Prüfung der Ergebnisse
aufzuhören. Die Kausalketten und damit die Argumentationsketten
müssen möglichst so detailliert sein, dass alle Faktoren, die das
Ergebnis wesentlich beeinflussen, im Blick bleiben. Das ist von Anfang bis Ende
denken - und anstrengend.
Ohne Übung in eigenständiger Umsetzung von Plänen bleibt der
Graben zwischen Theorie und Praxis unsichtbar, obwohl er genauso tief ist, wie
zwischen Phantasie und Wirklichkeit. Dieser Graben bleibt unsichtbar in einer
Schulbildung, die ganz überwiegend aus Theorie und deren Praxis meist in
der Ausführung von Anweisungen besteht. Mein Vater widersprach meinen
Argumenten of pauschal mit einem "Du hast keine Erfahrung". Er konnte
es nicht weiter begründen, aber hier kann ich die Begründung
nachliefern. Ohne selbständiges Planen, Tun, Prüfen, Verbessern,
geübt nur in theoretischen "Gedankenspielen", Konsum und Arbeit
auf Anweisung, wird der Graben unsichtbar und die Selbstüberschätzung
im Dunning-Kruger-Effekt folgt. Das geht oft mit einer Geringschätzung der
Praxis und der Ergebnisse der Naturwissenschaften einher. Selbst wenn die
Naturwissenschaft generell respektiert und gelobt werden, können ihre
Methoden und Ergebnissen verachtet werden. Dazu gehört, Thesen so zu
gestalten, dass sie überprüfbar und falsifizierbar sind, wie der von
mir sehr geschätzte Karl Popper in seiner Wissenschaftstheorie beschreibt. Dazu gehört,
Koinzidenzen und Korrelationen, also in zeitlicher Folge oder gemeinsam
auftretende Phänomene von Kausalitäten zu unterscheiden. Dazu
gehört neben dem was bisher gewusst ist, mitzugeben, was unsicher ist,
oder wo wir wissen, was wir nicht wissen.
Aber auch ohne wissenschaftliche Untersuchung und präzise Bestimmung von
Kausalzusammenhängen kann Erfahrungswissen zu reproduzierbaren guten
Ergebnissen führen. Die Anwendung von Gesichtsmasken in Japan, Taiwan und
Südkorea war mit Sicherheit ein Baustein für den Erfolg von nur einem
Viertel der Toten pro Mill Einwohner im Vergleich zu Europa.
Wir können uns besser etwas von anderen abschauen, die Praxis anderer in eigener Anwendung auf unsere Situation und Fähigkeiten anpassen und weiterentwickeln - wenn wir mehr zusammenarbeiten wie seit Millionen Jahren. Daher war mein Vater ein etwas unsicherer Autofahrer, er fuhr immer mit einem Blick auf die Felder der anderen Bauern durch's Land.
Das ein auf Gehorsam statt
Kompetenzentwicklung ausgerichtete Schulsystem in der Demokratie beibehalten
wurde, obwohl dort gerade andere Fähigkeiten und Kompetenzen gebraucht
werden, das scheint mir zu der verbreiteten Untätigkeit oder
Unfähigkeit(?) der Bevölkerung zu führen, sich durch das
kooperative praktische Lösen von Problem aktiv an der Demokratie zu
beteiligen.
Zur Abstumpfung in den staatlichen Schulen gehört das Aushalten des
Widerspruchs zwischen Theorie und Praxis: so muss die theoretische Vermittlung
von Demokratie in einem autoritären Schulsystem notwendigerweise praktisch
scheitern. Eingeübt wird stattdessen das Aushalten der Diskrepanz zwischen
vermittelter Theorie und Praxis als unausweichlich "normal" in einem
System, das sich nicht wesentlich beeinflussen lässt und wo Mitbestimmung
Ausnahme und nicht die Regel ist. Allenfalls durch Protest lässt sich
vielleicht etwas erreichen, zumindest aber ist es ein Ausbruch aus der Ohnmacht.
Das scheint mir ein Faktor für den Abfall der Demokratie als einer der
drei wichtigsten Werte von 23% bei den 50-69 Jährigen auf 12-13% bei den
14-49 Jährigen zu sein, wie die Trendstudie Jugend in Deutschland 2023 von Simon Schnetzer u.a. zeigt.
Das ist Ausbildung zum isolierten Untertanen in autoritären Gesellschaften und nicht zum Selberdenken, zum Mit-Herrscher in einer Demokratie. Das solche Wahlberechtigten "Anhänger" von Parteidogmen werden und autoritäre Politiker schätzen, wundert mich seit dieser Erkenntnis nicht mehr. Es macht mir auch verständlicher, warum eine der ältesten Demokratien der Welt, die USA Demokratien im Kongo, Persien (Iran), Chile, Nicaragua, … zerstört hat und beinahe 2021 ein Wechsel zur Autokratie möglich gewesen wäre - wie es in vielen Demokratien der Welt immer wieder passiert, dass sie sich zu Autokratien wandeln, wie es den reduzierten Kompetenzen und eingeübten Verhaltensweisen der meisten Wahlberechtigten entspricht. Wenn die dogmatische Festlegung auf Wahrheiten und Machtpositionen wichtiger ist als die die Erarbeitung von neuem Wissen aus Zusammenarbeit, dann ist die Kooperationsfähigkeit von Parteien in den Parlamenten und der Staat gefährdet, wie in den USA oder Belgien (2010 Regierung 535 Tage nach der Wahl, 2019 493 Tage).
Sinnhaftes Problemlösen kann nur auf die soziale Umgebung, die Gesellschaft angewendet werden und benötigt die Integration des Wissens aus verschiedenen Fachgebieten. Dem steht die starke Differenzierung in Schulfächer entgegen und die "arbeitsteilige" Isolation der Schule von der Gesellschaft und den Arbeitswelten. In Schulen darf nur Wissensvermittlung von diplomierten Fachlehrern vorgenommen werden. Eltern und andere mögliche Vermittler von Wissen und Kompetenzen in der Gesellschaft haben keine Chance, im staatlichen Schulsystem mitzuwirken. Nicht einmal bei starkem Lehrermangel und Klassenstärken bis zu 36 Kindern (in der Realschule wird eine Klasse ab 36 Schüler geteilt, am Gymnasium ab 32) wird der Einsatz pädagogischer Unterrichtsassistenz in Erwägung gezogen.
Aber die Künstliche Intelligenz fordert jetzt die Leistungsermittlung durch Wiedergabe und Übertragung theoretischen Wissens heraus - weil sie es besser kann und ihre Ergebnisse schnell kopiert, modifiziert und als eigene ausgegeben werden können. Vielleicht erzwingt das künftig wieder ganzheitliches Denken UND Handeln mit Ergebnissen und Verbesserungsmöglichkeiten als Maßstab menschlicher Leistung in unseren Bildungseinrichtungen.
Das praktische Fähigkeiten und Kompetenzen in der Schule gefördert werden können, zeigen alternative Schulkonzepte wie z.B. die Waldorfschulen mit Werkstätten, Lehrküchen und Gärten. Es schmerz mich tief, dass selbst bei Klassenstärken von 30 mit 2-3 pädagogisch geschulten Profis aus der Bürgerschaft und einer Stelle pädagogischer Assistenz zusätzlich zur diplomierten Lehrerschaft Kochen von Schülern für Schüler, Gartenbau und etwas Kleintierhaltung ebenso wie die Renovierung von Klassenzimmer und Schulgebäude sinnhaftes soziales Handeln und Kooperation vermitteln könnte, aber verhindert wird.
Die Probleme unseres Schulsystems sind seit Jahrzehnten von der Pädagogik untersucht und alternative Konzepte wurden vorgelegt. Das selbst die vielen sehr engagierten Lehrer:innen und Eltern es nicht schaffen, zeigt ein System mit der Kultusministerkonferenz (KMK) an der Spitze, das nicht mehr reformfähig ist, nicht mehr lernfähig ist, auch nicht durch schöne Versprechungen in Parteiprogrammen. - Fatal wenn in diesem System gerade das Lernen gelernt werden soll. Auch hier ist aus meiner Sicht eine Informationsfilterblase entstanden, in der die Schulplaner sich selbst bestätigen, das praktische Erfahrung und Kompetenzen nicht wichtig sind und sein werden, weil sie es Generationen nicht waren. Auch hier scheint mir die Fähigkeit des bisherigen Parlamentarismus und der Kultusministerkonferenz neue zukunftsfähige Konzepte zu entwerfen und umzusetzen wohl an eine Grenze zu kommen.
Christen beten im Vater (Mutter) unser … Dein Wille geschehe. Nun meinen wir unseren eigenen Willen zu kennen, aber wie können wir den Willen der Schöpfer:in des Universums und unseres Lebens erfahren?
Genesis 1 zeigt, dass die lebendige Schöpfung von dem einen Gott aus dem Chaos in Bewegung gebracht wurde, indem von einfachen Vorgängen und Wesen begonnen, immer komplexere Wesen ins Leben gerufen wurden bis zu den Menschen, Frau und Mann. Und es wird ebenso berichtet, Gott urteilte: es war gut! Umgekehrt lässt sich daher die Güte Gottes an der Güte der Schöpfung erkennen. Mir scheint auch der Salomonische Tempel wie er im Alten Testament beschrieben wird mit den freistehenden Säulen Jachin ("er hat aufgerichtet") und Boaz ("mit Macht"), mit floralen Verzierungen, gekrönt mit einer Lotusblüte und je 100 Granatäpfeln (Symbol der Fruchtbarkeit) gibt dem Glauben Ausdruck, das die göttliche Schöpferkraft diese lebendige Schöpfung nicht nur mit Macht aufgerichtet hat, sondern immer weiter wachsen lässt und über die Fruchtbarkeit der Generationen am Leben erhält.
Das beinhaltet auch eine umgekehrte
Aufforderung: wenn wir Menschen glauben sagen zu können, Gott ist gut,
dann aber die Güte der Schöpfung nicht erkennen können, ist
vielleicht unser Erkenntnisvermögen etwas eingetrübt?
2 konkrete Beispiele:
1. wenn Gott Menschen ins Leben ruft, die Menschen gleichen Geschlechtes
lieben, zeigt dann nicht die Natur im Einklang mit dem höchsten ethischen
Wert den Jesu aufzeigt, der Liebe, das dies höchstwahrscheinlich Gottes
Willen entspricht?
2. wenn Gott Menschen ins Leben ruft, die anderen Glaubens sind, einer anderen
Religion angehören und ethische Werte wie Geschwisterlichkeit und Liebe
leben, ist es dann nicht gegen den Willen Gottes, wenn versucht wird, diese zu
töten, zu unterwerfen und sie mit Nötigung von ihrem bisherigen
Glauben abzubringen?
Mir scheint, Albert Schweizer zeigt es auf: "Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will." Das heißt wie ich die Schöpfer:in in den anderen Geschöpfen erkennen kann, so kann ich Ihren Willen zumindest teilweise in deren Willen zu Leben erkennen. Die Goldene Regel führt weiter: Wenn ich andere behandle, wie sie behandelt werden wollen, damit sie mich behandeln wie ich behandelt werden will, dann ist es notwendig uns unseren jeweiligen Willen gegenseitig kundzutun, um herauszufinden, wie wir ein Maximum des Gewollten aller Beteiligten verwirklichen können. Jede:r Beteiligte hat dabei die Möglichkeit anzuzeigen, dass sie ihren Willen zu wenig berücksichtigt findet. Alle sind aufgerufen die Bedürfnisse aller mit im Auge zu behalten und wo möglich, mit darum kümmern.
Wo auch immer Kampf und Krieg ein Ende finden, darf es nicht wie bisher vorwiegend um Abgrenzung der Herrschaftsbereiche gehen. Sondern alle Beteiligten müssen in einem demokratischen Prozess aufgerufen werden, ihre soziale und politische Organisation mit aufzubauen, ihren Willen mit einzubringen in Parlamente, Bürgerräte und andere Formen demokratischer Willensäußerung. Dabei hilft jegliche Übung in humanistischer Kooperation und in deren Selbstorganisation. Gleichzeitig benötigen wir die UNO als unparteiischen Dritten, der darauf achtet, dass Vereinbarungen eingehalten werden und die betroffenen Bürger frei zu Wort kommen und sich organisieren dürfen und können.
Du sollst nicht töten, stehlen, falsch
aussagen, erscheinen mir dem Willen der allermeisten Menschen zu entsprechen,
gute Handlungsmaxime und Grundlage einer "Allgemeinen Gesetzgebung"
im Sinne Kant's und damit zugleich Ausdruck des Willens Gottes, wie es seit
über 3000 Jahren überliefert wurde und am 4. Sept. 1993 in der Erklärung zum Weltethos vom Weltparlament
der Religionen bestätigt wurde zusammen mit der
Verpflichtung auf Gewaltlosigkeit, Ehrfurcht vor dem Leben, Solidarität und
eine gerechte Wirtschaftsordnung, Toleranz und Leben in Wahrhaftigkeit sowie
Gleichberechtigung und Partnerschaft von Mann und Frau.
Daraus folgt, dass ich alle fragen möchte, die ohne existentielle Not
andere Menschen töten, ob sie nicht erkennen können, dass sie sowohl
Feinde der Menschen als auch Feinde Gottes sind?
Für mich ist es noch schlimmer: nicht nur dass sie Geschöpfe Gottes
töten, sondern sie zwingen andere Menschen in die Not des Existenzkampfes
um ihr Leben und damit in den Gewissenskonflikt andere Menschen, Soldaten
töten zu müssen, um das eigene Leben und das ihrer Nächsten zu
erhalten. Auch wenn die Notwehr sie zum Töten berechtigt, so töten
sie doch Geschöpfe, Mitmenschen und es bleibt die Unsicherheit, die
Gewissensqual, ob dies angemessen ist, ob es nicht besser ist, das eigene Leben
wie Jesus zu geben, als andere zu töten.
Dazu kommt die Qual, die eigene Tötungshemmung zu überwinden und
diesen angeborenen Schutz vor ethischer Perversion zu verlieren.
Viele Soldaten leiden aus dieser Entscheidungsnot für den Rest ihres
Lebens an posttraumatischen Belastungssyndromen.
Ein Angriffskrieg ist aus meiner Sicht eines der schlimmsten Verbrechen, dessen
Menschen fähig sind.
Aber auch Verbrecher blieben Mitmenschen, bleiben Geschöpfe, diesen Respekt dürfen wir nie verlieren trotz ihrer teilweise hassenswerten Taten, sonst geben sie die Krankheit ihrer Inhumanität an uns weiter und wir werden selbst respektlos gegenüber Menschen und Schöpfung.
Die Menschen, die nach der Goldenen Regel leben oder leben wollen müssen den Raum ihrer Geltung ausdehnen, dem Gesetz des Stärkeren Einhalt gebieten, den Bereich der Herrschaft zurückdrängen. Das bedeutet, das ALLE Beteiligten ohne Ausnahme, auch die Verbrecher in die Friedenskommunikation einbezogen werden müssen. Das ist die Strategie von Mediation und Restorative Justice und teilweise bei der Sozialen Verteidigung. Die linke Backe hinzuhalten ist keine Unterwerfung, sondern Eröffnung der Friedenkommunikation, es ist eine prüfende Frage: War es gerecht, mich auf die rechte Backe zu schlagen?
Wenn die Gewaltherrschaft aber keine
Friedenskommunikation zulässt, weil sie diejenigen tötet, die es
wagen ihren Mund aufzumachen, dann bleibt aus meiner Sicht nur, der Gewalt der
Angreifer in Notwehr durch Gegengewalt Grenzen setzen. Ich stimme mit dem Friedenszeugnis
der Quäker überein, das Frieden mehr ist als
der Nicht-Gebrauch von Waffen, sondern nach der Goldenen Regel den anderen
gedeihen lassen, wie Mensch selbst leben und gedeihen möchte. Ein
Schweigen der Waffen unter totalitärer Herrschaft wäre noch kein
Frieden. Mich beeindruckt das Leid, das die frühen Christen, Quäker
und andere Pazifisten dafür auf sich genommen haben, nicht mit Waffen auf
Menschen einzuwirken, sondern gewaltfrei so weit wie möglich Widerstand zu
leisten. Ich respektiere, wer sich lieber - hoffentlich nur zeitweise -
unterwerfen lässt, um nicht selbst zu Gegengewalt zu greifen oder gar die
Gewaltmenschen zu töten. 1987 wurde das Recht zur Kriegsdienstverweigerung von der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) als allgemeines
Menschenrecht anerkannt.
Aber für mich stehen die Werte des einander gedeihen lassen mit
Menschenliebe und der Erhalt des sozialen Raums der Goldener Regel höher.
Daher respektiere ich auch, wer den Gewaltmenschen mit möglichst geringer
Gewalt wie auch immer Einhalt gebietet und dabei Töten möglichst
vermeidet. Denn wie gesagt, Töten tötet immer weit mehr als nur
diejenigen, die ihr Leben verlieren. Ein Schutz durch Verteidigungswaffen wie
z.B. zur Panzerabwehr oder Luftabwehr zum Schutz der Zivilbevölkerung
erscheinen mir ethisch vertretbarer als Angriffswaffen. Und Nein, ich habe
keine eindeutige Antwort…
Der Raum, in dem das Gesetz des Stärkeren
herrscht, wird nicht dadurch zum "Guten" gewandelt, dass ein
siegreicher Herrscher den anderen beseitigt, sondern nur durch die Wiederaufnahme
der Kommunikation aller Beteiligten und demokratischer Teilhabe, die den Raum
der Goldenen Regel wieder herstellt.
Dazu erscheint es mir hilfreich, dass möglichst alle Beteiligten die
Waffen ablegen oder zumindest niederlegen und eine nicht im Konflikt
involvierte Partei wie die UNO ein Gewaltmonopol aufrichtet, das später an
staatlichen Organisationen übergeben werden kann. Die Selbstorganisation
der Gemeinden und eine Soziale
Verteidigung können dies unterstützen. Wenn
alles nicht hilft, wäre ein letztes Mittel, allen Beteiligten Zugang zu
einfachen Waffen wie Revolver zu ermöglichen, um eine basisdemokratische
Gewaltbeteiligung wie in den USA des 18. und 19. Jh. zu ermöglichen. Das
klingt archaisch, aber so ist die Situation zwischen den Staaten bis heute: bis
auf Costa
Rica haben nahezu alle Länder mit mehr als ein
paar Mill Einwohnern eine Armee. Wer von einem stärken Nachbarn
überfallen wird, kann nur überleben, wenn er diesen aufhalten kann,
bis sich genügend Länder bereitfinden und ggf. auch die UNO, um den
Abwehrkampf zu unterstützen.
Mir ist kein Fall bekannt, wo eine Eroberung durch eine Soziale Verteidigung
verhindert werden konnte, auch wenn Gewaltfreier
Widerstand z.B. in Prag 1968 oder in der Quit-India-Bewegung Ghandis seit 1942 erhebliche Wirkung zeigte. Meine Hoffnung
wäre, wenn größere Teile der Bevölkerung genügend
Übung in der Selbstorganisation humanistischer Kooperation haben,
könnte dies die Organisation einer Sozialen Verteidigung nicht nur gegen
äußere Feinde, sondern auch gegen Autokratien unterstützen.
Wesentlich ist eine überstaatliche Rechtsprechung, z.B. durch den Internationalen Strafgerichtshof, die konsequent nicht nur die Kommandeure von militärischen Verbänden verfolgt, wenn sie staatliche Gesetze oder Staatsgrenzen überschreiten, sondern auch die Soldaten selbst. Voraussetzung ist, dass wie im deutschen Recht § 11 - Soldatengesetz jeder soldatische Gehorsam endet, wenn Menschenrechte verletzt oder Straftaten begangen werden. Das Verweigern des Gehorsams in solchen Situationen sollte in jeder Armee geübt werden. Dazu gehört auch, wie eine Gruppe zu einem Konsens oder Konsent über eine Entscheidung zur Gehorsamsverweigerung gelangen kann.
Verbrecher mit gleicher Münze ihrer
Verbrechen heimzuzahlen, wenn sie unter Kontrolle gebracht werden konnten, ist
nicht nur eine Behandlung nach dem Recht des Stärkeren, sondern auch zum
Schaden der Gemeinschaft, die nach der Goldenen Regel lebt. Ein Todesurteil
bringt zwar endgültige Sicherheit, dass Verbrecher keinen Schaden mehr
anrichten können, aber es widerspricht unbedingt dem Respekt vor dem
Geschöpf und dessen Lebenswillen.
Weitere Nachteile: Irrtümer der Todesstrafe können nicht korrigiert
werden. Und Autokraten werden ihre Macht zur Vermeidung der Strafe ohne
Rücksicht auf den Schaden für die Gesellschaft verteidigen, wenn es
für sie kein Leben nach dem Machtverlust gibt oder eine langjährige
Freiheitsstrafe.
Aus meiner Sicht ist Wiedergutmachung als
ausgleichende Gerechtigkeit der Strafe vorzuziehen. Freiheitsstrafe nutzt
niemand, ist teuer, gibt nur Schutz vor Wiederholung aber zugleich auch eine
"Ganovenuniversität" in den Strafanstalten, wo Methoden erst
weitergegeben und gelernt werden.
Der Schutz vor Wiederholung der Straftat lässt sich heute oft auch durch
Fußfessel und überwachte Kommunikation des Straftäters
verwirklichen, der dann aber durch Arbeitseinkünfte den Schaden zumindest
teilweise wiedergutmachen kann.
Das bedeutet aber für Menschen die
jahrelang nach dem Gesetz des Stärkeren gelebt haben, die Wirksamkeit der
goldenen Regel zu lernen, ihre positive Wirkung zu erfahren. Dabei geht es
nicht nur um Autokraten, sondern auch um hunderttausende, die als Kinder und
Jugendliche in die Soldateska von Warlords gezwungen wurden, ohne
ökonomische Zukunft von Verbrechersyndikaten angeworben werden konnten
oder ideologischen Kampfgruppen wie dem Islamischen Staat angehörten. Mediation und Restorative Justice erscheinen mir oft bessere
Instrumente als die Strafgerichtsbarkeit um Straftäter in die Gesellschaft
zurückzuführen.
Fanatismus scheint mir nicht nur in
Autokratien, sondern teilweise auch in Demokratien zu gedeihen. Wenn
"Verständnis" für andere aufgrund der "Gefahr"
künftiger gegenseitiger Zustimmung abgelehnt wird, dann wird zugleich die
kooperative Intelligenz und die Anwendung der goldenen Regel blockiert und ein
stumpfsinniger Kampf nach dem Recht des Stärkeren beginnt - wie mir
scheint, oft nur um, die Argumente der Anderen weiter als irrelevant ignorieren
zu können.
Die Ablehnung eines Dialogs mit Argumenten wie "Mit Terroristen, Nazis,
Islamisten, Kommunisten… redet man nicht…" ist zugleich ein
Indikator dafür, dass ein politischer oder realer Krieg nicht aus
Nützlichkeitserwägungen geführt wird, denn dann wäre ein
Dialog sinnvoll, um den beiderseitigen Vorteil zu erkunden[13].
Das Hauptziel scheint mir z.B. im Irak- und Ukrainekrieg darin zu liegen, die
Gegner zumindest so machtlos zu machen, dass ihnen der Dialog und die gleichen
Rechte als Menschen ohne eigene Nachteile verweigert werden können. Ein
realer Nutzen für den Angreifer, zumindest nicht im Verhältnis zu den
Kosten, ist mir aus den Berichten über die beide Kriege und ihre Folgen
nicht bekannt geworden.
Zu der geistigen Degeneration durch Verlust
der kooperativen Intelligenz mit dem "Gegner" kommt die sich selbst
erfüllende Prophezeiung der Fanatiker, dass sie bedroht seien. Wer den
Dialog verweigert und damit die Kooperation, der erwartet, dass nur noch das
Recht des Stärkeren herrscht. Jede Diskrepanz mit anderen Menschen wird
damit automatisch zum Machtkampf. Selbst wenn andere Staaten allgemein
internationales Recht und Verträge achten, wird jede abweichende Auffassung
als Bedrohung aufgefasst, der nur noch durch Stärke begegnet werden kann,
die den "Gegner" manipuliert. Diese aggressiven Akte lassen
Gegenaggression erwarten und so wird jede Reaktion Anderer als Aggression
interpretiert - siehe, da die Fanatiker sind bedroht.
Und ja, oft ruft eine aggressive Aktion eine reziproke Gegenreaktion,
Gegengewalt hervor - da ja der Dialog verweigert wird. Mir scheint das
Fanatiker in einer geistigen Destruktion aus dem Verlust der kooperativen
Intelligenz durch den Verlust des Dialogs mit den vermeintlichen Gegnern und
durch ihre abgeschottete Informationsblase und ihre sich selbsterfüllenden
Prophezeiungen gefangen sind. Dazu kommt in Autokratien die eine
Autokratendemenz der Ja-Sager und die Untertanendemenz.
Wenn aber das Wissen um Gruppen mit anderen Werten, Zielen, Weltmodellen abnimmt, dann verringert sich die Vorhersehbarkeit von deren Handeln. Wenn nicht mehr geübt wird, diesen Gruppen in Dialog zu treten, dann nimmt das Selbstvertrauen ab, Probleme mit diesen Gruppen im Dialog und im Folgenden kooperativ lösen zu können. Trauen wir uns aber eine Problemlösung nicht zu - folgt in der Regel unkontrollierter Stress, also Kampf, Flucht oder Angststarre. Der Neurologe Gerald Hüther betritt mit diesen Ergebnissen das Feld der Pädagogik und der Unternehmensberatung.
Stress hat starke Auswirkung auf das Lernen. Erst wenn etwas so wichtig ist, dass es uns erregt, ist es wert, dass verstärkt neuronale Verbindungen geknüpft werden. Die Erwartung, das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, die Situation wirksam beeinflussen zu können, erzeugt einen Stress, der das Gehirn veranlasst neue neuronale Verbindungen aufzubauen, zu lernen, um den Erfolg schnell und effizient reproduzieren zu können. Hüther nennt dies kontrollierten Stress und unterscheidet ihm vom unkontrollierten Stress, der auftritt, wenn wir annehmen, ein wichtiges Problem nicht lösen zu können.
Wenn ich erwarte, ein Problem nicht
lösen zu können, aber dem Problem nicht aus dem Wege gehen kann,
entsteht aus der fehlenden Selbstwirksamkeitserwartung unkontrollierter Stress.
Der hilft zu Flucht, Kampf oder Angststarre aber selten zum genauen Hinschauen
und Lernen. Wenn das Problem oder die Aufgabe auf Dauer nicht bewältigt
werden können, dann sind die vorhandenen neuronalen Verbindungen
offensichtlich wenig brauchbar und sie werden ausgedünnt oder abgebaut, um
Platz für neue zu schaffen. Trauen sich Schüler eine Aufgabe nicht
zu, können sie durch Zwang in unkontrollierten Stress getrieben werden,
indem statt zu lernen noch Gelerntes vergessen wird.[14]
Mir hat Hüther verständlich gemacht, das Aggression oft weniger auf
"Bösartigkeit" oder Ablehnung eines Gegners beruht als vielmehr
aus dem mangelnden Selbstvertrauen, den Konflikt lösen zu können.
Die Ablehnung von Dialogs ist also ein direkter Indikator von fehlender Selbstwirksamkeitserwartung die wiederum direkt zu aggressivem Verhalten führt, auf der individuellen ebenso wie auf der politischen Ebene. Es ist mir seit Jahrzehnten immer wieder schmerzhaft zu erleben, dass bei politischen ungelösten Konflikten nach unerwünschtem Verhalten der anderen Seite die Botschafter abgezogen werden. Eigentlich wäre verstärkter Dialog notwendig um kooperative Intelligenz zu entwickeln, aber zum einen fehlt das Zutrauen auch in die eigene Dialogfähigkeit, zum anderen wird einfach unerwünschtes Verhalten mit unerwünschtem Verhalten gespiegelt, keineswegs nach der Goldenen Regel und zumeist unproduktiv wie die unzureichende Umsetzung und Kontrolle der Abkommen von Minsk I & II. Ein solches Abkommen hat nur einen dauerhaften Erfolg entsprechend der Prozeduren und Institutionen, die es praktisch umsetzen, die Einhaltung kontrollieren und bei Nicht-Einhaltung vereinbarte Maßnahmen ergreifen.
Kommunikation fördert in jedem Fall die Intelligenz der Beteiligten und daher erscheint es mir auch plausibel, dass Spionage generell den Frieden fördert. Je mehr eine Regierung über die Vorhaben der anderen weiß, desto weniger Verdächtigungen und Mutmaßungen, präventives Rüsten und Angreifen. Das Ausweisen von Botschaftsangehörigen mit dem Vorwurf der Spionage ist also erst einmal Kriegstreiberei. Allerdings sind ggf. empfindliche Angriffsziele für die Gegenseite weiterhin gut zu verheimlichen. …
Es ist eine besondere geistige
Herausforderung, mit Menschen umzugehen, die ihr Denken so weit abgeschlossen
haben, dass sie jede andere Meinung nur noch als Bedrohung ablehnen. Ein Dialog
als Austausch aneinander anschließender Argumentationen erscheint oft
unmöglich und das Kontrollbedürfnis derer, die sich in ihrem
bisherigen Denken "verschlossen" haben, um die Welt und die Zukunft
zu beherrschen, ist unerfüllbar.
Aber Fanatismus beginnt mit Informationsblasen und jeder Dialog in Respekt vor
dem eigentümlichen Geschöpf des Mitmenschen bildet kooperative
Intelligenz und regt alle Beteiligten zum Lernen an. Es ist die Chance der
Friedfertigen, die Kommunikation aufzunehmen mit denen, die auf ganz
unterschiedliche Weisen anders sind, ihnen Freundlichkeit und Menschenliebe zu
zeigen und die Fähigkeit dem umzugehen, was bisher undenkbar erschien.
Hilfreich sind aus meiner Erfahrung und der
Pädagogik dabei die 4 Quellen der Selbstwirksamkeitserwartung nach Albert Bandura zu unterstützen:
1. Persönliche Erfahrung aus Handeln, bisherige Erfolge …
2. Vorbild anderer, möglichst ähnlicher Menschen und Lebewesen
3. Zuspruch von Vertrauenspersonen
4. Physiologische Reaktionen wie Herzklopfen, Angstschweiß… die das
Gefühl, dem Problem nicht gewachsen zu sein, verstärken.
Kontrollfragen für Menschen mit geringer
Selbstwirksamkeitserwartung und deren Unterstützer:innen:
1. War die Bewertung der Erfolge/Misserfolge meines Handelns angemessen?
2. Waren meine Vorbilder/Idealbilder angemessen gewählt?
3. Waren meine Vertrauenspersonen und ihr Zuspruch / ihre Ablehnung angemessen?
4. Kann ich meine physiologische Reaktion durch Änderung meiner Erwartung
und Planung beeinflussen?
Diese direkte Unterstützung ist für Menschen im eigenen Umfeld möglich, bricht die Filterblasen auf und reduziert die aggressiven Potentiale durch Beziehungspflege. Es gibt auch auf gesellschaftliche Gruppen übertragene, erprobte Methoden mit denen Friedensarbeit von verschiedenen Gruppen geleistet wird, siehe datenrecherche.de/#Friedensarbeit.
Fanatiker können fremd- und selbstgefährdend werden, mit mehr oder weniger stark beschränkter Lernfähigkeit handeln sie oft gegen "besseres Wissen" anderer. Ebenso können sie sich einfach schon durch die Existenz anderen Wissens und anderer Lebensformen in Frage gestellt sehen und existentiell bedroht fühlen, wie in der Fremdenfeindlichkeit, Homophobie… Existentielle Bedrohung führt oft zu massiver Aggression gegen das, was als Bedrohung wahrgenommen wird.
Wenn Fanatiker andere Argumente außerhalb ihrer Meinung nicht mehr aufnehmen können, ist teilweise ein Einhegen in die Goldene Regel mit üblichen Methoden, Dialog und Verhandeln der besten Befriedigung aller Bedürfnisse nicht mehr möglich. Dann ist eine Begrenzung ihrer Einflusssphäre sinnvoll.
Ein tieferer Wunsch der Menschen in abgeschlossenen Denkgebäuden ist die Kontrolle, die Vorhersagbarkeit der Zukunft. Sie einem festen Rahmen zu unterwerfen, ihr selbst- und fremdschädigendes Verhalten zu begrenzen, entspricht daher zum Teil ihren Bedürfnissen, wenn auch vielleicht ihnen selbst verborgen. Stabile, unüberwindliche, unveränderliche Grenzen geben eine unerwünschte aber akzeptierbare Erwartungssicherheit, wenn ihnen ein zwar einseitig aber nach der Goldenen Regel angemessener Lebensraum erhalten wird, wie die Mitmenschen ihn sich selbst geben würden. Ebenso wie Wahnsinnige, psychisch Kranke, bleiben für mich auch Fanatiker Menschen mit ihren Menschenrechten. Sie brauchen aber eine ihrer Fremd- und Selbstgefährdung entsprechende Begrenzung ihrer Aktionsmöglichkeiten. Die Grenzen müssen natürlich gesichert werden, damit die Fanatiker möglichst keinen Schaden bei anderen anrichten können. Und jeder Dialog kann nur willkommen sein …. Generell ist das Gewaltmonopol des Staates und die Justiz ein guter Schutz. Wo dieses fehlt, kann humanistische Kooperation mit Selbstorganisation und Sozialer Verteidigung einen gewissen Schutz aufbauen.
Eine unabhängige, starke Justiz ist nicht nur in der Verfolgung von Verbrechen wirksam, sondern auch für die Verbrecher ein Angebot. Gewalt und Verbrechertum sind ein selbstverstärkender Kreislauf in der nur der Selbstschutz kleiner Gruppen durch Gewalt funktioniert was letztlich für alle diese kleinen gewaltbereiten Gruppen eine große Unsicherheit bringt. Eine starke Justiz ermöglicht dem Gewaltmonopol des Staates zu vertrauen und dafür den unsicheren Selbstschutz aufzugeben. Dazu muss allerdings die Bevölkerung selbst in Bürgerräten, Parlamenten und ähnlich demokratischen Organisationen die Qualität der Justiz und der Polizei kontrollieren können.
Wenn Autokratien sich zur Diktatur wandeln, indem die Medien gleichgeschaltet werden und abweichendes Denken so weit wie möglich verfolgt wird, dann scheint mir nur verdeckte Nachbarschaftshilfe zu bleiben. Trotz der monotonen Propaganda bleibt jeder Mensch für sein Denken selbst verantwortlich und ebenso für die Kommunikation mit vertrauenswürdigen Mitmenschen.
Um die Informationsblasen aufzustechen ist es
auch in den Demokratien notwendig, den Dialog mit Fanatikern zu führen und
nicht etwa deren Medien abzuschalten. Stattdessen sollte der demokratische
Staat mit Parlament und Bürgerräten Institutionen für die
öffentliche qualitative Aufbereitung von aktuellem Wissen zu schaffen und
ggf. die Medien der Fanatiker mit entsprechenden "Faktenchecks"
begleiten. Das baut eine Dialogbasis für die ganze Gesellschaft auf und
kann an den Schulen genutzt werden, um aktuelles Wissen mit nachvollziehbarer
Qualität in praktischem Problemlösen zu nutzen und darin den Umgang
mit Nichtwissen zu lernen.
Viel Fake
News entsteht durch unreflektierte Weitergabe von
Wissen von Einzelpersonen in den Sozialen Medien ohne die Intelligenz einer
kooperativen Prüfung von Fakten und Argumentationen wie es zum Beispiel
der Wikipedia, Wikinews, Wikibooks geschieht. Dialog, Kooperation und
praktische Anwendung von Wissen ist das beste Mittel gegen Fake News und
"absolute" Wahrheiten. Das beste Gegenmittel gegen den Dunning-Kruger-Effekt der
Überbewertung des eigenen theoretischen Halbwissens sind eigene praktische
Versuche und praktische Kooperation.
Wenn wir eindeutiger zeigen können, dass Demokratien effizienter investieren und das Wohlergehen aller Menschen der Welt sichern können, dann hätten Autokratien weniger Chancen und würden den Frieden weniger bedrohen. Bisher investieren Demokratien zu wenig[15] und oft ineffizient, wie die Beispiele des Bundesrechnungshofes zeigen oder die "Altmaier-Delle" im Rückgang der Investitionen in Erneuerbare Energien in der letzten Regierung Merkel. In der repräsentativen, parlamentarischen Demokratie sind wie im Grundgesetz festgelegt, die "Abgeordneten des Deutschen Bundestages … Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Aber auch unabhängige Vertreter bleiben denen, die sie vertreten, dem Volk, Rechenschaft schuldig, zu berichten, was wer warum getan hat, mit welchen Folgen. Sonst hat das Volk auch keine freie Wahl aufgrund von Absichten, Plänen, politischen Betätigungen und deren Auswirkungen aus den zur Wahl stehenden Kandidat:innen auszuwählen. Für mich sieht es so aus, als ob wir gezwungen sind, weitgehend blind zu wählen, vorwiegend aufgrund von Eigenwerbung und journalistischen Berichten.
Parlamentskompromisse schaffen komplizierte Regelungen. Dazu kommt Parkinson's Gesetz, nach dem bürokratischen Institutionen unabhängig von ihren Kernaufgaben immer weiter an Mitarbeitern durch komplexere interne Selbstverwaltung wachsen bis an die Grenze des maximalen verfügbaren Budgets. Diese beiden Tendenzen erzeugen gemeinsam eine Ineffizienz, die für die Demokratie existenzbedrohend werden kann. Der Bau des BER, des Berliner Flughafens hat nur Leuchtturmcharakter.
· Die Deutsche Bahn wird von Jahr zu Jahr unpünktlicher, so dass die Verspätungskosten für beruflich Reisende immer weiter zunehmen und zur Nutzung des PKW unter Abgabe eines gravierend größeren CO2 Äquivalents (Fußabdruck) zwingen.[16]
· Der schleppende Ausbau von Internetverbindung und Mobiltelefonie zur Abdeckung der bewohnten Gebiete in Deutschland führte zur Landflucht von Betrieben und Arbeitnehmern mit der Folge der teilweise schleichenden teilweise offensichtlichen Verarmung großer Bevölkerungsgruppen durch hohe Mieten in den Ballungszentren.
· Seit Jahrzehnten werden in NRW im Durchschnitt nur circa die Hälfte der Brücken pro Jahr repariert, die baufällig werden.
· Das unser Schulsystem vorwiegend theoretisches Wissen fördert und damit die individuelle Entwicklung von Kompetenzen aus praktischer Erfahrung behindert, wird seit Jahrzehnten vor allem von Arbeitgebern beklagt und nichts Wesentliches an Lehrplan und Unterrichtsmodellen geändert.
· Insgesamt wurden der seit 1980 allen bekannten Klimakrise mehr als 40 Jahre keine adäquaten Maßnahmen von der Regierung entgegengesetzt und auch das selbstbestimmte Engagement der Bevölkerung wurde nicht gefördert. Als Basis für Kaufentscheidungen wäre ein CO2-Klimalabel / Carbon emission label eines Produktes für Produktion, standardisierte Verwendung und die Entsorgung bzw. das Recyclen eines Produktes notwendig. Man könnte einfach als Zeitrahmen eines Produkt-LifeCycle die Garantiezeit annehmen. Das würde es interessanter machen für die Firmen eine längere Garantie anzubieten und die Lebensdauer der Produkte zu erhöhen, um Kosten und CO2-Equivalent den pro Jahr gering zu halten. Aber gegenwärtig sind nur ganz wenige Produkte mit einem Klimalabel ausgestattet, ich befürchte, weil die Berechnung auch dafür verwendet werden könnte, das CO2-Equivalent durch CO2-Zertifikate zu kompensieren.
· Analog: Wenn Regierung und Nahrungsindustrie ein Interesse an der Gesundheit ihrer Kunden hätte, dann würden Sie die Energiedichte (Kalorien pro Kilo) und den Anteil Rohfaser bei Nahrungsmitteln mit angeben, die maßgeblich für die Vermeidung von Übergewicht und Diabetes sind.
Wechselnde Regierungen in Bund und Ländern mit CDU, FDP, SPD, Grünen achten darauf, was ihre Chancen erhöht, kurzfristig, also in der nächsten Legislaturperiode wiedergewählt zu werden.
Andererseits ist eine Teilnahme an der
parlamentarischen Demokratie ohne die Mitgliedschaft in einer Partei kaum
möglich. Außerparlamentarische Organisation wie
Naturschutzverbände sind auf Lobbyarbeit beschränkt.
Informationsbeschaffung ist sehr aufwändig, da Behörden und
Regierungen gerne eigene Internetseiten und Dokumenten-Managementsysteme
aufbauen (eine Auswahl siehe datenrecherche.de/#Politik) statt die existierende strukturierte Dokumentenverwaltung Open Data Deutschland, daten-deutschland.de = govdata.de zu nutzen, die für Bund, Länder und Gemeinden angelegt wurde.
Die hatten für Coronaregeln und -hilfen mehr als 1000! amtliche
Internetseiten angelegt. Wie viele waren jeweils zu lesen, um von A nach B zu
fahren?
Indem die EU mal wieder ihre Server und deren Ordnerstruktur ändert,
werden alte Dokumente schwer zu finden, sozusagen "unsichtbar".
Dasselbe passiert auf jedem der tausenden Internetserver in unserer Republik.
Die beiden Volkskirchen kämpfen dagegen an, das engagierte Gläubige aus den Betreuungskirchen die Beteiligungskirchen machen wollen, zu denen Jesus in Form der Nachfolge aufgerufen hat. Ebenso sehen sich Regierung und Behörden in einer Betreuungsfunktion für die Bürger anstelle ihnen Beteiligungsmöglichkeiten zu bieten, wie es einer Demokratie entspräche. Eine klare öffentliche Projektverwaltung im Internet statt einer unübersichtlichen Organisationstruktur würde zeigen, welche Entwicklungen in Gang gesetzt wurden, was geplant und in Umsetzung mit welchem Stand der Dinge und welche Informationen vorliegen und welche Beteiligungsmöglichkeiten.
Engagement ist immer oft auf soziales Feedback ausgelegt. Wenn dies durch die produktive Teilnahme an der Gestaltung der künftigen Gesellschaft nicht möglich ist, dann wirken Protest oder aber z.B. h klotzige SUV im 5-6, Uhren im 4-5 und Handtaschen im 4 stelligen Bereich.
Die parlamentarische Demokratie als vorherrschende Demokratie lebt in einer konstanten Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Anspruch ist die Gleichberechtigung aller in ihr und die Teilhabe aller am politischen Entscheidungsprozess und der Macht des Staates. Aber die Zusammensetzung des Parlamentes zeigt ein vorherrschendes Bildungsbürgertum. Und die Regierung zeigt dies in Abhängigkeit von kapitalstarken Kräften. Bevölkerungsgruppen von geringer Bildung und Kapitalvermögen sind signifikant benachteiligt.
Die parlamentarische Demokratie ist davon geprägt, dass bei fehlendem Konsens oder Konsent die Mehrheit über die Minderheit herrschen kann, vor allem über solche Minderheiten, die nur geringe mediale Beachtung finden. Solche Minderheiten sind zum Beispiel alleinstehende bildungsferne Mütter mit ihren Kindern und alleinstehende alte Frauen. Diese Bevölkerungsgruppen haben die höchste Anzahl von Personen, die deren Einkünfte unterhalb des Existenzminimums liegen, wie es vom ALG II definiert ist. Bevölkerungsgruppen, die nicht vertreten oder nur unterproportional in den Parlamenten vertreten sind, finden entsprechend geringere Beachtung.
Aber deutsches Recht und Gerechtigkeit gilt nicht in Ländern, die für wenig Geld Waren liefern, geknechtet durch die strukturelle Gewalt der Armut, autokratischen Regierungen und internationalen Verträgen, die vorwiegend von den mächtigeren Ländern bestimmt wurden. So nutze ich mit meinen Mitbürgern Sklavenarbeit aus fernen Ländern und damit das schön unsichtbar bleibt, ist es bisher keine Pflicht, die Qualität der Bedingungen der Arbeit, die ich in Waren und Dienstleistungen kaufe, auf in den Produktbeschreibungen anzugeben. Mitten in Düsseldorf demonstrierten vor wenigen Jahren die Leiharbeiter von Subunternehmen auf einer Baustelle der Stadt dafür - überhaupt bezahlt zu werden. Die Qualität der Arbeit wird erst in den letzten Jahren und bisher nur teilweise über die Lieferkettengesetze erfasst. Aber wir Bildungsbürger der parlamentarischen Demokratien wundern uns, warum große Teile fremder Niedriglohngebiete an Autokraten festhalten, die ihnen bisher das Überleben gesichert haben - wir Demokraten haben da bisher nur wenig Solidarität gezeigt.
Parteiungen, die nicht einmal das ganze Volk vertreten, geschweige denn solidarisch das Überleben der Menschheit im Blick haben, versuchen dann in Parlamenten, die Macht zu erringen und andere Parteiungen davon fernzuhalten. Das führt teilweise dazu, dass Parteien sich gegenseitig behindern für ein Land als Ganzes zu arbeiten.
Wenn solche parlamentarisch fundierten Regierungen dann versuchen, das Modell der parlamentarischen Demokratie als Ideal gewaltsam auf andere Länder zu übertragen, dann kann das nur gelingen, wenn die Wirtschaft so stark ist, dass sie die Ineffizienz der parlamentarischen Regierung kompensieren kann und schon ein starkes Bildungsbürgertum vorhanden ist, dass dann die Macht im Staat übernimmt wie in Deutschland und Japan nach dem 2. Weltkrieg. Arme Staaten, deren Bevölkerung vorrangig ihr Überleben sichern muss und Stammesgesellschaften, die nicht über Parlamente organisiert sind, werden diese fremde Form von Herrschaft ablehnen oder gar massiv bekämpfen wie in Afghanistan.
Demokratie als Herrschaft des Volkes kann wohl nur gelingen, wenn die Aufrichtung der Herrschaft auch von der Mehrheit der Bevölkerung ausgeht. Dazu ist nicht nur ein Respekt vor allen Teilen der Bevölkerung auch der armen und ungebildeten notwendig, sondern deren Stimme zu hören, was wie sie behandelt werden wollen. Erst wenn diese mit einbezogen werden, kann sich die Demokratie auf eine breite Beteiligung stützen. Wenn die etablierten Demokratien bisher fast nur Bildungsbürger in den Parlamenten mitregieren lassen können, dann sind diese auch nicht in der Lage woanders etwas Besseres aufzurichten, was sie im eigenen Haus nicht zu errichten verstanden.
Gute Nachrichten: die Menschen, die in absoluter Armut leben, denen aktuell bemessen weniger unter 2,15 $ €. Einkommen pro Tag zur Sicherung ihrer Existenz, Wohnen, Heizen, Nahrung, Wasser… zur Verfügung stehen, haben sich weltweit von 1990 38 % auf 2019 8,4% Prozent verringert, siehe auch den Welthunger-Index. Und das bei steigender Weltbevölkerung. Auffällig, die gravierendste Senkung indem Zeitraum hatte China von knapp 72% auf circa 0,14%. Indonesien senkte von 63% auf 3,6%, Indien von 48% 1993 auf 10%, Brasilien von 24% 1990 auf 2% 2020. Russland sank von knapp 4 % auf nahezu Null, Belarus war schon immer unter 1 %. Äthiopien schaffte es zwischen 1995 und 2015 immerhin von 65 % auf 27 %.
Mir wird deutlich, dass manche Autokraten so beliebt sind, weil sie sich um die Armen ihres Staates kümmern, sich vielleicht sogar mit dem "Volk" identifizieren und im Umfeld der Globalisierung die Wirtschaftsleistung und -erträge steigern konnte. Aber die Effizienz von Autokraten kann auch ins Gegenteil umschlagen: In Simbabwe steigerte der Diktator Robert Mugabe, von 2011 bis zum Ende seiner Herrschaft 2017 den Bevölkerungsanteil in absoluter Armut von 22% auf 34%, was bis 2019 noch auf 40% zunahm. In Afrika und Nahem Osten nahm der Anteil von 6% auf 1,8% in 2010 ab, um bis 2018 wieder auf 7,5% zu steigen.
Das heißt ein Diktator, der sich mit
seinem Volk identifiziert kann der schnellste Ausweg aus der Not sein, aber er
wird sich eben auch mit den Teilen des Volkes identifizieren, die nicht in
seinen Grenzen liegen und versuchen diese durch Kriege zu erobern.
Und ein Diktator kann einfach ein Räuberhauptmann sein, der ein Land mit
seiner Bande ausbeutet und nur einen Teil der Bevölkerung als
Rückhalt nutzt, den anderen Teil auszurauben.
Umgekehrt werden die Menschen selbst bei einem Autokraten, der nur mäßig für das Volk sorgt, das Risiko sehen, das geringe Existenzminimum bei einem Regimewechsel noch zu verlieren. Ein Staatstheoretiker hat einmal gesagt, das wesentliche einer Demokratie ist nicht die Wahl, sondern die Abwahl, die Fähigkeit zum Regierungswechsel zu erhalten. Autokratie hat nicht nur die Untertanendemenz zur Folge, das Gefühl, nichts ändern zu können, sondern auch die Angst vor Veränderung, die Mensch meint nicht selbst beeinflussen zu können.
Der Sieg der Demokratie über die Autokratie wird nicht durch Waffen möglich sein, denn die höchste Wirtschaftsleistung und Waffenproduktion im 2. Weltkrieg hatte Deutschland 1944. Es gibt aus meiner Sicht nur einen Weg: müssen die Demokratie effizientester, solidarischer, nachhaltiger, menschenfreundlicher machen.
Eine Weiterentwicklung der parlamentarischen Demokratie wäre aus meiner Sicht dadurch möglich, die Vertreter des Volkes im Parlament gegenüber den Bürgern rechenschaftspflichtig werden. Sie sind zwar nur ihrem Gewissen verpflichtet, aber sie vertreten das ganze Volk und sind daher als Vertreter dem Vertretenen gegenüber auskunftspflichtig was ihre Pläne und Aktivitäten angeht. Für diese Aufgabe können Bürgerräte zufällig aus der Bürgerschaft per Los gewählt werden, so dass alle Gesellschaftsschichten entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil repräsentiert sind. Ihnen gegenüber sollten Parlamentarier, Regierungen und Behörden auskunftspflichtig sein. Wenn sie Experten auf Aufbereitung der Informationen mit hinzuziehen können, kann die ganze Bevölkerung politisch unvoreingenommen informiert werden, unabhängig von den an wirtschaftliche Interessen gebundenen Medien. Weiterhin können sie wiederum die Stimmen aller Bürger sammeln und Parlamente, Regierungen und Behörden über die Rückmeldungen und Bedarfe informieren. Als Schirmherr der Regularien von Bürgerräten käme der Bundespräsident in Frage.
Eine aktivere Beteiligung der Bürger wird von keiner anderen Herrschaftsform eingerichtet, sondern das Volk muss dafür aktiv werden, kämpfen wie früher für die Parlamente. Das Volk selbst muss Bürgerräte einfordern, einrichten und mitarbeiten. Herrschaft wird nicht geschenkt, sondern erobert und ausgeübt.
Ein erfolgreicher Kampf gegen die Klimakrise ist nur möglich, wenn die Menschen untereinander solidarisch sind und füreinander sorgen. Aktuell leben immer noch fast 1 Milliarde Menschen unterhalb des absoluten Existenzminimums in Hunger und unzureichender Ernährung. Eine Solidarität mit dieser Milliarde bedeutet gleichzeitig deren Befreiung zu einer Teilnahme an dem Kampf gegen die Klimakrise.
Wenn wir die existentielle Abhängigkeit
der Bevölkerung von ihren Regierungen verringern und ihre
Entwicklungsmöglichkeiten aus Bildung und ökonomischer Initiative,
also Geschäftsgründungen und Selbstständigkeit fördern
wollen, dann hat sich ein existenzsicherndes Grundeinkommen bewährt. Ein
paar Leute arbeiten bereits in diese Richtung, siehe datenrecherche.de/#BGE (Bedingungsloses Grundeinkommen).
Ein globales existenzsicherndes Grundeinkommen orientiert an den
Lebenshaltungskosten der Regionen direkt von der UNO an die Einzelpersonen
gezahlt könnte den Respekt vor den Lebensnotwendigkeiten der Menschen und eine
weltweite Solidarität in der Menschheit umsetzen. Mit diesem Programm
können wir den Hunger besiegen, und wir können allen Menschen, die
glauben, dass ihr autokratisches Regime ihr wirtschaftliches Leben gerettet
hat, anbieten, dass die Demokraten die bessere Alternative haben. Ein GBI, Global
Basic Income, würde vielen Menschen erst die
Freiheit bieten, sich vom Kampf um das eigene Überleben zu lösen und
wiederum wirkungsvoll solidarisch mit der sozialen Umwelt zu kooperieren. Freiheit
bleibt nur lebendig, wenn sie gepflegt wird, indem sie gelebt wird, indem aus
ihr heraus gehandelt wird.
Momentan ist die Solidarität der
Staatsbürger am schwächstem durch die niedrige Besteuerung von
Kapitalerträgen, die oft weit niedriger als die Besteuerung von
menschlicher Arbeit ist und durch die fehlende Besteuerung von
Kapitaltransaktionen im Vergleich zur Umsatz-/Mehrwertsteuer. Daher findet seit
Jahrzehnten eine Umverteilung der Vermögen von Arm nach Reich statt.
Als Ursache wird die Möglichkeit der Kapitalflucht aus Staaten mit
stärkerer Besteuerung in solche mit niedriger genannt. International vergleichbare
Steuern auf Kapitalerträge und -transaktionen würde garantieren, dass
alle teilnehmenden Staaten, ohne Sorge vor Kapitalflucht, die existentiellen
Bedürfnisse ihrer gesamten Bevölkerung sichern könnte. In
Deutschland würde z.B. bei Kapitaltransaktionen 2018 in Höhe von 73.000 Milliarden eine Transaktionssteuer von 6 ‰ Promille. ausreichen, um allen
83 Mill Einwohnern monatlich ein BGE von 440 Euro zu ermöglichen.
Das GBI kann nicht nur aus einer von der UNO erhobenen Kapitalertrags- und -transaktionssteuer finanziert werden, sondern dazu noch aus einer Vergabe von CO2-Zertifikaten, die alle Menschen der Welt gerechterweise gleichermaßen bekommen. Da die einen mehr brauchen als die anderen müssen sie es ihnen abkaufen und finanzieren damit indirekt einen Lebenswandel mit schmalem CO2 Fußabdruck.
Es müssten auch nicht alle Staaten der Erde teilnehmen. Die EU mit Nordamerika und ihren großen Börsen könnte es mit einer gemeinsamen Kapitaltransaktionssteuer, anteiliger Kapitalertragssteuer und CO2 Zertifikate-Handel schaffen über ein globales zentral ausgezahltes bedingungsloses Grundeinkommen (GBI) Armut und Hunger in den beteiligten Ländern zu beseitigen. Auch wenn ein Autokrat die Teilnahme verweigert, würde das GBI wirken: die Untertanen würden lernen, dass die Demokraten ihr Existenzminimum nach der Entmachtung des Autokraten sicherstellen könnten. Ein wesentlicher Anreiz für Krieg wäre beseitigt.
Verhandlungen mit Autokraten bedürfen aus
meiner Sicht eine andere Struktur, wenn deren Verhalten durch die der Autokratie
inhärenten strukturellen Demenz stark beschränkt ist und sie durch
das Brechen von Verträgen und internationalem Recht nicht mehr erwarten
lassen, dass sie künftig Recht und neu ausgehandelte Verträge
einhalten werden.
Wenn eine Autokratie die Situation gegenüber einer qualifizierten Mehrheit
aller Regierungen der Menschheit stark verschoben wahrnimmt, dann sollten
internationale Institutionen eine rechtliche und soziale Beurteilung vornehmen
und Maßnahmen ergreifen vor allem zum Schutz der Bevölkerungen.
Ich würde mir erhoffen, dass die UNO und der UNO Sicherheitsrat so weiterentwickelt werden können, dass illegale Angriffskriege wie der Überfall auf den Irak und die Ukraine grundsätzlich durch einen Einmarsch von UNO-Truppen beendet werden. Die Einrichtung eines solchen Mechanismus sollte künftige Angriffskriege unwahrscheinlich machen. Wenn die qualifizierte Mehrheit der Staaten dieser Welt eine Armee finanzieren, dann sollte dies allein ausreichen, aufgrund der Überlegenheit der UNO-Friedenstruppen auch ohne Kampf einen Angriffskrieg zu beenden.
Wenn ein Aggressor das internationale Recht gebrochen hat und über international anerkannte Grenzen in ein anderes Land einmarschiert ist, dann entsteht dadurch ein rechtsfreier Raum. Auf diese Landesteile hat der Aggressor kein Recht und sie sind nicht mehr im Machtbereich der regulären Regierung. Wenn dieser Tatbestand durch ein Internationales Gericht festgestellt und von der qualifizierten Mehrheit der UNO-Mitglieder bestätigt wurde, sollten es möglich werden, eine UNO-Friedenstruppe zusammenzustellen, um einen Waffenstillstand herbeizuführen, und die grundlegenden staatlichen Institutionen des eroberten Landesteiles aufzurichten. Friedenstruppe und Polizei würden das staatliche Gewaltmonopol wiederherstellen.
Soweit durch einen Angriffskrieg die
öffentlichen Institutionen teilweise oder gänzlich wie im Irakkrieg 2003
zerstört wurden oder die Öffentlichen Ordnung in einem
Bürgerkrieg zerfallen ist, sollte die UNO temporär die Grundstruktur
für die notwendigen staatlichen Institutionen, Behörden und Gerichte
bereitstellen.
Mit Grundstruktur sind die grundlegende Organisationsstruktur, die
Arbeitsprozesse, Gesetze, Regelungen und deren Schulung gemeint sowie die
Erhebung der für die Arbeit der Institution notwendigen Daten der
Bevölkerung und des Landes. Die Besetzung der Stellen sollte per
Losverfahren aus der dazu qualifizierten Bevölkerung erfolgen, begleitet
durch Schulungsprogrammen. Übergangsweise sollten die obersten
Leitungsebenen von UNO-Mitarbeitern besetzt werden, um die Qualität zu
gewährleisten. Dazu sollte eine Beteiligung der Bevölkerung an der
Kontrolle der Institutionen über Bürgerräte gehören, die
per Losverfahren aus der ganzen Bevölkerung gewählt wurden.
Erst wenn die Organisation des Staates das Überleben und die friedliche
Entwicklung der Bevölkerung ermöglicht, entsteht aus meiner Sicht
eine Wahlfreiheit für Parlamente als gesetzgebende Legislative. In
Deutschland und Japan war gerade die Fortführung der staatlichen
Institutionen eine Voraussetzung für die erfolgreiche Aufrichtung der
parlamentarischen Demokratie nach einer Diktatur, im Irak deren Zerstörung
Ursache für den IS und den Bürgerkrieg.
Wenn eine Autokratie den Bereich gegenseitiger Vereinbarungen durch das Recht des Stärkeren zerstört, kann nur eine überlegene Gewalt dieser Gewalt Einhalt gebieten wie das Beispiel der wertlosen Verträge mit dem deutschen Nazi-Regime zeigt. Selbstverständlich sollten auch die Forderungen einer Autokratie ernst genommen und berücksichtigt werden, aber wenn ein Regime gezeigt hat, dass es von sich aus Verträge nicht mehr ernst nimmt, kann nur eine internationale Überwachung der Verträge und konsequente Verfolgung von Übertretungen diese wirksam erhalten. Was passiert, wenn dies fehlt, zeigen die Verträge von Minsk I & II.
Die Möglichkeit von Frieden beginnt mit
den Verhandlungen einer Allianz, die die Macht des Aggressors in dessen Grenzen
zurückdrängt und zusammen mit den Überfallenen einen Frieden
aushandelt und vertraglich sichert. Dies sollte idealerweise die UNO sein auf
der Basis einer qualifizierten Mehrheit ihrer Vollversammlung oder eine von ihr
beauftragte Friedensallianz. Je entschlossener diese Friedensallianz auftritt,
desto kürzer der Krieg.
Umstrittene Gebiete sollten aus meiner Sicht am besten generell unter die
Hoheit der UNO gestellt werden, um der Bevölkerung die Möglichkeit
zur demokratischen Willensbildung und Selbstorganisation zu bieten.
Leider leben wir in einer Zeit, in der die UNO nur selten in kleinen Konflikten die Kraft hatte, einzuschreiten und die Wiederherstellung der staatlichen Strukturen in den Kriegsgebieten zu unterstützen. Ggf. findet sich auch keine Mehrheit unter den Staaten der UNO einen Staat zu unterstützen, in den ein Aggressor eingefallen ist.
Kein Ziel der Welt rechtfertigt für mich,
einen Krieg zu beginnen. Die Entwicklungskräfte in den Menschen und
Gesellschaften lassen hoffen, dass auf längere Sicht aus jeder
gesellschaftspolitischen Lage eine Besserung für alle involvierten
Menschen entwickelt werden kann.
Wenn aber ein Aggressor einen Krieg begonnen und Landesgrenzen
überschritten hat, dann liegt es in der Selbstbestimmung und Freiheit der
bedrohten Menschen über die Art ihrer Verteidigung zu entscheiden, wenn
kein Schutz durch eine internationale Gemeinschaft hergestellt werden kann. Und
es liegt in deren Selbstbestimmung und Freiheit, wenn andere diesen Kampf
unterstützen.
Frieden, der gedeihlich für alle Beteiligten ist, bedeutet für mich die selbstbestimmte Freiheit zur Entwicklung von Mensch und Gesellschaft. Gedeihlicher Frieden ist aus meiner Sicht daher nicht schon erreicht, wenn die Waffen schweigen und daher kein Krieg ist, das ist nur Waffenstillstand. Denn Frieden wollen auch die meisten Aggressoren - durch Unterwerfung, falls sie nicht den Frieden durch Vertreibung oder Genozid anstreben. Konnte der Aggressor den Frieden durch Unterwerfung herstellen, bestimmt er, ob er überhaupt noch Verhandlungspartner akzeptiert, die über die Art des Friedens verhandeln. Dadurch wird eine Verhandlung über Frieden in Selbstbestimmung teilweise oder ganz unmöglich. Dem Aggressor ggf. auch mit Waffen Einhalt zu gebieten, ist daher so lange Voraussetzung für Verhandlungen um selbstbestimmten Frieden, wie es möglich ist, den Aggressor aufzuhalten und zu verhindern das er alle Gebiete eines Staates erobert. Auch wenn sich mit Waffen allein nur Unterwerfungsfrieden oder gar kein Frieden herstellen lässt, so habe ich doch Verständnis dafür, dass Waffen ggf. notwendig sind, um den Unterwerfungsfrieden zu vermeiden und damit die Verhandlungsfähigkeit aller Beteiligten zu erhalten.
Die physikalisch einfache Formel: Keine Waffen, kein Krieg, also Frieden, ist für mich inhuman und widerspricht meinem Glauben an die geistige Schöpfungskraft, dem inneren Licht, dem von Gott in einem jeden Menschen. Denn das innere Licht ist für mich nicht nur die je aktuell hörbare Stimme des Gewissens, dem die Menschen in den Zeugnissen ihres Handelns Ausdruck geben. Dem würde ein Leben als Untertan oder Sklave kein Abbruch tun, denn die Verantwortung, nicht entsprechend dem inneren Licht zu handeln, liegt beim Unterdrücker. Aber wir wissen, dass sich unser Geist mit der Erfahrung, mit unserer Lerngeschichte weiterentwickelt. Weil ich diesen Text schreibe, strukturiert sich mein Denken, weil ich es wage ihn veröffentlichen, werde ich Rückmeldungen bekommen, die mein Wissen, meine Erfahrung und meine innere Stimme weiterentwickeln.
Meine Lebendigkeit ist ein Geschenk aus der Wechselwirkung mit meiner sozialen, biologischen und sonstigen Umwelt. Die Freiheit, diese Beziehungen handelnd zu erforschen, soweit dies nicht von der Freiheit der Mitgeschöpfe begrenzt wird, DAS ist für mich gedeihlicher Frieden. Für dieses Ziel sind für mich Verhandlungen zu führen, nach der Goldenen Regel, und wenn dafür unbedingt notwendig, um die Ver-Handlungsfähigkeit zu erhalten, ist auch Krieg zu führen und so schnell wie möglich zu beenden. Daher darf aus meiner Sicht die Wiederherstellung von Staatsgrenzen KEIN Kriegsziel sein, denn es geht um gedeihlichen Frieden für ALLE am Krieg beteiligten Menschen, die dazu für sich selbst bestimmen sollten, wo eine Grenze verläuft und auf welcher Seite der Grenze sie leben. Waffenlieferungen sind für mich daher ambivalent, aber nicht zu verhandeln, das ist für mich eindeutig ein Verbrechen.
Die Entwicklung eines Kampfes, die Unterstützung Dritter durch Waffenlieferungen, lässt sich schwer vorhersagen, aber ein jahrelanger Krieg oder Guerillakrieg ohne Aussicht auf Verhandlungen hat in der Geschichte in der Regel nicht zu gedeihlichen Frieden geführt, sondern erst Verhandlungen.
Waffen allein schaffen keinen Frieden, was
kann besseres als Unterstützung getan werden für beide Seiten? Jede
Verletzung im Kampf befeuert den Kampf und im Verhältnis dazu ist der Anlass
oft geringfügig und binnen kurzem vergessen.
Was tun wir daher, wenn zwei sich mit Waffen bearbeiten? Wir rufen die Polizei
oder gehen direkt dazwischen, die weitere Eskalation zu verhindern. Aber UNO
und Sicherheitsrat stehen nicht von sich aus parat als Polizei, sondern die Bedingungen
müssen erst verhandelt werden.
Die Quäker in England haben für ihre Kriegs- und Waffendienstverweigerung ein hohes Maß an Gefängnisstrafen und Toten beklagen müssen, bis Ihre Religion und Ethik vom Staat nicht mehr verfolgt und daher akzeptiert worden ist. Sie haben das Glück gehabt, dass nach der Comwell'schen Diktatur ihre Stimme während der schrittweisen Entwicklung ihres Landes zur konstitutionellen Demokratie mehr und mehr Gehör fand. Zugleich haben sie mit dessen Protektion und ihrer ökonomischen Macht in Nordamerika das Land Pennsylvania "erobert", kolonisiert, indem sie Land den Indianern abkauften und eine eigene, europäisch orientierte Staatsorganisation und Rechtsprechung aufrichteten, um einen selbstbestimmten Frieden zu erreichen.
Ich glaube das es für einen selbstbestimmten Frieden nur von den Beteiligten selbst bestimmte Vorgehensweisen und keine allgemeingültigen geben kann, wie das gemeinsame Beste von Opfer und Aggressor zu erreichen ist. Ich achte daher jede Verweigerung von Waffen- und Kriegsdienst auf beiden Seiten ebenso wie den Kampf auf Seiten der Überfallenen, um ihre Fähigkeit zu erhalten, überhaupt verhandeln zu können.
Alle die auf Seiten des Aggressors die Grenze dessen Landes überschreiten, um in den Kampf zuziehen, wissen, dass sie sich nach der Goldenen Regel zugleich selbst wünschen, von den Verteidigern getötet zu werden, denn mit größter Wahrscheinlichkeit würde sie selbst auf Aggressoren schießen, die das eigene Land überfallen.
Wer andere meint überfallen zu müssen, weil sie sich dasselbe Recht auf die Bereitstellung von Waffen für die Selbstverteidigung nehmen, wie Mensch selbst, der gönnt anderen nicht, was er sich selbst zugesteht. Diese Ablehnung der Goldenen Regel impliziert zugleich, dass das Recht des Stärkeren beginnt - noch vor dem Kriegsbeginn.
Wenn Jesus an Stelle des barmherzigen Samariters schon beim Überfall hinzugekommen wäre, dann bin ich mir sicher, hätte er eingegriffen, den unter die Räuber Gefallenen zu schützen und hätte nicht gesagt: Verzichte auf Frieden in Freiheit, du hast die Chance dich zu unterwerfen und zu leiden und ich bringe dich nachher in die Herberge, damit Du gepflegt wirst. So wie er seinen Leib gab, um seine Jünger:innen zu schützen, so hätte er sich wohl dazwischen gestellt, auch nicht ohne eine gewisse Aggressivität wie bei dem Umstürzen der Tische der Geldwechsler (Mk 11:15). Er hätte nicht dem Raub zugeschaut und ggf. erfahren müssen, dass er keine Herberge für das Opfer besorgen kann, weil es in die Sklaverei geführt wird.
Die Friedensverhandlungen sind nicht von der Einsicht des Aggressors abhängig. Wenn die Mehrheit der Vertreter der übrigen engagierten Menschheit die Bedingungen für echten Frieden in Selbstbestimmtheit aushandeln, dann können Sie mit einer solchen Vereinbarung über den Bereich außerhalb der anerkannten Landesgrenzen des Aggressors bestimmen. Das Ziel der Verhandlungen kann im Sinne der Goldenen Regel nicht sein, den Aggressor in seiner Souveränität zu verletzten, ihn als Staat zu "besiegen", sondern seine Macht auf seine Staatsgrenzen zu begrenzen und einen gedeihlichen Frieden für alle Menschen zu erreichen.
Wenn eine überfallende Bevölkerung
sich entscheidet sich auch mit Waffen zu verteidigen, halte ich den Kampf und
ggf. die Waffenlieferungen von Dritten für friedensdienlich, weil sie
helfen können, die Freiheit und Selbstbestimmung der Überfallenen als
Voraussetzung für Verhandlungen über einen gedeihlichen Frieden zu
erhalten.
Als Wahlbürger meines Landes sehe ich keine Alternative, um Frieden in
Selbstbestimmung zu unterstützen, als ein Land, das sich eines Aggressors
erwehrt, durch Verteidigungswaffen zu unterstützen und zugleich mit einer
möglichst großen Allianz von Ländern Friedensbedingungen mit
dem Aggressor auszuhandeln und zu überwachen.
Wenn es aber nicht möglich ist, diese
Souveränität aufrechtzuerhalten, weil die Überfallenen nur eine
kleine Minderheit oder aus anderen Gründen unterlegen sind, dann kann ein
andauernder Krieg keinen Frieden schaffen. Entscheidend ist das Verhalten und
Übereinkommen der am Krieg unbeteiligten Staaten, ob sie eine
selbstbestimmte Teilnahme des Überfallenen an Friedensverhandlungen
unterstützen und die Verträge effektiv überwachen, weil sie
einen dauerhaften echten Weltfrieden wollen.
Ohne Aussicht den Aggressor aufhalten zu können, bleibt für mich nur
der unbewaffnete Kampf als bessere Alternative, da die Folge eines Guerillakrieges
immer auch die Ausbreitung des Rechtes des Stärkeren, also von
Gewaltherrschaft ist.
Für Außenpolitik und -handel demokratischer Staaten bleibt aus meiner Sicht nur die Förderung der Bürger:innen von Autokratien und nicht des Staates, soweit dies möglich ist, und die Vermeidung von ökonomischen und sonstiger Abhängigkeiten von Autokratien. Die Macht einer Autokratie, ihre eigene Herrschaft zu erhalten, beruht nicht nur auf Waffen und Recht, sondern auch auf ökonomischer Macht, die auch im Ausland große Wirksamkeit erreichen kann.
Umgekehrt sollte Land und Bevölkerung eines Aggressors von deren Regierung unterschieden werden. Aus der Sicht der meisten Staatstheoretiker wird eine Regierung durch die Bevölkerung legitimiert. Dass die Souveränität und Macht eines Staates dessen Regierung ermöglich, bestimmte Teile der Bevölkerung auszubeuten oder als Soldaten in Kriegen zu verheizen, beruht nur auf dem Recht des Stärkeren und nicht auf der grundlegenden Legitimation durch die ganze Bevölkerung. Die von einer Autokratie abhängige Bevölkerung wird nicht nur durch ökonomische Zwänge, Waffen, Recht und andere staatliche Institutionen unterdrückt, sondern muss durch Beherrschung der öffentlich zugänglichen Medien auch in einer Informationsblase leben, die ihre geistige Entfaltung einschränkt. Wenn die Autokratie zur Diktatur weiterentwickelt wird, in der eine offizielle Wahrheit, ein Diktum, von der Regierung vorgegeben wird und abweichende Meinungen verfolgt werden, dann wird mit dieser "Gleichschaltung" die kooperative Intelligenz der Bevölkerung nicht nur weitgehend unterdrückt, sondern auch die Möglichkeit positiver Erfahrung in Selbstorganisation zum Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartung unterbunden. Es wächst die Untertanendemenz bis hin zur Sklaverei. Diese Lebenssituation können wir in verhältnismäßig freien Gesellschaften oft nicht nachvollziehen. Für mich ist dann die Solidarität mit der von der Diktatur unterworfenen Bevölkerung und deren Befreiung ebenso wichtig wie der Kampf gegen die unmenschliche Herrschaft.
Daher ist bei Friedensverhandlungen ist zu bedenken, dass eine aggressive Regierung meist nicht nur das Gesetz des Stärkeren nach außen einsetzt, sondern auch gegenüber seiner eigenen Bevölkerung. Der Krieg dient zugleich der Unterwerfung der eigenen Bevölkerung, um sie menschenverachtend für den eigenen Machterhalt und den Krieg nutzbar zu machen. Ein Waffenstillstand und ein nach Maßstäben der Gleichbehandlung etwas ungerechter Frieden könnten daher den Unterdrückten im Lande des Aggressors die Möglichkeit erleichtern, einen Regimewechsel herbeizuführen.
Ich halte es für eine grobe Vereinfachung
der Situation, denen, die etwas tun, was wir als böse empfinden, einfach
Böswilligkeit zu unterstellen und damit implizit, sie könnten einfach
damit aufhören, wenn sie nur wollten. Schopenhauer sagt dazu: "Der
Mensch kann zwar tun, was er will. Er kann aber nicht wollen, was er will."
Eine Analyse, die der Neurobiologe Gerhard
Roth auch heute unterstützt.[17] Die meisten
gewalttätigen Menschen haben, wie mir eine Sozialarbeiterin sagte, selbst
Gewalt erfahren und dann in ihrer sozialen Umwelt erlebt, dass sich mit Gewalt
Probleme scheinbar lösen lassen.
Es ist an uns, ihnen Verhaltensalternativen praktisch zu zeigen und
Solidarität mit ihrer menschlichen Seite, nicht zuletzt in humanistischer
Kooperation. Dabei zeigt sich, dass wir zwar unser Wollen nicht kontrollieren
können, aber durch Bilder, Zielvorstellungen und Pläne beeinflussen
können. Die Willensfreiheit als eine "absolute" Freiheit ist
für mich unvorstellbar angesichts dessen, dass unser Denken von unserer
Kultur, unserer Lerngeschichte und teilweise genetisch bedingt ist. Aber ich
erlebe im der Alltagspraxis eine Wahlfreiheit unter meine Handlungsoptionen und
-plänen, die mir eine bestimmte Freiheit der Wahl von Werten, Zielen und
Handlungsentscheidungen gestattet. Je mehr Wissen ich über die
Kausalzusammenhänge meiner Umwelt habe, um so sensibler ich emotional die
Werte und Ziele abschätzen kann und die Reaktionen meiner Umwelt, auch
meiner sozialen Umwelt, desto sicherer kommen die Resultate meiner
Planumsetzung den erwarteten Wirkungen nahe. Ich habe die Wahl "zu
schlagen oder zu fragen". Diese Freiheit ist nachweislich - aber begrenzt
auf meine persönlichen Kompetenzen, auf Verhaltensweisen, mit denen ich
Erfahrung machen kann oder konnte. Wer nie Motorradfahren lernte, hat nicht die
Freiheit, mit einem Motorrad Hilfe zu holen. Wer keine gemeinsame Sprache kann,
dem fehlt viele Möglichkeiten der Verständigung und Kooperation. Wer
nie "die Köpfe zusammengesteckt" hat, am Brainstorming oder
ähnlichem Zusammenstricken von Zukunftsentwürfen und Plänen
teilgenommen hat, der kann der kooperativen Intelligenz nicht vertrauen.
Das gilt aber auch für die eigene Persönlichkeit: wer sich nicht so
weit entspannen kann, dass die eigenen Gedanken zur Ruhe kommen, der kennt
viele feine Empfindungen nicht, die in Entspannungsübungen und Meditation
spürbar werden und im Focusing erkundet und versprachlicht werden. So ist es nicht nur an anderen
Menschen ein mehr an Wissen zu entdecken, sondern auch im eigenen Selbst,
Körper, Emotionalität, einen überschüssigen Sinn zu
erspüren, der über das bisher Gewusste und unser Bewusstsein
hinausgeht.
In der Kooperation unseres Bewusstseins mit anderen Menschen, mit dem eigenen
Körpergefühl und Emotionen entstehen Bilder, die wiederum den eigenen
Willen beeinflussen, Werte, Ziele und Pläne. Unsere Zielvorstellungen
erweitern die uns zu Wahl stehenden Ziele und Handlungspläne und damit
unsere Freiheit.
Umgekehrt kann die Kultur, in die wir hineingeboren werden, in der wir aufwachsen, diese Freiheit einschränken. Zum Beispiel unser Schulsystem, das kaum die Entwicklung von praktischer Erfahrung und Kompetenzen unterstützt, und unsere Gesellschaft, die oft den maximalen Gewinn als höchsten Wert und Ziel setzt. In Autokratien sind es die einseitig verzerrten Medien, in der Diktatur das Diktum der erlaubten Wahrheit. Für mich gibt es eine starke Parallele zwischen der kulturellen Einengung von Wissen und Kompetenzen und der daraus folgenden Beschränkung der Handlungsfreiheit, das Beste anzustreben, zu der theologischen Vorstellung der Erbsünde. Wir werden in eine sündige Welt hineingeboren voller Gier, Kampf, Krieg, Ungerechtigkeit, Missachtung der Not anderer Menschen, der Zerstörung der Schöpfung… Wer die eigene Kultur nicht mehr hinterfragen kann, vor allem aus dem Kontakt mit anderen Kulturen, ist mehr Untertan als freier Mensch.
Aber Abhilfe, Freiheit schafft aus meiner
Sicht nicht den Wahrheiten einer Kirche zu folgen, sondern die beiden
höchsten ethischen Gebote, die Jesus uns verkündete ebenso wie viele
andere Propheten, die Herz und Hirn, Emotion und Ratio miteinander verbinden:
Liebe die Schöpfungskräfte des Universums, die Dir Dein Leben
gegeben und erhalten, liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst und Deine
Feinde.
Lebe die Goldene Regel: Behandle die Mitmenschen, die Mitlebewesen, wie
Du selbst behandelt werden willst, indem Du mitfühlst, sie befragst, wie
sie nach ihrem Willen behandelt werden wollen und Du erforsche, was
Deinen Willen anzieht, wie Du behandelt werden willst. Gönn dem anderen
mindestens so viel Freiheit eigentümlich, andersartig zu sein, vom
üblichen abzuweichen, wie Du selbst brauchst. Verhandelt das gemeinsame
Beste, zeigt einander Euer Wissen zur gegenseitigen Aufdeckung Eures
Nichtwissens gerade aus Eurer Unterschiedlichkeit. Hinterfragt Eurer bisheriges
Wissen, vertraut auf das Wachsen neuer Erfahrung und neuem Wissen aus
praktischer Kooperation. Nehmt Euch die Freiheit, dass für alle
Beteiligten Beste, Befriedigendste anzustreben, das ihr Euch vorstellen
könnt.
Mir hilft, dass mir eine ethische Orientierung möglich scheint, die nicht gewaltfrei den Gewalttätigen zuschaut, aber auch nicht deren Recht des Stärkeren übernimmt. Die nicht tolerant gegenüber den Intoleranten ist und doch nicht intolerant wird, die respektvoll den Respektlosen Grenzen setzt.
Mir ist die Unvollkommenheit meiner Ausführungen bewusst, aber ich meine, das wertvolle Argumente enthalten sind und dass der Zeitdruck, der durch Krieg und Kampf gequälten Menschen rechtfertigt, dass ich eine hoffentlich nützliche Version veröffentliche und weiterhin verbessere. Ich bin mir durchaus bewusst, dass auch diese Argumente vor allem für mich selbst die Kraft einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung entfalten, die nur durch Hinterfragung, Kritik und Erfahrungen bei der Anwendung durchbrochen werden kann. Daher lade ich zu Rückmeldungen herzlich ein und freue mich auf alle Argumente! Die bisherigen Vorträge und Diskussionen darüber geben mir durchaus Hoffnung….
Exkurs zu meinen / unseren
Erkenntnisbedingungen: Ich traue mich dies als "Philosoph"
zu schreiben, weil alle Philosophen immer auch als Handwerker in Ihrer
Existenz, in ihrem Leben stehen und umgekehrt alle die praktisch werken und
über die allgemeinen Grundlagen ihrer Arbeit und ihrer Ethik als Theorie
ihrer eigenen Lebensführung und der der Gesellschaft nachdenken,
Philosophen sind. Philosophie sollte immer auch wissenschaftlich arbeiten, aber
darf sich niemals darauf beschränken, sonst verkümmert sie zur
Philosophie-Theorie und -Geschichte ohne Erforschung des realen Lebens.
Die Frage der Wahrheit und der Freundschaft zu ihr stellt sich in der vollen
Komplexität des Lebens, in dem wir Menschen existieren. Erst dann trifft
sie auf das massive Nichtwissen, dass unser Handeln und Entscheiden im Alltag
ausmacht. Sie trifft auf unser Erkenntnisinteresse, das jede Wahrheitsfindung
ebenso verzerrt, wie die Eingriffe in das Weltgeschehen, die Interaktionen, die
für eine jede Beobachtung notwendig sind. Alle Wahrnehmung ist von den
Erkenntnisfähigkeiten und Kommunikationen von Menschen vermittelt. Eine
von den menschlichen Erkenntnisbedingen unabhängige Objektivität ist
und bleibt unerreichbar. Daher meine ich, kein Mensch kann wissen, ob der Wald
rauscht, wenn kein Mensch ihn hört. Und wir sind daher gezwungen, im
Dialog intersubjektive Wahrheit auszuhandeln, um mit kooperativer Intelligenz
über unsere individuelle Beschränktheit hinauszukommen. Daher kann
ich hier in diesem Text nicht behaupten, zeitlos allgemeingültige Wahrheit
gefunden zu haben, sondern nur Methoden, wie immer neue, gegenwärtig
brauchbare Wahrheiten zu finden sind.
Die Suche nach der Wahrheit führt vor allem über die Suche nach
Widersprüchen zur Aufdeckung von Nichtwissen. So haben wir die Chance neue
Modelle der Welt zu entdecken, die über die Ableitungen aus dem bisher
bekannten Wissen hinausgehen. Und das ist seit mehr als 30 Jahren mein Job in
der IT, Soft- und Hardware, im Rechenzentrum als Störungs- und
Problemmanager.
Die sich aus meiner Sicht immer weiter steigernde Selbstzer-Störungs-Tendenz
der Menschheit zwingt mir die Fragen nach dem "WARUM?" und "WAS
KÖNNEN WIR ANDERS TUN?" auf und: "Wenn nicht du, wer dann?"
Wie Sokrates konnte ich keinen anderen finden, meinen Fragen zu stellen und zu
beantworten und mache mich auf den Weg: Hinterfragen und Wissen sammeln und
zusammenfügen und dabei notwendigerweise auch meine eigene geistige
Beschränktheit aufdecken, vor allem mit Hilfe anderer Menschen, die mit
mir diskutieren. Erst wenn ich vor allem mit ihrer Hilfe, erkenne, das was, wo,
meine Erkenntnisfähigkeit bisher begrenzt hat, kann ich schauen, was
dahinter liegt.
Was ist eine humanistischen Kooperation auf der Basis von Menschenliebe und Goldener Regel?
Wie entsteht kooperative Intelligenz? (Überarbeitung 15.5.23)
Kann eine auf Theorie reduzierte Schulbildung kompetente Demokrat:innen heranbilden? (Seit 15.5.23)
Wie wirkt hierarchische Organisation mit Kommunikation vorwiegend in eine Richtung? (Seit.15.5.23)
Fanatismus als Deaktivierung des Lernens - Wer nicht irren kann, kann nicht lernen
Ist Frieden durch Krieg möglich? Fördern Waffenlieferungen nur Krieg und Leid?
Disclaimer:
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geprüft und werden weiterhin stichprobenartig kontrolliert, aber für
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können gesendet werden an:
#Impressum & © Copyright wie Wikipedia CC-by-sa-3.0: Dietrich Krebs, Düsseldorfer Str. 110, 40878 Ratingen, Germany,
Email: dietrich.krebs@web.de, facebook.com/dietrich.krebs.7. Quellen und
Linkliste: datenrecherche.de Hinweis: ↑↑ springt auf Seitenbeginn.
[1] dw.com/de/acht-8-milliarden-menschen-auf-der-erde-ressourcen-aufteilen-klimakrise-lebensstil/a-63730669 15.11.22: "Die Welt habe genug Ressourcen, um acht Milliarden Menschen zu ernähren, so Vanessa Pérez-Cirera, die Leiterin der Abteilung für Internationale Ökonomie am World Resources Institute. Auch Milliarden weitere könnten ernährt werden, vorausgesetzt, die derzeitigen Formen der Landnutzung würden überdacht und angepasst, so Pérez-Cirera."…" weniger Konsum tierischer Produkte und eine stärker pflanzlich geprägte Ernährung, ebenso weniger Flugreisen und weniger motorisierter Individualverkehr. Auch müsse die Umstrukturierung unserer Städte angegangen werden. Dabei geht es darum, effizientere Gebäude zu bauen und Alternativen zu Einfamilienhäusern und Ein-Personen-Haushalten zu schaffen,…"
[2] Auf längere Sicht geht die Entwicklung hin zu der Utopie von Karl Marx "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!" in "Kritik des Gothaer Programms" (https://www.marxists.org/deutsch/archiv/marx-engels/1875/kritik/randglos.htm) von 1875, die der Realexistierende Sozialismus nicht umsetzen konnte, sondern in der sowjetischen Verfassung von 1936 zu „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“ verzerrte, denn „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistisches_Leistungsprinzip, übrigens ein verkürztes Paulus-Zitat: "Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen." 2 Thess 3,10)
[3] Ganz schlecht sind die Bevölkerungsgruppen dran, die als Klientel keine große Zahl und keine Macht haben, sondern Unterstützung benötigen - Alleinerziehende stellen nur 1,6 Mill = 2 % der Bevölkerung aber 19% der Familien, Tendenz steigend, sind zu 90% Mütter und 70% parallel berufstätig aber leben zu 44% in Armut. Diese Mütter und ihre Kinder haben durchschnittlich doppelt so viele physische und psychische Krankheiten wie der Durchschnitt. Nach Matthias Franz: http://kindertagespflege-neukirchen.de/onewebmedia/HandoutFranz-OhneGef%C3%BChlegehtesnicht-160301.pdf
[4] Tempo 120 km/h 6,7Mt Co2 umweltbundesamt.de//tempolimit 26.1.23 Älter: Tempo 100 5,5Mt Co2: umweltbundesamt.de//uba-kurzpapier_tempolimit_autobahnen_kliv_0.pdf ingenieur.de//tempolimit-deutsche-autobahn/
[5] Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD) 2. Juni 2015 "Bahnbrechende Studien aus der Forschung: Die Nonnenstudie" http://dzd.blog.uni-wh.de/index.html%3Fp=9977.html
[6] dw.com/de/historiker-fehlannahmen-haben-putin-zum-krieg-verleitet/a-64181245 Der britische Historiker Mark Galeotti zeichnet "ein klares Bild davon, in welchem Maße sich Putin ein System geschaffen hat, in dem es für die Menschen nachteilig ist, wenn sie ihm die Wahrheit sagen."
[7] Friederich von Schlegel (1772 - 1829): "Je mehr man schon weiß, je mehr hat man noch zu lernen. Mit dem Wissen nimmt das Nichtwissen in gleichem Grade zu, oder vielmehr das Wissen des Nichtwissens." Fragmentensammlungen (Kritische Fragmente, Blüthenstaub, Athenäums-Fragmente, Ideen), 1797-98. Athenäums-Fragmente [267] aphorismen.de/zitat/11608
[8] Besitztumseffekt: Prof. Dr. Andreas Thiemer, „Besser nie besitzen, als verlieren“
Endowment‐Effekte, FH-Kiel 2008, fh-kiel.de/fileadmin/data/wirtschaft/dozenten/thiemer__andreas/vwl-projekt_6-08_endowment_effekt.pdf
[9] Hagai Levi berichtet davon in zeit.de/zeit-magazin/2023/15/hagai-levi-israel-benjamin-netanjahu 4.4.2023
[10] Studie 2018 leo.blogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2022/09/LEO2018-Presseheft.pdf der Universität Hamburg, in Klammern die Studie von 2010 leo.blogs.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/2011/12/leo-Presseheft_15_12_2011.pdf In der Stichprobe sind nur Personen, die die deutsche Sprache mündlich soweit beherrschen, dass sie der Befragung und dem Kompetenztest folgen konnten.
[11] Kunst, Musik, Textilgestaltung 16 von 188 Wochenstunden, dazu ein paar Versuche in den Natwiss => ca. 10% in "Stundentafeln für die Sekundarstufe I – Realschule" 556 Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 24 vom 27.5.2005 recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_show_pdf?p_id=953
[12] Anstieg von 2015-2018 4% der Schüler:innen mehr gemobbt oecd-ilibrary.org/sites/cd52fb72-en/index.html?itemId=/content/component/cd52fb72-en
[13] Ein schönes Beispiel für Dialogfähigkeit wird in Runen in der Hagia Sophia aus dem 9. Jh. sichtbar. Als die Wikinger daran scheiterten Konstantinopel zu erobern, boten sie sich dem Kaiser des Byzantinischen Reiches als Leibgarde an, nach dem Motto "hast uns ja kämpfen sehn". Das Angebot wurde angenommen und mancher Wikinger langweilte sich beim Gottesdienst …
[14] Nach Gerald Hüther: - Was wir sind und was wir sein könnten Ein neurobiologischer Mutmacher. Fischer Taschenbuch Februar 2013 - Biologie der Angst Wie aus Streß Gefühle werden. Vandenhoeck + Ruprecht Dezember 2013
[15] Paul Collier 2007: The Bottom Billion Why the Poorest Countries Are Failing and What Can Be Done About It S.44 "Andere Forscher haben herausgefunden, dass Demokratien im Allgemeinen zu wenig investieren: Die Regierungen sind so sehr darauf fixiert, die nächste Wahl zu gewinnen, dass sie außer Acht lassen, was danach passieren könnte, und daher Investitionen vernachlässigen, die erst in der Zukunft Früchte tragen werden."
[16] Es wurden Gesetze geschaffen, nach denen die Deutsche Bahn Strecken reparieren muss, die reparierbar sind und der Bund erst die Kosten für den Neubau unreparierbarer Bahnstrecken übernimmt. Daher ist für die Bahn sinnvoll Strecken völlig verfallen zu lassen und mit dem Reparaturstau steigende Unpünktlichkeit in Kauf zu nehmen.
[17] https://www.zeit.de/campus/2008/02/interview-freier-wille/komplettansicht "NIEMAND IST FREI
Ein Gespräch mit dem Gehirnforscher Gerhard Roth …" Von Philipp Schwenke 11. April 2008.